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Session: 18.04.2011
Erneuerbare Energien haben Zukunft, auch wenn sie heute teilweise noch nicht konkurrenzfähig sind mit billiger Bandenergie. Zugleich zeigen auch energetische Sanierungen von Liegenschaften interessante wirtschaftliche Perspektiven auf, weil sie neben Aufträgen für das Gewerbe auch ökologische und ökonomisch nachhaltige Effekte bringen.

Um sowohl die Förderung von erneuerbaren Energieträgern als auch energetische Sanierungen verstärkt zu fördern, scheint es den Unterzeichnenden sinnvoll, dass der Kanton einen entsprechenden Fonds unterhält und diesen auch laufend speist. Eine Möglichkeit dazu wäre, einen "Bündner Energierappen" auf dem Stromverbrauch im Kanton Graubünden zu erheben. Die Erhebung kann unkompliziert erfolgen, und gleichzeitig stellt die Abgabe von 1 Rappen auf jeder Kilowattstunde verbrauchtem Strom keine übermässige Belastung sowohl der Haushalte als auch der Wirtschaft dar.

Die Unterzeichneten stellen der Regierung deshalb folgende Fragen:

1. Welches Potenzial und welche Verwendungszwecke sieht die Regierung in der Erhebung eines "Bündner Energierappens"?

2. Welches wären die durchschnittlichen finanziellen Belastungen für einen Bündner Privathaushalt?

3. Welches wären die finanziellen Belastungen für die Bündner Wirtschaft, resp. welche (beispielhaften) Gewerbe- und Grossunternehmen würden in welcher Höhe belastet?

4. Wie stellt sich die Regierung zur möglichen Einführung einer solchen Abgabe auf dem Stromverbrauch?

Chur, 18. April 2011

Baselgia-Brunner, Peyer, Bucher-Brini, Frigg-Walt, Gartmann-Albin, Jaag, Locher Benguerel, Müller (Davos Platz), Noi-Togni, Pult, Thöny, Trepp, Michel (Igis), Monigatti, Pedrini (Soazza)

Antwort der Regierung

Seit Beginn des Jahres 2010 werden Gebäudesanierungen im Rahmen des Förderprogrammes "Das Gebäudeprogramm" des Bundes und der Kantone gefördert. Mit Inkrafttreten des neuen Energiegesetzes des Kantons Graubünden (BEG; BR 820.200) am 1. Januar 2011 wurde auch die kantonale Förderung angepasst und auf das nationale Förderprogramm abgestimmt. Im Budget 2011 stellt der Kanton eigene Mittel in der Höhe von 9 Mio. Franken für die direkte Förderung zur Verfügung. Mit dieser erhöhten Förderung sollen die in Art. 3 Abs. 2 BEG definierten Ziele betreffend den Verbrauch von fossilen und erneuerbaren Energien im Gebäudebereich erreicht werden. Der Bund erhebt seinerseits eine Abgabe auf den Stromkonsum zur Förderung von erneuerbaren Energien in der Höhe von derzeit 0.45 Rappen pro Kilowattstunde (kWh). Mit der Kostendeckenden Einspeisevergütung (KEV) werden folgende Technologien gefördert: Kleinwasserkraft, Photovoltaik, Windenergie, Geothermie, Biomasse und Abfälle aus Biomasse. Die Anlagen können aufgrund der KEV kostendeckend und mehrheitlich mit Gewinn betrieben werden.

Zu den gestellten Fragen:

1. Mit der KEV, dem Förderprogramm "Das Gebäudeprogramm" und der zusätzlichen kantonalen Förderung werden die Produktion erneuerbarer Energie und energetische Sanierungen bereits namhaft unterstützt. Dank dieser Unterstützung von Bund und Kanton können gemäss heutiger Beurteilung die Ziele des BEG im Gebäudebereich wie geplant erreicht werden, so dass sich eine Erhöhung der Fördergelder nicht aufdrängt. Für weitere Mittel in Form eines Energierappens besteht somit aus Sicht der Regierung kein Bedarf.

2. Die zusätzliche finanzielle Belastung hängt vom jeweiligen Stromverbrauch des Privathaushalts ab. Je nach Grösse des Haushalts, der Beheizung und der Ausstattung mit elektrischen Geräten wären Mehrkosten von 30 - 150 Franken pro Jahr zu erwarten. Im Einfamilienhaus benötigt ein 2-Personen-Haushalt mit Elektroboiler durchschnittlich 6'000 kWh pro Jahr. Durch die Einführung einer Abgabe vom 1 Rp./kWh auf den Stromverbrauch müssten solche Haushalte mit einer durchschnittlichen Mehrbelastung von 60 Franken pro Jahr rechnen.

3. Die Spanne der jährlichen Zusatzbelastungen wäre je nach Gewerbe- oder Industriebetrieb sehr gross. Kleinstbetriebe mit einem durchschnittlichen Stromverbrauch von rund 10'000 kWh hätten bei einer Abgabe vom 1 Rp./kWh auf den Stromverbrauch mit zusätzlichen Kosten von rund 100 Franken pro Jahr zu rechnen. Mittlere Gewerbebetriebe würden mit zusätzlich rund 1'500 Franken belastet, grössere Betriebe bei einem Verbrauch von gut 5'000'000 kWh mit etwa 50'000 Franken, während die grössten energieintensiven Stromverbraucher im Kanton jährliche Zusatzkosten bis zu mehreren Millionen Franken zu tragen hätten.

4. Bei der Beratung des neuen BEG in der Aprilsession 2010 wurde auch über eine Abgabe auf den Stromverbrauch ausgiebig diskutiert. Die grosse Mehrheit des Grossen Rates lehnte damals, gleich wie die Regierung, einen entsprechenden Energiefonds ab. Der Grosse Rat stimmte statt dessen den in Art. 3 Abs. 2 BEG definierten Zielen betreffend Energie im Gebäudebereich zu, die auch nach Meinung der Regierung aus technischer Sicht vernünftig, realisierbar und wirtschaftlich tragbar sind und mit den bestehenden Förderprogrammen erreicht werden können. Ein erneutes Vorbringen dieses Anliegens macht folglich wenig Sinn. Jede Verteuerung des Stroms führt zu einer Veränderung der Wettbewerbssituation und damit auch der Standortqualität unseres Kantons für die Wirtschaft, aber auch für die Privathaushalte. Ein Alleingang Graubündens bei der Strompreisgestaltung hätte insbesondere für energieintensive Unternehmen einschneidende Auswirkungen. Zudem wird die Erhebung eines Stromrappens mittlerweile bereits auf Bundesebene behandelt.

Die Regierung lehnt aus diesen Gründen eine zusätzliche kantonale Abgabe auf den Stromverbrauch ab.

8. Juli 2011