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Session: 21.04.2010
Unsere Anfrage basiert auf einem Bundesgerichtsentscheid, welcher besagt, dass gestützt auf Art. 329d Abs. 1 OR die Lohnzahlung der Arbeitnehmer für die Ferienzeit der Arbeitszeit entsprechen muss. Der Ferienlohn berechnet sich folglich auf der Grundlage des effektiven Monatslohns.
 
In Kenntnis der 5-jährigen Verjährungsfrist nach OR betrifft dies die Jahre 2004-2009.

Aufgrund dieses Entscheides hat der Bündner Spital- und Heimverband zusammen mit den Sozialpartnern und dem Kanton für den Gesundheitsbereich (Spitäler sowie Alters- und Pflegeheime) Vereinbarungen getroffen. Dieses Vorgehen wurde analog dem Weg der Regierung mit dem zulageberechtigten, kantonalen Personal gewählt. Es wurden die ausbezahlten Zulagen des per Stichtag in den Betrieben angestellten Personals summiert und davon 10% pauschal als Ferienentschädigungen nachbezahlt.

Leider wurde dabei der Behindertenbereich nicht involviert.

Aufgrund des unbestrittenen Rechtsanspruches passten zudem die Institutionen mehrheitlich die Zulagen per 1.1.2010 um 10% an.

Aufgrund dieser Sachlage ergeben sich folgende Fragen:

1. Wie stellt sich die Regierung zu den anstehenden Nachzahlungen von Zulagen im Behindertenbereich?

2. Werden diese rechtlich unbestrittenen Nachzahlungen in den anrechenbaren Kosten für Beiträge an die Wohn- und Arbeitsstätten als ausserordentliche Aufwändungen zusätzlich vergütet?

3. Werden die Zulagenerhöhungen per 1.1.2010 um 10% zukünftig ebenfalls als anrechenbare exogene Kosten berücksichtigt?

Chur, 21. April 2010

Perl, Bleiker, Baselgia-Brunner, Bezzola (Zernez), Bischoff, Blumenthal, Brandenburger, Bühler-Flury (Schiers), Campell, Casparis-Nigg, Casty, Casutt, Caviezel-Sutter (Thusis), Christoffel-Casty, Conrad, Dermont, Dudli, Farrér, Federspiel, Feltscher, Frigg-Walt, Gartmann-Albin, Geisseler, Giovanoli, Hardegger, Hartmann (Chur), Jäger, Jenny, Kessler, Koch, Kollegger, Kunz (Chur), Loepfe, Mani-Heldstab, Marti, Mengotti, Meyer-Grass (Klosters Dorf), Michel, Noi-Togni, Parolini, Pedrini, Peer, Pfäffli, Pfenninger, Portner, Ragettli, Rizzi, Sax, Stiffler, Thomann, Thöny, Trepp, Vetsch (Pragg-Jenaz), Clalüna, Cortesi, Furrer-Cabalzar, Locher Benguerel, Märchy-Caduff (Domat/Ems), Schädler

Antwort der Regierung

Gemäss Artikel 329d Obligationenrecht (OR; SR 220), der nicht zuungunsten der Arbeitnehmenden abgeändert werden darf, sind Arbeitnehmende hinsichtlich des Salärs während der Ferien gleich zu behandeln, wie wenn sie arbeiten. Wenn Zulagen für effektiv geleistete Nacht- oder Sonntagsarbeit ausbezahlt werden, sind diese gemäss Bundesgerichtsentscheid vom 5. Dezember 2005 (Urteil 4C.313/2005) auch in die Ferienlohnberechnung einzubeziehen, sofern sie regelmässigen und dauernden Charakter haben.

Als Lösung für die kantonalen Mitarbeitenden, welche in den Jahren 2004 bis 2008 Nacht-, Sonntags-, Schicht- oder Pikettdienstzulagen erhalten haben, sind die gesamten auf die Ferien fallenden Lohnanteile ab einem gewissen Mindestbetrag (30Fr., RB 828 vom 25. August 2009) rückwirkend für die letzten fünf Jahre ausbezahlt worden. Diese Lohnanteile sind ab Januar 2009 in den auf diesen Zeitpunkt angepassten Zulagen enthalten.

Für den vom Bundesgerichtsentscheid ebenfalls betroffenen Gesundheitsbereich können die zusätzlichen Kosten für eine vergleichbare Lösung gestützt auf Art. 18b des Krankenpflegegesetzes (BR 506.000) als exogen verursachte Aufwandsänderung anerkannt und vergütet werden. Die Bestimmung besagt, dass die Regierung die durch exogene Faktoren verursachten Aufwandsänderungen bei der Festlegung des standardisierten Fallaufwandes berücksichtigt.

Zu den Fragen:

1. Angaben der Einrichtungen für Menschen mit Behinderung zufolge haben diese bisher die Zulagen für Nacht- und Sonntagsarbeit ebenfalls nicht in die Berechnung des Ferienlohns einbezogen. Die Forderungen der Arbeitnehmenden zur Nachzahlung der entgangenen Lohnanteile sind deshalb gestützt auf Artikel 329d OR und dem Entscheid des Bundesgerichts rechtens.

2. Artikel OR 329d regelt die Pflichten des Arbeitgebenden gegenüber dem Arbeitnehmenden. Mitarbeitende in Einrichtungen für Menschen mit Behinderung sind Angestellte deren Trägerschaften. Rechtlich unbestritten ist demzufolge, dass die Trägerschaften als Arbeitgeber für die Nachzahlungen zuständig sind. Da der Kanton keine Arbeitsverträge mit den Mitarbeitenden der Trägerschaften hat, kann er auch nicht verpflichtet werden, die Nachzahlungen zu übernehmen. Betreffend rückwirkende Forderungen muss zudem beachtet werden, dass bis im Jahr 2007 die Verantwortung für die Finanzierungen der Behinderteneinrichtungen beim Bund lag. Erst ab dem Jahr 2008 ist der Kanton gemäss den Bestimmungen des Behindertengesetzes (BR 440.000) für die Finanzierung der Behinderteneinrichtungen zuständig. Entgegen dem Krankenpflegegesetz sind in den rechtlichen Grundlagen zur Bemessung der Finanzierung der Einrichtungen für Menschen mit Behinderung (Gesetz über die Förderung von Menschen mit Behinderungen/Behindertengesetz; BR 440.000) keine exogenen Faktoren zur Berücksichtigung vorgesehen. Aus diesem Grund können die Kosten für die Nachzahlung des Ferienlohnanteils für Sonntags- und Nachtzulagen nicht als zusätzliche Kosten betrachtet werden, welche die Beiträge an Einrichtungen für Menschen mit Behinderung erhöhen. Eine Abgeltung kann im Rahmen der Betriebsbeiträge gemäss Behindertengesetz erfolgen. Dies bedeutet, dass der Kanton nur denjenigen Einrichtungen die anerkannten Kosten abgelten kann, welche die gesetzliche Limitierung des Betriebsbeitrags des Kantons noch nicht erreicht haben.

3. Der Kanton verfügt mit der Subventionierung der Einrichtungen über eine indirekte Einflussnahme auf die Arbeitsverhältnisse zwischen den Trägerschaften und den Mitarbeitenden in den Einrichtungen. In dieser Rolle anerkennt der Kanton die Rechtmässigkeit eine ab dem 1. Januar 2010 durch die Trägerschaften zu gewährenden Erhöhungen der Zulagen zur Berücksichtigung der vom Arbeitgeber dem Arbeitnehmer geschuldeten Ferienlohnanteile für Sonntags- und Nachtzulagen.

5. Juli 2010