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Session: 08.12.2010
Im Rahmen von verschiedenen Teilrevisionen des Steuergesetzes hob der Grosse Rat in den letzten Jahren bei Todesfällen und Schenkungen die Nachlasssteuer zwischen Ehegatten und direkten Nachkommen auf. Weiterhin wird aber auf der Stufe Kanton beim Vermögensübergang zwischen Geschwistern im Rahmen eines Todesfalles oder einer Schenkung eine Nachlasssteuer erhoben. Mit der Befreiung der Nachkommen von der Nachlasssteuer wurde diese für die übrigen Empfänger gar von 4% auf 10% erhöht. Zusätzlich können die Gemeinden in den gleichen Fällen auch noch eine Erbanfallsteuer erheben. Die Steuerbelastung beträgt in der heutigen Form bis zu 15% (Kanton und Gemeinden).

In der Praxis kommen nun zwischen Geschwistern Fälle vor, bei denen die Erhebung der Nachlass- und Erbanfallsteuern als stossend empfunden wird. Das kann dann der Fall sein, wenn aufgrund von nahe aufeinanderfolgenden Todesfällen in kurzer Zeit mehrere Vermögensübergänge erfolgen und das gleiche Steuersubstrat mehrmals besteuert wird. Dabei stellt sich die Frage, ob die Erbschaftssteuer für Geschwister bzw. deren Höhe aus heutiger Sicht noch angemessen ist.

Die Unterzeichnenden stellen deshalb der Regierung folgende Fragen:

1. Wie beurteilt die Regierung die Höhe der Steuerbelastung bei Erbfällen zwischen Geschwistern?

2. Welche gesetzgeberischen Möglichkeiten sieht die Regierung, um bei diesen Konstellationen Geschwister steuerlich zu entlasten?

3. Ist die Regierung bereit, bei der nächsten Teilrevision des Steuergesetzes im Detail zu prüfen, ob der Kanton zu einer mit den Gemeinden harmonisierten Erbanfall- und Schenkungssteuer wechseln soll?

Chur, 8. Dezember 2010

Stiffler (Davos Platz), Bezzola (Zernez), Brandenburger, Buchli-Mannhart, Burkhardt, Caduff, Campell, Casanova-Maron, Casty, Casutt, Clalüna, Claus, Conrad, Dosch, Engler, Felix, Fontana, Geisseler, Giacomelli, Gunzinger, Hartmann (Chur), Heiz, Hitz-Rusch, Holzinger-Loretz, Jeker, Joos, Kasper, Koch (Tamins), Kollegger (Chur), Komminoth-Elmer, Krättli-Lori, Kunz (Fläsch), Kunz (Chur), Mani-Heldstab, Märchy-Caduff, Marti, Michael (Donat), Nick, Niggli (Samedan), Niggli-Mathis (Grüsch), Papa, Parpan, Pedrini, Rathgeb, Rosa, Sax, Steck-Rauch, Stiffler (Chur), Tomaschett (Breil), Tscholl, Valär, Waidacher, Wieland, Cortesi, Largiadèr, Müller (Haldenstein), Patt

Antwort der Regierung

Mit der Anfrage Stiffler wird die Höhe der Erbschaftssteuern zwischen Geschwistern zur Diskussion gestellt. Im geltenden Recht kennt der Kanton für den gesamten steuerbaren Nachlass eine Nachlasssteuer von 10 % und die Gemeinden können auf den Zuwendungen an den elterlichen Stamm eine Erbanfallsteuer von maximal 5 % erheben. Die Kantone sind innerhalb der verfassungsrechtlichen Eckpfeiler bei der Ausgestaltung der Erbschaftssteuern frei. Es bestehen aber vereinzelte Bestrebungen, allenfalls zukünftig eine eidgenössische Erbschaftssteuer zu erheben.

Das Steuerrecht wird vom tragenden Grundsatz der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit geprägt. Ein Vermögenszufluss mittels Erbschaft oder Schenkung erhöht die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit nicht weniger als ein Vermögenszugang aus Erwerbseinkommen oder Vermögensertrag. Aus diesem Blickwinkel lässt sich die Erhebung einer Erbschaftssteuer von Geschwistern durchaus rechtfertigen und aus diesem Blickwinkel kann auch die Höhe der Steuersätze von Kanton und Gemeinde kaum beanstandet werden. Betrachtet man die Familie als Einheit und berücksichtigt man, dass die vorhandenen Vermögenswerte schon einmal als Einkommen besteuert und seither immer mit der Vermögenssteuer belastet wurden, kann eine Erbschafts- und Schenkungssteuer für Geschwister aber durchaus auch abgelehnt werden. Diesfalls müsste dann aber der ganze elterliche Stamm gleich behandelt werden, könnte doch eine höhere Steuerbelastung für die Eltern als für die Geschwister sachlich nicht begründet werden.

Zu den konkret gestellten Fragen nimmt die Regierung wie folgt Stellung:

1. Die heutige Erbschaftssteuerbelastung zwischen Geschwistern mag in Fällen, wo innert kurzer Zeit mehrere Erbgänge zu beklagen sind, hoch oder gar stossend erscheinen. Generell und im Lichte der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit kann gegen eine Steuerbelastung von maximal 15 % aber wenig eingewendet werden. Zudem können zu hohe Steuerbelastungen in vielen Fällen durch eine testamentarische Rechtsgestaltung vermieden werden.

2. Eine tiefere Erbschaftssteuer für die Geschwister bzw. für den elterlichen Stamm müsste durch eine Reduktion der Steuerbelastung im Kanton erreicht werden. Dies wäre aber nur möglich, wenn der Kanton von der heutigen Nachlasssteuer zu einer Erbanfallsteuer wechseln würde. Dieser Wechsel müsste nach Auffassung der Regierung in Anlehnung an die heutige Regelung für die Grundstückgewinnsteuer vollzogen werden. Die Erbanfallsteuern wären im Steuergesetz und im Gemeinde- und Kirchensteuergesetz identisch und abschliessend zu regeln, wobei die Gemeinden weiterhin die Steuersätze festlegen könnten. Die Erhebung der kantonalen und kommunalen Erbanfallsteuern läge in den Händen des Kantons und die Gemeinden würden sich an den anfallenden Kosten beteiligen.

Die Vereinheitlichung der Erbschaftssteuern in Kanton und Gemeinden würde dem mit dem Gemeinde- und Kirchensteuergesetz eingeschlagenen Weg entsprechen und das Verfahren insgesamt vereinfachen. Sie hätte aber auch einen geringfügigen Verlust an Gemeindeautonomie und einen leichten Abbau von Arbeitsplätzen in den Regionen zur Folge.

3. Die Regierung ist bereit, in einer nächsten Teilrevision des Steuergesetzes zu prüfen, ob der Kanton zu einer harmonisierten Erbanfall- und Schenkungssteuer wechseln soll.

20. Januar 2011