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Session: 30.01.2001

Die NOK zusammen mit den angeschlossenen Kantonswerken wird zur grössten Stromproduzentin und Stromverteilerin in der Schweiz unter einem neuen Dach, namens Axpo Holding. Für die Gründung des geplanten Stromkonzern haben die Regierungen der Kantone Aargau, Appenzell, Glarus, Schaffhausen, St. Gallen, Thurgau, Zug und Zürich grünes Licht gegeben. Die Aktien der NOK und der schon früher gegründeten Axpo Handels und Verkaufs AG, die sich alle im Besitz der obgenannten Kantone befinden, werden damit an die Axpo Holding übertragen, die ihre operative Tätigkeit anfangs 2001 aufnehmen wird.

Das Endziel der Axpo besteht darin, "Strom von der Turbine bis zur Steckdose" zu liefern und damit die führende Position im künftigen Strommarkt Schweiz zu behalten.

Zu diesem Zweck gliedert sich das Unternehmen in vier Bereiche. Die NOK Atom AG sowie die Axpo Hydro AG sind als Produktions- und Beteiligungsgesellschaften gedacht. Die Axpo Übertragungsnetz AG ist für den Transport über das nationale Hochspannungsnetz vorgesehen. Die Axpo Verteilnetz AG und Axpo Handels und Verkaufs AG besorgen den regionalen Stromtransport und betreiben lokale Netze sowie Grosshandel Schweiz und Ausland. Der Konzentrationsprozess geht rasant weiter und wird auch Auswirkungen auf die Strukturen des einheimischen Marktes haben.

Aus Erfahrungen in bereits liberalisierten Märkten können folgende Feststellungen gemacht werden:

Grosse Erzeuger können Preise beeinflussen. Sie entwickeln sich rasch von Monopol- zu Marktkonzernen und werden versuchen, die Marktführerschaft zu beanspruchen.

Strompreise sanken stark und haben eine hohe Volatilität. Kunden werden gebündelt und strombörsenfähig gemacht. Verträge werden bereits vor der politisch beschlossenen Liberalisierung mit Kunden abgeschlossen.

Aufgrund der zu erwartenden Margen im nationalen Auftritt im Haushaltsbereich von 1 bis 2 Rp./kWh, ist davon auszugehen, dass für eine wirtschaftliche Bearbeitung dieses Kundensegmentes mehrere hunderttausend Kunden nötig sind.

Der Kanton Graubünden hat sich bei der Rätia Energie AG stark engagiert. Gemäss Medienbericht vom 6.12.99 will die Regierung sich mit dieser Beteiligung das Mitspracherecht sichern können. Aus heutiger Sicht kann nur schwer beurteilt werden, ob die richtige Strategie gewählt und ob die Erfolgsfaktoren für das Überleben auch richtig gesetzt wurden. Das strategische Konzept der RE scheint identisch mit dem der Axpo zu sein; Produktion, Handel, Versorgung. Die Grössenordnung sowie das Kundenpotential der beiden Unternehmer jedoch klafft weit auseinander.

Unseres Erachtens sollte die Strategie der Energiepolitik der sich rasch ändernden Entwicklung neu überprüft und politisch breit abgestützt werden. Die Strategie des Kantons ist auch für viele Gemeinden/Regionen der Massstab für ihre Politik in Energiefragen und hat deshalb eine weitreichende Bedeutung.

Wie beurteilt die Regierung die Chancen der Rätia Energie AG im liberalisierten und von grossen globalen Konzernen beherrschten Markt?

Welche Bedeutung hat das Heimfallsubstrat der Kraftwerke für Kanton und Gemeinden?

Wie beurteilt sie im Lichte der Marktöffnung die Entwicklung der Beteiligungswert bei den einzelnen Beteiligungen des Kantons?

Chur, 30. Januar 2001

Namen: Zinsli, Brüesch, Hübscher, Ambühl, Bär, Battaglia, Beck, Butzerin, Catrina, Christoffel, Conrad, Feltscher, Göpfert, Gross, Gunzinger, Hanimann, Hardegger, Hess, Janett, Kessler, Luzi, Mani, Märchy, Marti, Montalta, Parolini, Parpan, Patt, Peretti, Ratti, Rizzi, Robustelli, Schmid (Splügen), Schütz, Stiffler, Tremp, Tscholl, Vetsch, Walther, Wettstein

Session: 30.01.2001
Vorstoss: dt Interpellation

Antwort der Regierung

Die allgemeinen Aussagen der Interpellanten zur Liberalisierung des Strommarktes sind bereits weitgehend in der Botschaft der Regierung an den Grossen Rat über die Auswirkungen der Strommarktliberalisierung auf den Kanton Graubünden (Heft
Nr. 8/1999 2000) enthalten. Anlässlich der März-Session 2000 hat der Grosse Rat diesen Bericht zur Kenntnis genommen und einlässlich diskutiert.

