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Session: 19.04.2011
Die Regierung wird aufgefordert, dem Grossen Rat einen Bericht über die kantonale Kinder- und Jugendpolitik vorzulegen, der insbesondere folgende Bereiche regelt:

• Ziele und Grundsätze der Kinder- und Jugendpolitik im Kanton Graubünden;

• Aufgaben und Zuständigkeiten in der Kinder- und Jugendpolitik, insbesondere in den Bereichen Kinder- und Jugendförderung, Partizipation und Prävention;

• die zur Umsetzung nötigen Stellen, Organisations- und Koordinationsstrukturen;

• Grundlagen für die Finanzierung der kantonalen Aufgaben.
Begründung

Das gesellschaftliche Umfeld in dem Kinder und Jugendliche aufwachsen, hat sich in den letzten Jahrzehnten stark gewandelt. Der Trend zum Rückzug ins Private hält an, familiäre Bande und die nachbarschaftliche Solidarität sind loser geworden, die Mobilität nimmt zu und der Wettbewerbsdruck im Übergang von Schule und Beruf wird schärfer. Kinder und Jugendliche müssen heute anders unterstützt werden als noch vor einer Generation.

Die seit 1997 geltende Kinderrechtskonvention erwartet von den Vertragsstaaten alle geeigneten Gesetzgebungs-, Verwaltungs- und sonstigen Massnahmen zur Verwirklichung der Kinderrechte in die Wege zu leiten. Verschiedene Kantone haben auf diese veränderten Herausforderungen mit der Schaffung von Grundlagen für eine geplante und koordinierte Kinder- und Jugendpolitik reagiert. So hat der Kanton Jura mit dem „Loi sur la politique de la Jeunesse“ vom 22. November 2006 eine umfassende gesetzliche Grundlage für die kantonale Kinder- und Jugendpolitik geschaffen, nur um ein Beispiel zu nennen.

Der Ständerat hat am 9.3.2011 einstimmig beschlossen, die Summe die der Bund für die Kinder- und Jugendförderung einsetzt von heute 7 auf 8,4 Mio. Franken pro Jahr aufzustocken.

Gemäss Artikel 91 der Verfassung des Kantons Graubünden unterstützt der Kanton die Jugendarbeit.

Bislang gibt es allerdings erst in wenigen Gemeinden eine professionelle oder eine professionell unterstützte ausserschulische Kinder- und Jugendarbeit. Eine bunte und oft zufällige Vielfalt kinder- und jugendpolitischer Massnahmen seitens privater oder öffentlicher Stellen ist kaum vernetzt oder aufeinander abgestimmt. Soweit personelle Ressourcen vorhanden sind, müssen sie sich mangels genügend solider Finanzierungsgrundlagen viel zu stark mit der Beschaffung der unsicheren Mittel beschäftigen. Weder auf Kantonsebene noch in den meisten Gemeinden gibt es ein kinder- und jugendpolitisches Leitbild, geschweige denn eine bedarfsorientierte Planung für kinder- und jugendpolitische Massnahmen. Wohl erhielt Jugend.ch vom Kanton einen Leistungsauftrag zur Koordination und Begleitung der Jugendarbeit in Graubünden, es fehlt aber beim Kanton eine Stelle und die gesetzliche Grundlage mit einem klaren Auftrag, die nötigen Mittel für die ausserschulische Kinder- und Jugendförderung, die beim Aufbau der lokalen und regionalen Kinder- und Jugendarbeit unterstützend wirken kann, zur Verfügung stellen zu können. In ungenügendem Ausmasse vorhanden sind zuverlässige Strukturen wie Kinderforen oder Partizipationsprojekte, die Kindern und Jugendlichen eine wirksame Teilhabe an gesellschaftspolitischen Prozessen ermöglichen.

Ein Bericht bietet die Möglichkeit aufzuzeigen, wie die bisherigen Massnahmen der kantonalen Kinder- und Jugendpolitik gebündelt werden können. Er ermöglicht eine bedarfsorientierte ausserschulische Kinder- und Jugendarbeit mit präventiver Wirkung und eine planbare Entwicklung kinder- und jugendpolitischer Massnahmen, wo Lücken festgestellt worden sind.

