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Session: 09.12.2009
Neben dem Tourismus, der Landwirtschaft und den Stellen der öffentlichen Hand kommt gerade den Gewerbebetrieben in den potenzialarmen Räumen eine tragende Rolle zu. So bieten KMU in Randregionen Arbeitsplätze und Einkommen für Familien mit Kindern, welche wiederum die Weiterführung der Schule garantieren. Sie sind damit auch wichtige Stützen einer dezentralen Besiedelung. Aus diesem Blickwinkel haben ein oder zwei Arbeitsplätze in einer Randregion einen ganz anderen Stellenwert als mehrere Arbeitsplätze in einer Agglomeration.

Gerade dieser Tatsache trägt das Wirtschaftsentwicklungsgesetz aus dem Jahre 2004 aber zu wenig Rechnung. Während in Art. 11 des Gesetzes noch festgehalten ist, dass der Kanton den Auf- und Ausbau von KMU mit Beiträgen und Darlehen unterstützen kann, wurden in der Verordnung in Art. 19 für Kleinbetriebe in Randregionen nur schwer zu überwindende Hürden eingebaut. So müssen „a) neue Arbeitsplätze geschaffen oder bestehende aufgewertet werden“ und „c) die Absatzmärkte des Unternehmens oder Produktionszweiges überwiegend ausserhalb des Kantons liegen“. Ausserdem sollen „b) Innovationen in Branchen gefördert werden, die für die bündnerische Volkswirtschaft von besonderem Interesse sind“. Alle drei Forderungen zu erfüllen dürfte für die allerwenigsten KMU in Randregionen möglich sein.

Steht nun beispielsweise ein möglicher Betriebsnachfolger vor der Entscheidung, ein Gewerbe in bisheriger Form zu übernehmen und weiterzuführen, kann er keine Hilfe des Kantons erwarten. Entscheidet er sich dagegen, gehen Arbeitsplätze und Steuersubstrat verloren, es wird kein Haus gebaut, die Schulkinder fehlen und oft fehlen dann auch die „Macher“ in einer Gemeinde (nicht nur wirtschaftlich, sondern auch in der Gemeindepolitik). Mit der Abwanderung von Unternehmern kommt oft eine fatale Abwärtsspirale in Gang, die nur noch schwer aufzuhalten ist. Vor diesem Hintergrund ist es begrüssenswert, dass die Regierung das Thema Sondernutzungsräume aktiv angehen will.

Die Unterzeichneten möchten nun die Regierung wie folgt zum Handeln einladen:

- Im Rahmen des Projektes Sondernutzungsräume ist das Wirtschaftsentwicklungsgesetz und die Verordnung auf erleichterten Zugang der KMU zu Fördermitteln zu untersuchen und anzupassen.

- Es ist zu prüfen, mit welchen Massnahmen das Unternehmertum in diesen Gebieten zusätzlich gefördert werden könnte (z.B. befristete Steuererleichterungen, Abbau administrativer Hürden, Unternehmerschulung, Vernetzung etc).

Chur, 9. Dezember 2009

Stoffel (Hinterrhein), Caduff, Heinz, Berni, Bezzola (Zernez), Bleiker, Blumenthal, Brantschen, Brüesch, Buchli, Butzerin, Campell, Casparis-Nigg, Castelberg-Fleischhauer, Casty, Caviezel (Pitasch), Caviezel-Sutter (Thusis), Christoffel-Casty, Darms-Landolt, Dermont, Donatsch, Jaag, Jäger, Kleis-Kümin, Koch, Kollegger, Mani-Heldstab, Mengotti, Montalta, Noi-Togni, Parpan, Peer, Peyer, Pfister, Portner, Ratti, Righetti, Sax, Stiffler, Toschini, Trepp, Troncana-Sauer, Tscholl, Tuor, Cattaneo, Davaz, Hartmann (Küblis)

Antwort der Regierung

Die Grundlagen für die Förderung des Auf- und Ausbaus von KMU sind im Wirtschaftsentwicklungsgesetz geregelt. Um Wettbewerbsverzerrungen zu vermeiden, sind in der Wirtschaftsentwicklungsverordnung entsprechende Voraussetzungen präzisiert worden. So wird beispielsweise vorausgesetzt, dass die Absatzmärkte des zu fördernden Unternehmens oder Produktionszweiges überwiegend ausserhalb des Kantons liegen. Ein Verzicht auf derartige Einschränkungen würde zu deutlich mehr Anspruchsberechtigungen auf Förderleistungen führen, welche der Kanton mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln nicht abdecken könnte.

