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Session: 21.04.2010
Im Vorfeld der knapp abgelehnten Vorlage für einen neuen Bündner Finanzausgleich (NFA) brachte die Regierung zum Ausdruck, eine Neuauflage der Bündner NFA würde in den nächsten vier Jahren kaum in Angriff genommen. In der Zwischenzeit ist die Regierung auf diese überstürzte Vorankündigung zurückgekommen und hat vor kurzem erklärt, ein Neustart der Bündner NFA würde voraussichtlich nach 2012 wieder an die Hand genommen. Die Regierung macht dies allerdings davon abhängig, dass verschiedene Reformvorhaben insbesondere in den Bereichen Volksschule, Spital- und Pflegefinanzierung sowie die Gebietsreform durch den Grossen Rat vorgängig beraten würden.

In der Medienmitteilung, mit welcher die Regierung die Neuauflage "voraussichtlich ab dem Jahre 2012" ankündigt, wird indessen nichts darüber ausgesagt, in welchen Punkten die neue Vorlage von der abgelehnten Vorlage abweichen soll.

In diesem Zusammenhang interessieren folgende Fragen:

1. Beabsichtigt die Regierung bei einer künftigen Neuauflage der NFA den Finanzausgleich im engeren Sinn als eigenständiges Projekt anzugehen? Wenn nicht, welche Gründe würden gegen ein solches Vorgehen sprechen, den Finanzausgleich rascher und gezielter auf die jeweiligen eigenen Ressourcen und die speziellen Lasten einer Gemeinde abzustimmen?

2. Sieht die Regierung eine Möglichkeit und speziellen Handlungsbedarf, im Bereiche des Finanzhaushalts- und Finanzaufsichtsgesetzes oder aber des Finanzausgleichsgesetzes schon vorgängig günstigere Voraussetzungen für den zweiten NFA-Anlauf zu schaffen?

3. Wie gedenkt die Regierung, die beabsichtigte Milderung der Schuldenlast einzelner Gemeinden umzusetzen bzw. mit welchen Massnahmen wird sie eine untragbare Neuverschuldung von Gemeinden verhindern?

4. Teilt die Regierung die Auffassung, dass spätestens mit der Frage der Gebietsreform auch Klarheit darüber geschaffen werden muss, welche Aufgaben allein durch die Gemeinden, welche als Verbundaufgaben durch den Kanton und die Gemeinden und welche Aufgaben allein durch den Kanton wahrzunehmen sind?

5. Teilt die Regierung die Meinung, dass der Volksschulbereich in Zukunft weiterhin als Verbundaufgabe zu definieren ist und dass die Mittelschulen vollumfänglich vom Kanton finanziert werden?

6. Wie sieht die Regierung die Organisation der Strukturen der Sozialämter für die Neuauflage der NFA? Ist die Regierung auch der Meinung, dass die Sozialdienste regional zu führen und nicht mehr einer Gemeinde, sondern an eine bestehende höhere Staatsebene anzugliedern sind?

Chur, 21. April 2010

Cavigelli, Augustin, Berni, Berther (Disentis), Berther (Sedrun), Blumenthal, Bondolfi, Bundi, Caduff, Cahannes Renggli, Candinas, Darms-Landolt, Dermont, Farrér, Fasani, Florin-Caluori, Geisseler, Keller, Kleis-Kümin, Kollegger, Loepfe, Niederer, Parpan, Pfister, Plozza, Portner, Quinter, Righetti, Sax, Tenchio, Tuor, Cortesi, Märchy-Caduff

Antwort der Regierung

Die Regierung hat nach der Ablehnung der Bündner NFA in der Volksabstimmung vom 7. März 2010 eine erste Auslegeordnung vorgenommen und das weitere Vorgehen festgelegt. Sie erachtet den Handlungsbedarf als ausgewiesen und hält an den Zielsetzungen dieses Projektes fest. Ein Neustart der Bündner NFA wird voraussichtlich erst ab dem Jahr 2012 möglich sein, nachdem verschiedene Revisionsprojekte in Aufgabenbereichen mit namhaften Finanzausgleichselementen geklärt sind. Dazu zählen insbesondere die anstehende Totalrevision des Schulgesetzes sowie die Spitalfinanzierung. Eine inhaltliche Abstimmung mit diesen Reformprojekten ist nur bei etappiertem Vorgehen möglich. Aussagen zur inhaltlichen Ausgestaltung der neuen Bündner NFA sind zurzeit noch nicht abschliessend möglich.