Chur, 19. April 2011

Trepp, Candinas, Casanova-Maron, Albertin, Augustin, Baselgia-Brunner, Berther (Camischolas), Bucher-Brini, Caluori, Casutt-Derungs, Cavegn, Clavadetscher, Della Vedova, Dermont, Dosch, Florin-Caluori, Frigg-Walt, Gartmann-Albin, Gasser, Hartmann (Chur), Holzinger-Loretz, Jaag, Jenny (Arosa), Kappeler, Locher Benguerel, Märchy-Caduff, Michael (Castasegna), Michel (Davos Monstein), Müller (Davos Platz), Noi-Togni, Parolini, Peyer, Pult, Rathgeb, Rosa, Thöny, Tomaschett-Berther (Trun), Zanetti, Zweifel-Disch, Michel (Igis), Monigatti, Pedrini (Soazza)

Antwort der Regierung

Im Bereich der Kinder- und Jugendpolitik hat sich seit einiger Zeit die Kinder- und Jugendförderung und die ausserschulische Arbeit mit Kindern und Jugendlichen als eigenständiger Bereich entwickelt. Dieser steht neben den traditionellen und gesetzlich klar geregelten Aufgaben des Kinder- und Jugendschutzes, der Bildung und des Sports, in denen der Kanton umfangreiche Aufgaben erfüllt und über entsprechende Bearbeitungsstrukturen verfügt. Auch familienpolitische Angebote sind im Kanton Graubünden mit der markanten Förderung der familienergänzenden Kinderbetreuung und mit zahlreichen spezifischen Beratungsangeboten realisiert.

Auf eidgenössischer Ebene wird zurzeit die Totalrevision des Bundesgesetzes über die Förderung der ausserschulischen Jugendarbeit vom 6. Oktober 1989 diskutiert. Der Nationalrat hat dieses in der Junisession 2011 behandelt.

Obwohl der Kanton Graubünden bisher über keine gesetzliche Grundlagen zur Kinder- und Jugendförderung verfügt, war er nicht untätig. Er fördert und finanziert seit vielen Jahren verschiedene kinder- und jugendspezifische Projekte aus gemeinnützigen Mitteln. Mit jugend.gr hat er einen Leistungsvertrag abgeschlossen. Dank des Problembewusstseins vieler Gemeinden und der unterstützenden Arbeit von jugend.gr sind heute in 52 Gemeinden Angebote und Strukturen zur Jugendförderung entwickelt worden. Dieser Prozess verdient weiterhin Unterstützung.

Kinder- und jugendpolitische Massnahmen bewegen sich in vielfältigen Dimensionen. Kinder- und Jugendpolitik umfasst nahezu alle gesellschaftlichen Bereiche und Politikfelder (z.B. Bildungswesen, Arbeitsmarkt und Wirtschaft, Gesundheitsförderung und Prävention, Familienpolitik, Sozialhilfe, Migration, Strafrecht) und ist deshalb kaum eindeutig abgrenzbar. Dies würde an die Verfassung eines Berichts im Sinne des Auftrages besondere Anforderungen stellen.

Die Regierung ist bereit, den Bereich der Kinder- und Jugendförderung in einem kurzen, straffen Bericht darzulegen. Sie wird sich dabei auf die Zielsetzungen, Aufgaben und Zuständigkeiten für die Kinder- und Jugendförderung konzentrieren.

Die Hauptverantwortung für die ausserschulische Kinder- und Jugendförderung liegt nach Auffassung der Regierung heute und auch in Zukunft bei den Gemeinden. Inwiefern der Kanton Beratungs- und Koordinationsaufgaben im Zusammenhang mit bundesrechtlichen Bestimmungen wahrzunehmen hat, kann der Bericht darlegen. Die Regierung ist weiterhin bereit, gezielte Projekte zur Kinder- und Jugendförderung aus gemeinnützigen Mitteln zu unterstützen.

Die Verfassung des gewünschten Berichtes zur Kinder- und Jugendförderung verlangt zusätzliche Budgetmittel für den Beizug externer Experten und die Einsetzung einer Arbeitsgruppe und ist abhängig von der Aufgabenbelastung des zuständigen Amtes.

In diesem Sinne ist die Regierung bereit, den Auftrag entgegenzunehmen.

1. Juli 2011