Sondernutzungsräume können Räume sein, die über Potenziale verfügen, diese aber unter den heute geltenden Rahmenbedingungen nicht oder nur bedingt in Wert gesetzt werden können. Die laufende Diskussion zeigt, dass die Inwertsetzung identifizierter Potenziale mit der Ausarbeitung konkreter Projektvorschläge angegangen werden muss. Nur mit dieser Vorgehensweise können die notwendigen Anpassungen der Rahmenbedingungen für diese Räume konkret aufgezeigt werden, so dass diese als potenzielle Sondernutzungsräume ausgeschieden werden können. Aus der Sicht dieser Vorgehensweise hat die KMU-Förderung gemäss Wirtschaftsentwicklungsgesetz nur bedingt einen Bezug zum Umgang mit Sondernutzungsräumen. Sollte das erwähnte Vorgehen aufzeigen, dass sich gewisse Rahmenbedingungen in einem Raum hemmend auf die Wirtschaftsentwicklung, insbesondere auf KMU, auswirken, könnte die KMU-Förderung anhand von konkreten Fragestellungen im Zusammenhang mit der Diskussion der Sondernutzungsräume nochmals erörtert werden.

Die Förderung der KMU ist in der Schweiz – und insbesondere in Graubünden – breit abgestützt. Es gibt verschiedenste Förderinstrumente, die den Unternehmen zur Unterstützung angeboten werden können. Speziell zu erwähnen sind hier die Förderinstrumente der Ostschweizerischen Bürgschaftsgenossenschaft (OBTG), wie gewerbliche Bürgschaften sowie Bürgschaften und Zinskostenbeiträge für Unternehmen in Berggebieten, die Innovationsförderung der Kommission für Technologie und Innovation des Bundes (KTI), die überbetrieblichen Kooperationen basierend auf der Neuen Regionalpolitik (NRP), die Steuererleichterungen für KMU in wirtschaftlichen Erneuerungsgebieten und die Förderung durch die Schweizer Berghilfe.

Neuen oder bestehenden Unternehmungen mit einer wesentlichen Änderung der betrieblichen Tätigkeit können nach Art. 5 StG für die Dauer von maximal 10 Jahren Steuererleichterungen gewährt werden. Ausschlaggebende Kriterien für eine Steuererleichterung sind die Schaffung von Arbeitsplätzen und das Tätigen von Investitionen. Dabei kann auch die regionale Bedeutung der Arbeitsplätze berücksichtigt werden, so dass in Randregionen schon die Schaffung von wenigen Arbeitsplätzen eine Steuererleichterung rechtfertigen kann. In zahlreichen Bündner Gemeinden können diese Steuererleichterungen auch für die direkte Bundessteuer gewährt werden. Die heute möglichen Steuererleichterungen entsprechen den Vorgaben des Bundesgesetzes über die Harmonisierung der direkten Steuern der Kantone und Gemeinden (SR 642. 14). Der Kanton hat aber keine Möglichkeit, darüber hinausgehende Steuererleichterungen ins Gesetz aufzunehmen. Für die Gewährung von Steuererleichterungen muss zwingend vorausgesetzt werden können, dass damit keine anderen voll besteuerten Unternehmungen konkurrenziert werden. Für die Konkurrenten müssen die gleichen Rahmenbedingungen gelten.
Die Regierung ist bereit, im Zusammenhang mit einer nächsten Revision des Wirtschaftsentwicklungsgesetzes der Diskussion um Sondernutzungsräume und der Förderung von KMU gemäss obigen Ausführungen besondere Beachtung zu schenken. In diesem Sinne wird der Auftrag entgegengenommen.

3. März 2010