Vorweg ist festzuhalten, dass die Rätia Energie AG zwar in den gleichen Geschäftsfeldern wie die Axpo tätig ist. Im strategischen Konzept unterscheidet sich die Rätia Energie AG jedoch erheblich von der Axpo. Die Unterschiede liegen insbesondere in den Bereichen Versorgung und Handel. Bei der Versorgung will die Rätia Energie AG in der Südostschweiz eine führende Rolle einnehmen. Ihr Ziel ist es, den Kundenstamm zu halten und neue Endkunden wie Endverteiler zu gewinnen sowie
kompetente, wettbewerbsfähige Dienstleistungen im kommerziellen, energiewirtschaftlichen und technischen Bereich anzubieten (z.B. Energieverrechnung, gemeinsame Informatiklösungen, Kooperationen im Netzbetrieb, Zugang zum Stromhandel, Marketing usw.). Beim Handel will die Rätia Energie AG ihre Stärken als Spezialanbieterin in den Nischensegmenten nutzen. Dabei konzentriert sie sich auf die Wasserkraft, nutzt ihre Erfahrungen im internationalen und nationalen Handel und profiliert sie sich mit einer innovativen Marketingstrategie.

Beantwortung der einzelnen Fragen:

1. Die Grösse einer Gesellschaft allein ist auch im liberalisierten Markt kein Garant für den Erfolg. Grösse bringt im Kostensektor wohl einen gewissen Vorteil. Entscheidend für den Erfolg sind hingegen eine der Grösse entsprechende Strategie, innovatives Marketing, gute Marken, starke Kundenorientierung, Flexibilität und rasches Handeln. Die Rätia Energie AG profiliert sich dementsprechend als


Spezialanbieterin mit einer klaren Nischenstrategie und nicht als Billiganbieterin. Überdies prüft die Rätia Energie AG derzeit ein Rückstellungs- und Sonderabschreibungsprogramm, wie in der Branche üblich, das die Gestehungskosten absolut marktfähig gestalten soll. Der Zusammenschluss der Kraftwerkgesellschaften KWB, BK und RW sowie der energiewirtschaftliche Einbezug der Grischelectra AG zur Rätia Energie AG hat die Wettbewerbsfähigkeit im Hinblick auf den liberalisierten Markt gestärkt. Dies belegen der erste Halbjahresbericht der neuen Gruppe sowie die Berichterstattung anlässlich der ausserordentlichen Generalversammlung im Herbst 2000.

2. Bedeutende Heimfälle finden in den nächsten 30 bis 40 Jahren keine mehr statt. Die regenerativ erzeugte Elektrizität wird v.a. angesichts der Umweltbelastungen und der abnehmenden Ölreserven gleichzeitig an Bedeutung gewinnen. Die heutige Situation eines ausgesprochenen Käufermarktes dürfte dannzumal überholt sein. Mit der Gründung der Grischelectra AG wurde schon vor Jahren eine Möglichkeit zur Nutzung bestehender Heimfalloptionen geschaffen. Diese Möglichkeit wurde mit der Bildung der Rätia Energie AG zusätzlich verstärkt. Gestützt auf diese Perspektiven verlieren die Heimfallrechte für Kanton und Gemeinden künftig keineswegs an Bedeutung, ja sie werden gar zusätzliche, erhebliche Chancen bieten.

Die Marktöffnung setzt die Kraftwerke zur Zeit unter grossen finanziellen Druck. Als Reaktion darauf haben die meisten Unternehmungen ausserordentliche Massnahmen (z.B. Wertberichtigungen, Kostensenkungen, Kooperationen)
ergriffen, um ihre Wettbewerbsfähigkeit zu steigern. Diesen Trend belegen die neuen Geschäftsberichte der einzelnen Kraftwerkgesellschaften in Graubünden. Zudem kann festgehalten werden, dass die Talsohle der Strompreise überwunden sein dürfte. Diese ergibt sich aus der Entwicklung der Stromspotpreise. Auch die Elektrizitätswirtschaft teilt übrigens diese Auffassung. Aufgrund dieser Massnahmen und der erwähnten guten Perspektiven für die Wasserkraft kann davon ausgegangen werden, dass sich die Kraftwerkbeteiligungen von Kanton und Gemeinden mittel- und langfristig positiv entwickeln werden.

20. Februar 2001