Navigation

Inhaltsbereich

Session: 10.10.2001

Die für Graubünden existentielle Dienstleistungs-Branche Hotellerie und Restauration sowie Heime, Spitäler und Kliniken bekunden immer mehr Mühe, sowohl qualifizierte, aber insbesondere und vor allem Mitarbeiter zu rekrutieren, welche auch einfachere Arbeiten verrichten. Namentlich handelt es sich hierbei um Arbeiten hinter den Kulissen, am Spühltrog, in Wäscherei und Lingerie, auf der Etage und am Buffet.
Da all diesen Arbeitskräften nach Berner Sprachregelung der Status ”qualifiziert” fehlt, ist eine Rekrutierung aus Nicht-EU-Ländern bzw. gemäss Zwei-Kreismodell und gemäss Entwurf ”Neues Ausländergesetz” nicht möglich, und in Portugal, dem einzigen Land innerhalb der EU, wo bisher noch ein geringes Hilfskräfte-Potential vorhanden war, ist die Rekrutierungsmöglichkeit heute praktisch ausgetrocknet.
Trotz verstärktem Einsatz vor Ort ist es nicht möglich, die Bedürfnisse unseres Tourismus-Kantons auch nur ansatzweise zu befriedigen. Dabei ist zu bedenken, dass auch andere Tourismusregionen unter den gleich katastrophalen Rekrutierungs-Problemen leiden. Diesbezüglich ist zu erwähnen, dass der Kanton Wallis mit einem Schreiben an Frau Bundesrätin Metzler bereits mit Nachdruck, leider aber bisher ohne Unterstützung anderer Kantone, auf diese Schwierigkeiten hingewiesen hat.
Da die Qualität der Hotel- und Restaurationsbetriebe, aber auch vieler Krankenhäuser und Heime nicht nur von einer guten Führung und dem heutzutage so beliebten Qualitätsmanagement, sondern in ebensolchem Masse und vor allem von unzähligen, nicht automatisierbaren Arbeitsleistungen abhängig ist, ist die Erschliessung neuer Rekrutierungsländer eine absolut zwingende Notwendigkeit.
Aus den erwähnten Gründen fragen wir die Regierung an:
1. ob sie die Beurteilung der Interpellanten bezüglich der Schwierigkeiten teilt,
2. wo sie Möglichkeiten sieht, mit Nachdruck gegenüber der Eidgenossenschaft Verbesserungen vorzuschlagen,
3. ob sie die Möglichkeit der Rekrutierung von sogenannten 'unqualifizierten' Arbeitskräften auch aus den EU-Beitrittskandidaten-Ländern, namentlich Tschechien, Slowakei und Ungarn, als prüfenswert ansieht und sich dafür in Bern einsetzt,
4. ob sie zusätzlich die Möglichkeit der zeitlich beschränkten Beschäftigung von Studentinnen und Studenten aus den Staaten USA, Kanada, Australien und Neuseeland fördern wird.

Chur, 10. Oktober 2001

Name: Kessler, Zegg, Hardegger, Ambühl, Arquint, Augustin (Almens), Bachmann, Bär, Barandun, Berther, Bischoff, Bucher, Büsser, Butzerin, Carisch, Casanova (Chur), Cathomas, Catrina, Cavegn, Caviezel, Christ, Christoffel, Claus, Crapp, Feltscher, Giacometti, Giuliani, Gross, Hanimann, Hug, Jeker, Joos, Juon, Lardi, Loepfe, Marti, Nick, Parolini, Pfiffner, Pleisch, Portner, Rizzi, Robustelli, Roffler, Scharplatz, Schmid (Sedrun), Schmid (Splügen), Schütz, Stiffler, Suter, Telli, Thomann, Thöny, Thurner, Tramèr, Tscholl, Tuor (Trun), Vetsch, Walther, Zarro

