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Session: 20.04.2011
Gestützt auf das Bundesgesetz über die Landwirtschaft werden in den Gemeinden und Regionen unseres Kantons laufend Vernetzungskonzepte erarbeitet. Mit den in diesen Konzepten erhobenen Grundlagen werden Bewirtschaftungsverträge abgeschlossen zwischen den Bewirtschaftern und dem Kanton Graubünden.

Die Thematik wurde im Grossen Rat letztmals vor allem mit zwei Vorstössen von Grossrat Peer (Anfrage August 2009, Auftrag April 2010) diskutiert. Der Auftrag Peer wurde im August 2010 durch den Grossen Rat gegen den Willen der Regierung überwiesen. Der damit geäusserte Wille des Grossen Rates war klar: Die Umsetzung von Vernetzungskonzepten mit den daraus fliessenden Bewirtschaftungsverträgen zwischen den Bewirtschaftern und dem Kanton Graubünden soll nur in Form von öffentlich-rechtlichen befristeten Verträgen erfolgen.

Trotz der klaren Überweisung des vorerwähnten Auftrages muss nun festgestellt werden, dass sich das ANU damit nicht begnügt und Bestrebungen unternimmt, Vernetzungskonzepte in Ortsplanungen überführen zu wollen. Ähnlich wie dies ursprünglich mit der Eintragung von Dienstbarkeiten ins Grundbuch beabsichtigt war, wird damit nebst der vertraglichen Grundlage mit den Bewirtschaftern erneut versucht, eine grundeigentümerverbindliche Umsetzung durchzusetzen. Diese Variante der Überführung von Vernetzungskonzepten in die Ortsplanungen der Gemeinden, um damit den grundeigentümerverbindlichen Schutz sicherzustellen, war von der Regierung bereits in der Antwort zum Auftrag Peer erwähnt worden. Damals wurde diese Variante jedoch als schlechteste von drei Varianten qualifiziert. Damit wird klar der Eindruck verstärkt, dass auf allen Wegen und trotz klarer Willensäusserung des Grossen Rates versucht wird, in diesem Bereich grundeigentümerverbindliche Zustände zu schaffen, welche gegenüber den Bewirtschaftern einerseits jegliche zukünftige Flexibilität in der landwirtschaftlichen Bewirtschaftung ausschliessen wollen und andererseits gegenüber den Grundeigentümern unnötige Eingriffe in das Grundeigentum darstellen.

Dazu stellen sich folgende Fragen:

1. Trifft es tatsächlich zu, dass das ANU Bestrebungen unternommen hat, gegenüber Gemeinden im Rahmen von Ortsplanungsrevisionen die Überführung von Vernetzungskonzepten in die Ortsplanungen (Zonenplan oder Genereller Gestaltungsplan) zu fordern?

2. Wie lässt sich dieses Vorgehen nach Beurteilung der Regierung rechtfertigen, insbesondere vor der klaren Willensäusserung des Grossen Rates, die Umsetzung von Vernetzungskonzepten durch den Abschluss von öffentlich-rechtlichen befristeten Verträgen vorzunehmen?

3. Teilt die Regierung die Meinung, dass mit einem solchen Vorgehen die zukünftige Flexibilität in der landwirtschaftlichen Bewirtschaftung eingeschränkt wird?

4. Wie beurteilt die Regierung die mit der Absicht der Überführung von Vernetzungskonzepten in die Ortsplanungen verbundenen Eingriffe ins Grundeigentum?

Chur, 20. April 2011

Sax, Valär, Niggli-Mathis (Grüsch), Albertin, Augustin, Barandun, Berther (Disentis/Mustér), Berther (Camischolas), Blumenthal, Brandenburger, Buchli-Mannhart, Burkhardt, Caduff, Caluori, Campell, Candinas, Casty, Casutt, Casutt-Derungs, Cavegn, Clalüna, Clavadetscher, Darms-Landolt, Della Vedova, Dermont, Dosch, Engler, Fallet, Florin-Caluori, Foffa, Furrer-Cabalzar, Geisseler, Giacomelli, Grass, Gunzinger, Heinz, Hitz-Rusch, Holzinger-Loretz, Jeker, Joos, Kasper, Kleis-Kümin, Kollegger (Malix), Kunz (Fläsch), Lorez-Meuli, Marti, Michael (Donat), Michael (Castasegna), Michel (Davos Monstein), Nick, Niederer, Niggli (Samedan), Parolini, Parpan, Rathgeb, Steck-Rauch, Stiffler (Davos Platz), Tenchio, Troncana-Sauer, Tscholl, Vetsch (Pragg-Jenaz), Wieland, Zweifel-Disch, Haltiner, Jenny (Klosters Dorf), Müller (Susch), Vincenz

