Navigation

Inhaltsbereich

Session: 27.08.2010
Schon mehrmals hat der Bündner Grosse Rat parlamentarische Vorstösse zum Thema Glasfaserkabel/Glasfasertechnologie/Versorgung mit schnellen Internetzugängen behandelt. Die gesellschaftliche und volkswirtschaftliche Wichtigkeit dieser Technologie ist weitgehend unbestritten. Leider wird die Dringlichkeit dieses Anliegens aber nach Ansicht der Unterzeichneten unterschätzt. Obwohl die Regierung mittlerweile eine Projektstudie präsentiert hat, verhält sie sich abwartend. Kraftwerkgesellschaften, die RhB, die Swisscom, das Bundesamt für Strassen, einzelne Gemeinden und weitere Interessenz arbeitet mit dieser Technologie, ohne aber koordiniert vorzugehen. Die dringend notwendige gesamtkantonale Koordination und Planung, insbesondere auch die Feinerschliessung (fiber to the home usw.), besteht noch nicht.

Eine flächendeckende Erschliessung Graubündens mit leistungsstarken Glasfaserkabeln ist eine zentrale Voraussetzung für die Zukunft der Bündner Volkswirtschaft und eine Chance für die Schaffung von Arbeitsplätzen in peripheren Regionen. Zudem entspricht sie dem berechtigten Bedürfnis der Berggebietsbevölkerung nach einem Zugang zu modernsten Kommunikationstechnologien. Andere Kantone sind schon bedeutend weiter. Die flächendeckende Erschliessung Graubündens mit der Glasfasertechnologie wäre somit durchaus mit den Pionierleistungen der Strassen- und Eisenbahnerschliessung unseres Kantons im 19. und 20. Jahrhundert vergleichbar. Insofern verstehen sie die Unterzeichnenden auch als eine vom Staat zu organisierende oder zumindest zu koordinierende Infrastrukturaufgabe zur Deckung der Grundversorgung im Sinne des Service public.

Die Regierung wird darum beauftragt, die flächendeckende Versorgung Graubündens (Fein- und Enderschliessung) mit der Glasfasertechnologie als Infrastrukturprojekt zu verstehen und entsprechend umzusetzen. Dem Grossen Rat ist innert eines Jahres seit Überweisung des Auftrags eine Botschaft vorzulegen, welche ebendiese flächendeckende Erschliessung des Kantons zum Ziel hat und folgende Eckwerte beinhaltet:

• Koordination der Erschliessung mit Glasfasertechnologie durch den Kanton oder eine Anstalt mit mehrheitlicher Kantonsbeteiligung;

• Konkretisierung der Ausgestaltung der Zusammenarbeit des Kantons mit anderen staatlichen, privaten oder gemischtwirtschaftlichen Unternehmen;

• falls nötig eine Anschubfinanzierung des Kantons für die flächendeckende Versorgung Graubündens mit der Glasfasertechnologie.

Chur, 27. August 2010

Pult, Baselgia-Brunner, Frigg-Walt, Gartmann-Albin, Jaag, Locher Benguerel, Müller, Noi-Togni, Peyer, Pfenninger, Thöny, Trepp, Deplazes, Hensel, Michel (Igis), Monigatti

Antwort der Regierung

Regierung teilt die Auffassung, wonach eine moderne, leistungsstarke Glasfaserinfrastruktur für den Kanton Graubünden von grosser Bedeutung ist. Diese Erkenntnis war denn auch der Grund, weshalb das DVS bereits tätig geworden ist und dabei u.a. eine Studie in Auftrag gab, mit welcher der gegenwärtige Stand der Breitbanderschliessung in Graubünden analysiert sowie Empfehlungen für das weitere Vorgehen entwickelt werden sollten. Das Ergebnis liegt mittlerweile in Form des Berichts über die Situation der Breitbanderschliessung in Graubünden vom 26. Juli 2010 vor.

