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Session: 15.06.2010
Erziehung spielt eine grosse Rolle in der Entwicklung von Kindern und Jugendlichen. Eltern und andere Erziehungspersonen haben einen entscheidenden Einfluss darauf, wie Kinder und Jugendliche sich entwickeln. Familien sind das wichtigste soziale Netz unserer Gesellschaft. Sie begleiten Heranwachsende auf ihrem Weg zur Selbständigkeit und vermitteln Werte von einer Generation in die nächste. Familien- und Erziehungsthemen stossen seit je auf öffentliches Interesse. Elternbildung ist eine gesellschaftliche Aufgabe.

Elternbildung, ein traditioneller Bereich der Erwachsenenbildung, bewegt sich im Spannungsfeld zwischen gesellschaftlicher und individueller Verantwortung. Davon zeugt ein vielfältiges Angebot an Kursen und Seminaren, das in 21 Kantonen durch zum grössten Teil auf private Initiative aufgebaute Elternbildungsorganisationen entstanden ist. In vielen Kantonen wird die Elternbildung durch den Kanton finanziell unterstützt. Im Kanton Zürich ist die Elternbildung seit 1981 im Jugendhilfegesetz gesetzlich verankert. In Graubünden bietet der Verein Elternbildung Graubünden seit vielen Jahren Kurse und Seminare an. Der Verein ist eine Nonprofit-Organisation und wird ehrenamtlich geführt. Immer mehr können sich aber Elternteile die Kurskosten nicht in vollem Umfange leisten.

Die Elternbildung richtet sich an alle Formen von Familien in den verschiedenen Lebensphasen und berücksichtigt persönliche, kulturelle, soziale, sprachliche und politische Hintergründe. Sie setzt unter fachlicher Leitung vorwiegend in Gruppen Prozesse in Gang, in denen sich Erziehende mit den verschiedensten Fragen und Aufgaben auseinandersetzen. Die Aufgabenfelder der Elternbildung haben u.a. Schnittflächen mit den Bereichen Gesundheit, Soziales, Bildung, Kultur und Politik. Andererseits grenzt sich Elternbildung sowohl gegenüber Unterhaltung und Erholung als auch gegenüber therapeutischen Behandlungen von Störungen und Krankheiten ab.

Nach Meinung der Unterzeichnenden soll die Elternbildung in Graubünden auf privater Basis weiter ausgebaut und durch den Kanton angemessen unterstützt werden.

Die Regierung wird deshalb gebeten, die folgenden Fragen zu beantworten:

1. Teilt die Regierung die Meinung der Unterzeichnenden über die Bedeutung der Elternbildung?

2. Teilt die Regierung die Meinung der Unterzeichnenden, dass die Elternbildung eine gesellschaftspolitische Aufgabe ist?

3. Teilt die Regierung die Meinung der Unterzeichnenden, dass die Elternbildung durch den Kanton angemessen unterstützt werden soll?

4. Ist die Regierung bereit, dazu die gesetzliche Grundlage zu schaffen? Wenn ja, wo und wann sieht die Regierung die gesetzliche Grundlage vor?

5. Wenn nein, warum nicht? 

Chur, 15. Juni 2010

Jeker, Tenchio, Furrer-Cabalzar, Arquint, Berni, Bleiker, Blumenthal, Brüesch, Buchli, Bundi, Butzerin, Cahannes Renggli, Campell, Casparis-Nigg, Castelberg-Fleischhauer, Casutt, Caviezel-Sutter (Thusis), Claus, Darms-Landolt, Felix, Feltscher, Florin-Caluori, Frigg-Walt, Geisseler, Giovanoli, Jenny, Kessler, Koch, Kollegger, Krättli-Lori, Mani-Heldstab, Menge, Mengotti, Meyer Persili (Chur), Meyer-Grass (Klosters Dorf), Nick, Parolini, Parpan, Peer, Perl, Plozza, Portner, Quinter, Ragettli, Ratti, Righetti, Stiffler, Thomann, Thöny, Toschini, Trepp, Troncana-Sauer, Tscholl, Vetsch (Pragg-Jenaz), Wettstein, Jecklin-Jegen, Locher Benguerel, Michel (Chur) 

Antwort der Regierung

Die im parlamentarischen Vorstoss gestellten Fragen lassen sich folgendermassen beantworten:

Zu 1.
Die Regierung teilt die Meinung, dass der Elternbildung in unserer Gesellschaft eine grosse Bedeutung zukommt. Die Elternbildung ist Teil eines weiten, kaum überblickbaren Marktes, auf welchem verschiedene Organisationen und zahlreiche Einzelpersonen eine Vielfalt an Produkten anbieten. Die einzelnen Themen der Elternbildung stammen aus zum Teil sich überlappenden Bereichen wie Medizin, Gesundheit, Psychologie, Pädagogik, Sport, Kommunikation, Suchtprävention, Medien, Kultur und Politik. Folgerichtig werden die einzelnen Angebote von unterschiedlichen Anbieterinnen und Anbietern bereitgestellt und finanziert. Von kantonaler und/oder kommunaler Seite werden Elternbildungsangebote nur vereinzelt direkt entwickelt und unterstützt, und zwar vor allem dann, wenn diese einen unmittelbaren Bezug zu Kindergarten und Volksschule aufweisen (z.B. im Rahmen von Elternabenden).

Zu 2.
Aus Sicht der Regierung beinhaltet die Elternbildung gesellschaftspolitische Fragestellungen und Anliegen. Diese sind aber thematisch so weit und so vage gefasst, dass sich daraus keine klar definierbare gesellschaftspolitische Aufgabe ergibt. Allgemein betrachtet hat Elternbildung zum Ziel, mit Hilfe neuer Erkenntnisse und Erfahrungen auf verschiedenen Ebenen einen indirekten Beitrag zur Erziehung der heranwachsenden Generation zu leisten. In diesem Sinne thematisiert die Elternbildung neben Erziehungsfragen im engeren Sinn immer wieder auch allgemeine Anliegen aus ihrem weiteren Umfeld. Dazu gehören zum Beispiel Fragen zu Ehe, Partnerschaft, Familie und Beruf. All diese Bestrebungen teilt die Elternbildung mit zahlreichen anderen Institutionen und Organisationen wie z.B. der ‚Pro Juventute‘, der ‚Pro Familia‘ sowie zahlreichen Jugend- und Sportverbänden, aber auch mit kirchlichen Institutionen. Wollte man die Elternbildung gesellschaftspolitisch positionieren, müsste man den Stellenwert aller Gruppierungen in ihrem Umfeld ebenfalls erfassen. Dies wäre mit viel Aufwand verbunden und hätte unter Umständen sogar eine Lähmung der in diesem Bereich gut spielenden Privatinitiativen zur Folge.

Zu 3.
Im Grossen und Ganzen spielt im Bereich der Elternbildung der freie Markt. Dieser hat sich im Laufe der vergangenen Jahre bewährt. Deshalb ist die Regierung der Auffassung, dass der Kanton seine Unterstützung für die Elternbildung nicht ausweiten soll. Sie sieht die Aufgabe des Kantons auch in Zukunft vor allem darin, für die zahlreichen privaten Anbieterinnen und Anbieter von Elternbildung das jetzige, die Vielfalt fördernde Klima zu erhalten und nicht mit unnötigen Reglementierungen zu belasten. Ein direktes Engagement des Kantons in Form von Organisation und Finanzierung von Elternbildung soll auch in Zukunft eine Ausnahme bleiben.
Auf die Schaffung einer kantonalen Fachstelle für Elternbildung, welche nach dem Vorbild des Kantons Zürich vor allem Koordinationsaufgaben hätte, ist nach Auffassung der Regierung zu verzichten. Eine solche Stelle müsste ihre Dienste allen Eltern in allen Regionen des Kantons zur Verfügung stellen. Dies aber wäre für den dreisprachigen Kanton Graubünden mit einem unverhältnismässigen Aufwand verbunden.

Zu 4. und 5.
Die Regierung erachtet es nicht als notwendig, für die Elternbildung spezielle gesetzliche Grundlagen zu schaffen. Die heutige Elternbildung ist ein weites Feld, welches eine reichhaltige Palette an Produkten hervorbringt. Zusätzliche staatliche Eingriffe im Bereich der Elternbildung oder gar eine staatliche Elternbildung wären mit hohen Verwaltungskosten verbunden und würden alle Beteiligten unnötig einengen.

27. August 2010