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Session: 16.02.2010
Im Kanton Tessin wird zurzeit das sehr erfolgreiche S-Bahn-System TILO (Ticino – Lombardia) weiter ausgebaut. Bekanntlich verfügt die Mesolcina seit der Aufhebung der ehemaligen, meterspurigen RhB-Linie Bellinzona – Mesocco über keine eigene Bahnlinie mehr. Auch das damals von „Bern“ versprochene normalspurige Gütergleis nach Grono als „Trostpflaster“ ist nie erstellt worden.

Der Bund hat vor einigen Jahren mit grossem Erfolg die sog. Agglomerationsprogramme eingeleitet. Erste Etappen sind bereits genehmigt und auch finanzielle Mittel des Bundes zugesprochen worden.

Die südbündnerischen Täler erscheinen leider in keinem der Agglomerationsprogramme. Tatsache ist aber, dass heute die Erschliessung auch von sog. „Randgebieten“ mit schienengebundenen öffentlichen Verkehrsmitteln als wichtiger Standortvorteil gegenüber anderen Regionen darstellen – wie das im benachbarten Vinschgau mit der Modernisierung und Wiederinbetriebnahme der 10 Jahre stillgelegten „alten“ Vinschgauerbahn eindrücklich demonstriert wird.

Im Zentrum von Roveredo wird mit der Inbetriebnahme der A13-Umfahrung das Trassee der Nationalstrasse frei. Zudem besteht heute parallel zur A13 in Roveredo auch das Trassee der ehemaligen Misoxerbahn.

Im Kantonalen Richtplan RIP 2000 (der im September 2003 durch den Bundesrat genehmigt wurde) ist im Raum Castione – Arbedo – Arbeitsplatzgebiet San Vittore unter „Optionen“ ein normalspuriges Industriegleis aufgeführt. Der raumplanerische Begriff „Option freihalten“ beinhaltet gemäss RIP „die Zusicherung sämtlicher Behörden, dass sie die Absicht zur Freihaltung dieser Potenziale akzeptieren und keine isolierten Massnahmen oder Entscheide treffen, welche die Freihaltung des Potenziales sowie die Entscheidungsfreiheit gefährden könnte“.

Da in der Mesolcina wahrscheinlich weder für ein isoliertes Industriegeleise noch für eine TILO-Personenverkehrserschliessung genügend Potenzial vorhanden ist, sind für neue Eisenbahngedanken Synergien zu suchen. Der von der Provinz Sondrio geäusserte Wunsch nach einer Bahnverbindung vom Val Chiavenna in die Mesolcina ist in diesem Zusammenhang von grosser Bedeutung. Die drei vorhandenen Ideen (Weiterführung des TILO von Castione in die Mesolcina, Anschluss der Arbeitsplatzzonen in der Mesolcina an das Bahnnetz, neue Bahnverbindung Val Mesolcina – Val Chiavenna mit Weiterführung nach Sondrio – Tirano mit der Möglichkeit über die Bernina nach St. Moritz) verfügen über genügend Potential, um näher untersucht zu werden.

Die Regierung wird deshalb ersucht, zusammen mit dem Kanton Tessin, den zuständigen Instanzen in der Mesolcina und in der Provinz Sondrio sowie zusammen mit dem Bund folgende Programmpunkte zu untersuchen:

1. Weiterführung des normalspurigen TILO von Castione in die Mesolcina;

2. Prüfung einer neuen (normalspurigen) Bahnverbindung Mesolcina – Val Chiavenna – Sondrio – Tirano), mit der Möglichkeit eines Autoverlads zwischen der Mesolcina und dem Val Chiavenna (analog Vereinatunnel);

3. Anschluss der Arbeitsplatzzonen San Vittore an den TILO durch Mitbenützung der neu zu erstellenden Bahngeleise für den Güterverkehr;

4. Sich beim Bund und der Region dafür einzusetzen, dass die Mesolcina Teil der Agglomerationsprojekte des Bundes wird und die Projekte damit vom Bund mitfinanziert werden können;

5. Über die entsprechenden Untersuchungsergebnisse den Grossen Rat zu orientieren.

Chur, 16. Februar 2010

Righetti, Bondolfi, Tenchio, Augustin, Berther (Disentis), Cahannes Renggli, Candinas (Rabius), Darms-Landolt, Dermont, Fallet, Fasani, Federspiel, Geisseler, Kollegger, Leopfe, Mengotti, Noi-Togni, Pedrini, Pfister, Plozza, Portner, Quinter, Tuor, Zanetti, Candinas (Disentis/Mustér), Cattaneo, Mainetti

Antwort der Regierung

Das Programm Agglomerationsverkehr ist auf die Verbesserung des Verkehrssystems in den Agglomerationen ausgerichtet. Dabei sollen Fortschritte sowohl bezüglich Verkehrsqualität, Verkehrssicherheit als auch bezüglich Raumentwicklung und Umweltqualität erzielt werden. Kernanliegen der Agglomerationsprogramme sind die Siedlungsentwicklung nach innen, die Verlagerung des Verkehrs auf den öffentlichen Verkehr und den Langsamverkehr sowie eine möglichst verträgliche Abwicklung des verbleibenden motorisierten Individualverkehrs.

Grundlage für das Programm Agglomerationsverkehr sind die von den Trägerschaften eingereichten Agglomerationsprogramme und die Trägerschaft wird in der Regel durch einen oder mehrere Kantone sowie weitere Gebietskörperschaften (Gemeinden bzw. Regionen) gebildet.

Da die Region Mesolcina damals die festgelegten Kriterien für die Zugehörigkeit zu einer Agglomeration nicht erfüllte, konnte sie nicht in das Agglomerationsprogramm von Bellinzona/Locarno mit aufgenommen werden. Zwischenzeitlich wird die funktionale Zugehörigkeit von peripheren Räumen zu Agglomerationen allerdings neu diskutiert. Die Regierung wird sich im Rahmen ihrer Möglichkeiten beim Bund und beim Kanton Tessin dafür verwenden, dass die Mesolcina nachträglich in die Agglomerationsprogramme Bellinzona/Locarno einbezogen werden könnte. Damit könnten wichtige Verkehrsinfrastrukturprojekte vom Bund mitfinanziert werden.

Unabhängig davon sind vom Kanton und den Organen der Region Mesolcina seit einiger Zeit Bestrebungen im Gange, eisenbahnmässig den Anschluss der Mesolcina zur Agglomeration Bellinzona wieder herzustellen. Konkret wird das Ziel verfolgt, die Weiterführung der Eisenbahnverbindung vom Tessin in die Lombardei (TILO) bis in die untere Mesolcina zu erreichen und den dafür erforderlichen Gleisanschluss gleichzeitig für den Güterverkehr mit benützen zu können.

Die von der Provincia di Sondrio neu lancierte Idee einer Bahnverbindung zwischen der Val Chiavenna und der Mesolcina könnte in diesem Zusammenhang durch die Erschliessung eines zusätzlichen Verkehrsmarktes neue Perspektiven eröffnen. Der Kanton hat sowohl gegenüber der Provincia di Sondrio als auch der Regione Lombardia bereits im Dezember 2009 das Interesse an der Erarbeitung einer Zweckmässigkeitsstudie bestätigt.

Zusammenfassend ist die Regierung bereit, den Auftrag entgegenzunehmen und im Sinne des Auftrages tätig zu werden.

12. Mai 2010