Mit dem vorliegenden Auftrag wird die Regierung aufgefordert, im Bereich Glasfasererschliessung innert Jahresfrist gesetzgeberisch tätig zu werden. Diesem Gesetzgebungsauftrag liegt sinngemäss die Befürchtung zugrunde, dass periphere und/oder dünn besiedelte Gebiete aus wirtschaftlichen Gründen nur verzögert oder gar nicht erschlossen werden könnten. Damit wird die Frage der Grundversorgung angesprochen: Wo der Markt wichtige soziale und ökonomische Leistungen nicht flächendeckend erbringt, sind Lücken über die Grundversorgung zu schliessen. Aufgrund des erwähnten Berichts ist davon auszugehen, dass die Erschliessung von Haushalten/Firmen in peripheren und dünn besiedelten Gebieten ab der Fernbereichsinfrastruktur (die in Graubünden übrigens gut ausgebaut ist) rund 20-30% teurer zu stehen kommt als in Agglomerationsräumen. Trotz dieser Erkenntnis erachtet die Regierung zumindest vorläufig gesetzgeberische Aktivitäten in Richtung einer generellen (Anschub-)Finanzierung nicht als opportun, und zwar aus folgenden Gründen: Erstens ist Graubünden im Breitbandbereich gemessen an den heutigen realen Bedürfnissen mit ganz wenigen Ausnahmen, für die andere Lösungen wie z.B. Mobilfunk zu testen sind, gut erschlossen, und es ist noch zu früh, um abzuschätzen, ob die mit fiber to the home - Anschlüssen erzielbaren Datenraten dereinst überhaupt einem Bedarf entsprechen. Zum anderen würden dadurch nur die laufenden privaten Investitionen gehemmt bzw. der Markt gelähmt. Und drittens könnten heutige Investitionen in der Zukunft möglichen effizienteren Lösungen mit anderen Technologien im Wege stehen. Die Gewährleistung der Grundversorgung im Bereich Telekommunikation ist im Übrigen ohnehin primär Aufgabe des Bundes (geregelt in Art. 16 des eidg. Fernmeldegesetzes). Der Bundesrat behält sich gemäss seinem Bericht vom 17. September 2010 zur Evaluation der Fernmeldemärkte in der Tat vor, künftig Anschlüsse mit höherer Bandbreite in die Grundversorgung aufzunehmen. Die Regierung hat sich bereits mit Brief vom 7. September 2010 gegenüber dem Bundesrat dafür eingesetzt, dass der Bund seine Verantwortung in diesem Bereich wahrnehme, und sie ist bereit, dazu zu gegebener Zeit eine allenfalls nötige kantonale Anschlussgesetzgebung zu prüfen.

Für die weiteren im vorliegenden Auftrag erwähnten Eckwerte (Organisation und Koordination der Erschliessung) drängt sich aus Sicht der Regierung zurzeit ebenfalls keine neue kantonale Gesetzgebung auf. Für diese Anliegen enthält der Bericht vom 26. Juli 2010 spezifische Empfehlungen, die auch im Rahmen der geltenden Gesetzgebung (Wirtschaftsförderung, Raumplanung) umsetzbar sind.

Zusammenfassend ergibt sich, dass die Regierung kurzfristige gesetzgeberische Aktivitäten gemäss Auftrag nicht als opportun und notwendig erachtet. Hingegen ist die Regierung bereit und gewillt, je nach Entwicklung auf Bundesebene eine kantonale Anschlussgesetzgebung zu prüfen und unterdessen die im Bericht vom 26. Juli 2010 formulierten Empfehlungen (Entwicklung wachsam weiterverfolgen; Bundespolitik aktiv beeinflussen; Breitbanderschliessung bei effektivem Bedarf punktuell, u.U. mit Mitteln der Wirtschaftsförderung, verbessern; bei Tiefbauarbeiten Anforderungen für Glasfaserinfrastruktur mit einbeziehen; aktiven Informationsaustausch wie "Runder Tisch", Empfehlungen an Gemeinden) umzusetzen. Die Regierung beantragt, den Auftrag in diesem Sinne zu überweisen.

01. November 2010