Beantwortung der einzelnen Fragen

1. Der bestehende Finanzausgleich im engeren Sinne besteht aus dem direkten und dem indirekten Finanzausgleich. Diese beiden Teile sind aufeinander abgestimmt und ergänzen sich. Der Handlungsbedarf ist umfassend und erfordert eine grundlegende Reform, insbesondere eine Ablösung des indirekten Finanzausgleichs mit den nach der Finanzkraft der Gemeinden abgestuften Zahlungsströmen zwischen dem Kanton und den Gemeinden. Diese entfallen auf zahlreiche Aufgabenbereiche. Eine Ablösung dieses Systems ist in gewissem Umfang direkt mit einer Finanzierungsentflechtung verbunden. Die Möglichkeiten der Weiterentwicklung und Verbesserung des bestehenden zweigleisigen Systems sind sehr beschränkt. Mit punktuellen Anpassungen lassen sich keine namhaften Verbesserungen erzielen.

2. Mittels vorgezogenen Revisionen der Finanzhaushalts- und Finanzausgleichsgesetzgebung lassen sich die Voraussetzungen für den zweiten NFA-Anlauf nicht grundlegend verbessern. Im Zuge der geplanten Totalrevisionen des Finanzhaushaltsgesetzes und des Gemeindegesetzes sollen punktuell Anpassungen im Hinblick auf den neuen Finanzausgleich vorgenommen werden. Vor allem die anstehenden Revisionsprojekte im Schul- und Spitalbereich sollen so ausgestaltet werden, dass sich die Voraussetzungen für den Neustart der Bündner NFA möglichst verbessern. Im Weiteren sollen einzelne Bestandteile der abgelehnten NFA-Vorlage im Zuge von Separatrevisionen realisiert werden; so zum Beispiel die vorgesehenen Anpassungen im Forstbereich und der Übertrag der Quellensteuererhebung von den Gemeinden an den Kanton.

3. Um die Verschuldung der Gemeinden zu begrenzen bzw. soweit nötig abzubauen wird sich die Regierung auf das bisherige Recht abstützen. Es bleibt zu prüfen, wie weit im Rahmen des Sonderbedarfsausgleichs die zumutbare Selbsthilfe der Gemeinden erhöht und Massnahmen zur Haushaltssanierung einer Gemeinde ergriffen werden können. Im Rahmen des Projekts zur Einführung des HRM2 wird auch das Instrument einer Schuldenbremse überprüft.

4. Im Rahmen des Berichts über die Gebietsreform sollen Strukturfragen diskutiert werden. Damit kann die Aufgabenzuweisung an den Kanton und die Gemeinden nicht abschliessend geklärt und festgelegt werden. Es ist jedoch wichtig, dass der Grosse Rat konkrete Vorstellungen erhält, welche Aufgaben sinnvollerweise durch welche staatliche Ebene wahrgenommen werden könnte. Die definitive Aufgabenzuweisung kann erst nach einem Entscheid zu den zukünftigen Strukturen erfolgen.

5. Es ist unbestritten, dass die Volksschule eine Verbundaufgabe darstellt und auch bleiben soll. Die Bündner NFA wurde ausdrücklich auf dieser Grundlage erarbeitet. Die Frage der künftigen Finanzierung der Mittelschulen ist im Bereich des Untergymnasiums offen. Die im Zuge der Bündner NFA vorgesehene Mitfinanzierung der Gemeinden an dessen Kosten wird erneut zu prüfen sein. Welche Regelung im Rahmen der NFA-Neuauflage zweckmässig erscheint, ist zurzeit noch offen.

6. In Bezug auf die Regionalen Sozialdienste (RSD) werden verschiedene Varianten zu prüfen sein. Dazu gehört sicher auch das Modell, dass die RSD der mittleren Ebene zugeordnet werden. Entsprechende Abklärungen laufen zurzeit auch im Hinblick auf die Veränderungen im Vormundschaftswesen, welches heute auf Kreisebene wahrgenommen wird und aufgrund des neuen Kindes- und Erwachsenenschutzrechtes des Bundes neu organisiert werden muss. Darauf wird im Bericht über die Gebietsreform eingegangen.

25. Juni 2010