Session: 10.10.2001
Vorstoss: dt Interpellation


Antwort der Regierung

    1. Die Überprüfung der Ausländerstatistik unseres Kantons zeigt, dass die Gesamtzahl der erteilten Bewilligungen für Saisonniers, Kurzaufenthalter und Grenzgänger von 23'040 im Jahre 1998 auf 25'102 im Jahr 2000 angestiegen ist. Aufgeteilt auf die einzelnen Bewilligungskategorien ergibt sich bei den Saisonierbewilligungen ein Anstieg um 1'070 Bewilligungseinheiten und bei den Grenzgängerbewilligungen ein Mehrbedarf von 1'435 Bewilligungen. Einzig bei den Kurzaufenthalterbewilligungen war ein Rückgang von 450 Bewilligungen zu verzeichnen. Gemäss der Stichtagmessung des Bundes per Ende August ist der Bestand der portugiesischen Saisonniers von 3'791 im Jahr 1998 auf 3'998 im Jahr 2000 angestiegen. Es ist also nicht so, dass weniger ausländische Arbeitskräfte beschäftigt worden wären, im Gegenteil, im Jahr 2000 wurden gesamthaft gut 2'000 Arbeitsbewilligungen mehr erteilt als im Jahr 1998. Diese Zahlen zeigen, dass der Bedarf an ausländischen Arbeitskräften in den vergangenen Jahren gestiegen ist und zumindest teilweise gedeckt werden konnte.

Diesen Sommer haben die Gastro Graubünden und der Bündner Hotelierverein das Personalvermittlungsbüro Gross AG beauftragt, Personal in Spanien und Portugal zu rekrutieren. Da das Projekt erst angelaufen ist, lassen sich zur Zeit noch keine Schlussfolgerungen ziehen. Diese Anstrengungen sind zu begrüssen und mit Blick auf künftige Verhandlungen mit dem Bund sehr wichtig. Dannzumal wird nämlich der Nachweis erbracht werden müssen, dass es trotz gezielten und professionellen Rekrutierungsbemühungen nicht gelingt, das benötigte Personal auf dem EU-Arbeitsmarkt zu finden.

    2. Die Regierung hat in der letztjährigen Vernehmlassung zur Teilrevision der bundesrätlichen Verordnung über die Begrenzung der Zahl der Ausländer (BVO) auf die Rekrutierungsprobleme der Berg- und Tourismuskantone hingewiesen und eine
kontingentierte Zulassung von qualifizierten Arbeitskräften aus den sogenannten EU-Beitrittsländern verlangt. Der Bundesrat hat unmissverständlich signalisiert, dass eine solche Zulassung erst nach Inkraftsetzung der bilateralen Verträge in Frage komme und sich auf gut qualifizierte Arbeitskräfte beschränken müsse. Er begründet diese Politik mit den Erfahrungen anlässlich der Rezession der 90-er Jahre, welche der schweizerischen Wirtschaft Zehntausende von wenig qualifizierten ausländischen Arbeitskräften bescherte. Zudem will er Überfremdungsängsten und weiteren 18%-Initiativen begegnen, deren Annahme insbesondere für die Berg- und Tourismuskantone verheerende Konsequenzen hätte.

    3. Kurzfristig hat die Forderung nach Zulassung von Hilfsarbeitskräften aus EU-Beitrittsländern kaum Chancen auf Erfolg. Auch das Volkswirtschaftsdepartement des Kantons Wallis verlangt nicht die uneingeschränkte Zulassung von Hilfsarbeitskräften, sondern die „Diskussion von Anpassungen, welche qualitative Kriterien der BVO zu berücksichtigen hätten“. Die Regierung ist sich der Bedeutung des Tourismus für den Kanton Graubünden bewusst und beobachtet die Arbeitsmarktlage sehr genau. Je nach Entwicklung dieses Arbeitsmarktes wird die Regierung mit zusätzlichen Forderungen an den Bundesrat gelangen. Dann allerdings muss der Nachweis erbracht werden können, dass die vorhandenen Möglichkeiten ausgeschöpft wurden. Dazu gehört nebst zusätzlichen Rekrutierungsanstrengungen die Steigerung der Attraktivität der Arbeitsplätze. Das Gastgewerbe hat mit den neuen Minimallöhnen einen wichtigen Schritt in diese Richtung getan.

    4. Die Regierung hat in den vergangenen Jahren mehrmals eine grosszügigere Zulassung von Arbeitskräften aus USA, Kanada, Australien und Neuseeland gefordert. Die zeitlich beschränkte Beschäftigung von Studentinnen und Studenten aus diesen Ländern wird deshalb von der Regierung unterstützt.