Antwort der Regierung

Träger und Auftraggeber von Vernetzungskonzepten ist nicht der Kanton, sondern sind die Gemeinden. Die Datenhoheit liegt also bei den Gemeinden. Bei der Erarbeitung der Vernetzungskonzepte erfasst jeweils ein von der Gemeinde beauftragtes Ökobüro innerhalb der landwirtschaftlichen Nutzfläche den Ausgangszustand. Dazu werden u.a. Ziel- und Leitarten bestimmt wie Brutvögel, Reptilien, Schmetterlinge. Zudem werden im Hinblick auf die Förderung der botanischen und faunistischen Vielfalt Ziele definiert resp. ein Umsetzungskonzept erstellt. Die Erfassung des Ausgangszustandes erfolgt ausgehend vom kantonalen Natur- und Landschaftsschutzinventar. Weil die zum Teil aus den 90er Jahren stammenden Inventardaten des Kantons eine relativ grosse räumliche Ungenauigkeit aufweisen, müssen sie bei der Erarbeitung der Vernetzungskonzepte aktualisiert werden. Neben genaueren Abgrenzungen für die Inventarobjekte und die gegenwärtigen Nutzungen fallen dabei auch Kenntnisse über bisher nicht erfasste Lebensräume im Sinne des Bundesrechts an. Solche neu erkannten Biotopflächen werden im Rahmen von Vernetzungskonzepten zwar kartiert. Bis zum Abschluss der Totalrevision der kantonalen Natur- und Heimatschutzgesetzgebung wurde jedoch be-wusst darauf verzichtet, neue Objekte ins kantonale Inventar der schutzwürdigen Biotope von regionaler und lokaler Bedeutung (Art. 16 kantonales Natur- und Heimatschutzgesetz, KNHG) aufzunehmen. Bei der anstehenden Nachführung dieses Inventars wird aber mit Sicherheit auch auf die Umrissdaten aus den Vernetzungskonzepten abgestützt. Der Rechtsschutz ist bei Nachführungen von Inventaren im Rahmen der Bestimmungen in Art. 4 f. KNHG gewährleistet.

Im Rahmen von Ortsplanrevisionen können die von den Gemeinden beauftragten Planungsbüros über die Geodatendrehscheibe Graubünden lediglich die Inventardaten des Kantons beziehen. Da den Gemeinden und Planungsbüros die Ungenauigkeit dieser Daten durchaus bekannt sind, fordern sie beim Amt für Natur und Umwelt (ANU) regelmässig die im Rahmen der Vernetzungskonzepte gefundenen Biotopabgrenzungen an.

Wenn Schutzzonen oder Naturobjekte im Sinne von Art. 44 des kantonalen Raumpla-nungsgesetzes Gegenstand einer Ortsplanrevision bilden, überprüft das ANU im Rah-men des Vorprüfungsverfahrens die Abgrenzungen und Einträge. Stützen sich diese ausschliesslich auf alte Inventardaten, obwohl aktuellere Daten verfügbar wären, beantragt das ANU jeweils eine Bereinigung. Im Rahmen der Vorprüfung erlaubt sich das ANU zudem auf Biotopflächen hinzuweisen, welche nicht im Inventar verzeichnet sind, und beantragt, primär bei Mooren, dass die Gemeinde eine Unterschutzstellung prüft.

Antworten zu den Fragen:
1. Eine vollständige oder weitgehende Überführung von Vernetzungskonzepten in Ortsplanungen ist schon aufgrund der Datenstruktur weder möglich noch sinnvoll. Dennoch besteht ein sachlicher Zusammenhang zwischen Vernetzungskonzepten und Planungen. Weil die Ziele der Raumplanung auch Schutzziele zum Inhalt haben, befassen sich beide Instrumente mit NHG-Schutzobjekten. Aufgabe des ANU bei Ortsplanrevisionen ist es, die Qualität von Ortsplanungen durch die Abgabe von verfügbaren aktuelleren Umrissdaten, welche den Gemeinden gehören, zu gewährleisten. Dabei können auch Empfehlungen zur Unterschutzstellung neu erfasster Biotope abgegeben werden. Wird eine Unterschutzstellung von nicht inventarisierten Biotopen von einer Gemeinde abgelehnt, hat dies keine weiteren Konsequenzen. Zusammenfassend ergibt sich, dass das ANU im Sinne der Fragestellung keine besonderen Bestrebungen zur Überführung der Vernetzungskonzepte in Ortsplanungen unternimmt.

2. Vernetzungskonzepte werden nach wie vor mittels öffentlich-rechtlicher, auf längstens 6 Jahre befristeter Bewirtschaftungsverträgen umgesetzt.

3. Wie vorstehend ausgeführt, hat sich an der Umsetzung der Vernetzungskonzepte nichts geändert. Somit ändert sich auch nichts an der Flexibilität in der landwirt-schaftlichen Bewirtschaftung.

4. Es bestehen seitens des Kantons keinerlei Absichten, Vernetzungskonzepte in die Nutzungsplanung zu überführen. Im Rahmen von Ortsplanungen wird von den Gemeinden jedoch regelmässig von den genaueren Umrissdaten aus ihren Vernetzungskonzepten Gebrauch gemacht. Es ist in diesen Verfahren durchaus Aufgabe des ANU, auf Abweichungen von Schutzzonen gegenüber den tatsächlichen Verhältnissen hinzuweisen und sachlich begründete Anpassungen zu beantragen. Der Rechtsschutz ist dabei umfassend gewahrt.

1. Juli 2011