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Session: 19.04.2011
Im Rahmen der aktuellen Energiedebatte nach „Fukushima“ muss sich der Kanton Graubünden neu orientieren, um sein Potenzial zur Energieproduktion und bei der Förderung von Energieeffizienz zum einen gesamtheitlich neu zu definieren und um es zum anderen für die längerfristige Zukunft letztlich dann auch zu realisieren. Anlässlich der Juni-Session 2011 beraten die eidgenössischen Räte einen Bericht des in Energiebelangen zuständigen Departements UVEK. Dieser Bericht und dessen Debatte werden starke Ausstrahlkraft auch auf die Kantone haben.

Dem Kanton Graubünden kommt als Wasserkraft-Kanton eine bedeutende Rolle bei der schweizerischen Energieproduktion zu. Neue erneuerbare Energien wie die Solarenergie, die Windkraftenergie, die Energie aus Biomasse und die Geothermie bieten in Graubünden wohl auch die Chance, nebst der Energie aus Wasserkraft zusätzlich stärker auch auf Alternativenergien zu setzen.

Das per 1. Januar 2011 in Kraft getretene neue Bündner Energiegesetz ermöglicht die Förderung von zukunftsgerichteten erneuerbaren Energien bei Gebäuden in verschiedener Weise. Es ergänzt das so genannte nationale Gebäudeprogramm des Bundes.

Aus bündnerischer Sicht stellen sich den unterzeichneten Grossrätinnen und Grossräten in diesem Zusammenhang folgende Fragen:

1. Welche Gesamtstrategie über die Energiezukunft/Energiesicherheit für den Kanton Graubünden verfolgt die Regierung? Wie handelt sie im Umfeld der aktuell intensiv geführten Energiedebatte?

2. Wie beurteilt die Regierung die Perspektiven der Wasserkraft im Kanton Graubünden bezüglich:
a) Realisierung von neuen Projekten?
b) Modernisierungen von bestehenden Wasserkraftwerken?
c) Förderung von Kleinwasserkraftwerken?
d) Reaktivierung von alten Projekten?

3. Wie beurteilt die Regierung die Sicherheit der Wasserkraftwerke, insbesondere der Staumauern zum Beispiel bezüglich Erdbebensicherheit oder Schutz vor anderen Naturgefahren?

4. Welche Möglichkeiten zur Förderung von Alternativenergien sieht die Regierung für den Kanton Graubünden?

Chur, 19. April 2011

Florin-Caluori, Kappeler, Heiz, Albertin, Augustin, Berther (Disentis/Mustér), Berther (Camischolas), Blumenthal, Bondolfi, Caduff, Caluori, Candinas, Casanova-Maron, Casutt-Derungs, Cavegn, Darms-Landolt, Della Vedova, Dermont, Dosch, Engler, Fallet, Felix, Foffa, Gartmann-Albin, Gasser, Geisseler, Giacomelli, Hartmann (Chur), Hitz-Rusch, Holzinger-Loretz, Jaag, Joos, Kleis-Kümin, Koch (Tamins), Kollegger (Malix), Kunz (Fläsch), Locher Benguerel, Märchy-Caduff, Michel (Davos Monstein), Müller (Davos Platz), Niederer, Noi-Togni, Parolini, Parpan, Pedrini (Roveredo), Peyer, Pult, Righetti, Sax, Steck-Rauch, Stiffler (Chur), Tenchio, Thöny, Tomaschett (Breil), Tomaschett-Berther (Trun), Trepp, Troncana-Sauer, Waidacher, Wieland, Michel (Igis), Monigatti, Müller (Haldenstein), Pedrini (Soazza), Vincenz

Antwort der Regierung

1. Das auf den 1. Januar 2011 in Kraft getretene totalrevidierte Bündner Energiegesetz (BEG; BR 820.200) hat zum Ziel, einen Beitrag an die langfristigen Reduktions- und Substitutionsziele einer "2000-Watt-Gesellschaft" zu leisten, im Bestreben, den CO2-Ausstoss auf eine Tonne pro Einwohner und Jahr zu senken. Hierzu sind klare Reduktions- und Substitutionsziele definiert. Die eingeschlagene Strategie ist grundsätzlich weiterzuverfolgen. Weil die derzeitigen Fördermassnahmen des Kantons sich schwergewichtig auf die Reduktion und Substitution fossiler Energie im Gebäudebereich konzentrieren, sind zusätzlich Massnahmen zur effizienteren Nutzung der elektrischen Energie sowie Massnahmen zur Senkung des Energieverbrauchs, etwa im Verkehrssektor, zu prüfen.
Betreffend Wasserkraftnutzung stehen die Optimierung und der Ausbau der bestehenden Wasserkraftwerke im Vordergrund. Im aktuellen Umfeld gilt es grundsätzlich die Rahmenbedingungen für die Wasserkraftnutzung zu verbessern, namentlich im Hinblick auf die anstehenden Konzessionserneuerungen.
Im Weiteren ist die Regierung bereit, wie bereits in der Antwort auf den Auftrag Heiz betreffend Ziele und Strategie der bündnerischen Strompolitik (vgl. RB vom 29. März 2011, Prot. Nr. 275) erläutert, nächstens einen umfassenden Bericht zur heutigen und künftigen Lage im Bereich der elektrischen Energie sowie zur Position des Kantons mit Bezug auf die Ziele und Strategie der bündnerischen Strompolitik zu unterbreiten.

2. a) Die Perspektiven der Wasserkraft im Kanton Graubünden bezüglich neuer Projekte sind grundsätzlich intakt. Das realistische zusätzliche Wasserkraftpotential wird von der Ausgestaltung der Gesetzgebung auf Bundesebene abhängen.

b) Bei Modernisierungen bestehender Wasserkraftwerke sind Wirkungsgradverbesserungen möglich, so dass eine höhere Energieproduktion erzielt werden kann. Modernisierungen sind in der Regel unproblematisch, sofern die gesetzlichen Rahmenbedingungen eingehalten werden. Selbst ein Grossprojekt wie die Gesamterneuerung der Anlagen der Kraftwerke Hinterrhein AG im Umfang von fast 300 Millionen Franken konnte ohne unnötige Verzögerungen genehmigt werden.

c) Die Förderung von Kleinwasserkraftwerken durch die kostendeckende Einspeisevergütung (KEV) des Bundes verläuft nicht optimal. Oft entsprechen die eingereichten Projekte nicht den gesetzlichen Bestimmungen. Dadurch verlängert sich die Verfahrensdauer oft über Gebühr. Bei diesen Anlagen steht der energiewirtschaftliche Nutzen oft in einem eher schlechten Verhältnis zum ökologischen Eingriff.

d) Das gestiegene Interesse und der Bedarf an erneuerbaren Energien sowie die KEV eröffnen neue Möglichkeiten und Perspektiven auch für vor Jahren stillgelegte Projekte.

3. Die Sicherheit der Wasserkraftanlagen und insbesondere der Staumauern kann als gut bezeichnet werden. Die Kraftwerksbetreiber nehmen ihre Verantwortung wahr und sorgen für einen guten Unterhalt und sicheren Betrieb. Die Stauanlagen müssen verschiedene Sicherheitskriterien erfüllen, wozu u.a. auch ein Nachweis bezüglich Erdbebensicherheit erbracht werden muss.

4. Auf der Grundlage des neuen BEG bestehen angemessene Fördermöglichkeiten für Alternativenergien. Zudem können erneuerbare Energien durch die KEV des Bundes gefördert werden.

7. Juli 2011