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Session: 17.06.2011
Die aktuellen Ereignisse in Japan erfordern eine Neuorientierung in der Energiepolitik beim Bund, den Kantonen und Gemeinden. Dabei stehen Energieeffizienz und erneuerbare Energien im Vordergrund. Die Topografie (Schönheit der Berge) und die rund 10 bis 20% mehr Sonneneinstrahlung, die auf die Landschaft des Kantons Graubünden im Vergleich der Kantone im Unterland fällt, privilegieren den Kanton Graubünden auch in der Produktion erneuerbarer Energien. Dieses riesige Potential nutzt der Kanton mit der Wasserkraft. Mit dem beschleunigten Zubau an Solarenergie leistet der Kanton einen zusätzlichen namhaften Beitrag in den landesweiten Bestrebungen den Atomausstieg zu schaffen.

Der (noch) bestehende Deckel der Bundes-KEV führt zu langen Wartelisten von Investoren, die u.a. in die Solarenergie zu investieren bereit sind. Zur Zeit sind es rund 8'000 Anlagen mit einer projektierten Produktion von rund 231 Gigawattstunden (231'000'000 kWh). Davon hängen ca. 200 Anlagen aus dem Kanton Graubünden in der Warteschlaufe. Dieses Potential gilt es rasch im Kanton Graubünden nutzbar zu machen. Die mittlere Wartefrist für eine Bundes-KEV ist derzeit auf ca. drei Jahre zu veranschlagen. Eine kantonale Zwischenfinanzierung soll hier Abhilfe schaffen.

Nebst Fassaden, Industriebauten, Strassenverbauungen, Infrastrukturbauten wie Lawinenverbauungen, Staumauern etc. kommen grundsätzlich sämtliche Hausdächer mit Ausnahme von denkmalgeschützten historischen Bauwerken und geschützten Ortsbildern als Standorte für Solarstromanlagen in Frage. Dies deckt sich sinngemäss mit den Bestimmungen im Raumplanungsgesetz des Bundes.

Sonnenenergie ist eine zu 100% einheimische Energiequelle. Der Zubau und Betrieb der Anlagen fördert die regionale Wertschöpfung auch in peripheren Gebieten für das Gewerbe, Landwirtschaft und Tourismus. Zudem bieten sich besonders dem Tourismus positiv besetzte Kommunikationsmöglichkeiten.

In diesem Sinne wird der Regierungsrat beauftragt, die gesetzlichen Grundlagen für die rasche Einführung einer kantonalen Einspeisevergütung (KKEV) für Solarstrom zu erarbeiten und dem Grossen Rat zum Entscheid vorzulegen. Dabei sollen folgende Eckwerte geprüft und zum Tragen kommen:

- Der Kanton gewährt allen Erstellern von Solarstromanlagen auf überbauten Flächen und Infrastrukturen eine kantonale Einspeisevergütung (KKEV) als Zwischenfinanzierung zur Bundes-KEV.

- Voraussetzung für den Erhalt einer KKEV ist, dass eine rechtskräftige Bestätigung von Swissgrid vorliegt, wonach die Anlage für die KEV nach Bundesrecht angemeldet wurde und einen Platz auf der Warteliste erhalten hat.

- Die KKEV wird von Anfang an pro kWh um 20 bis 25 Prozent tiefer angesetzt als die Bundes-KEV. Sobald die Bundes-KEV einsetzt, wird die KKEV hinfällig.

- Der Kanton sorgt für ein einfaches, unbürokratisches Verfahren. Dabei ist eine Lösung zu prüfen, wonach eine einzige Amtsstelle (sog. One-Stop-Shop) als Ansprechpartnerin für alle Fragen im Zusammenhang mit Solarstrom zuständig sein soll.

- Für Kleinanlagen unter 10 kWp können statt der KKEV auch Investitionsbeiträge von z.B. Fr. 4'000.--/kWp (Modell BS) gesprochen werden, welche dann keine KEV beziehen, resp. während z.B. 10 Jahren den ökologischen Mehrwert nicht veräussern dürfen.

- Die Finanzierung der KKEV erfolgt über einen Zuschlag zur Netznutzungsgebühr von maximal 0,2 Rp./kWh.

- Im Sinne einer Zwischen- und Anschubfinanzierung wird die KKEV auf 5 Jahre begrenzt und kann bei Bedarf verlängert werden.

Chur, 17. Juni 2011

Gasser, Joos, Kollegger (Chur), Engler, Frigg-Walt, Gartmann-Albin, Jaag, Jenny, Kappeler, Kasper, Locher Benguerel, Lorez-Meuli, Michael (Donat), Müller, Noi-Togni, Pfenninger, Pult, Thöny, Trepp, Waidacher

Antwort der Regierung

Der Auftrag fordert im Wesentlichen die Einführung einer befristeten Abgabe von maximal 0.2 Rp./kWh auf die Netznutzungsgebühr. Mit diesen Mitteln soll im Sinne einer Zwischen- bzw. Anschubfinanzierung eine kantonale Einspeisevergütung (KKEV) für Solarstrom eingeführt werden. Für Kleinanlagen unter 10 kWp sieht der Auftrag Förderbeiträge in Form von Investitionsbeiträgen vor. Begründet wird dies damit, dass für die Kostendeckende Einspeisevergütung (KEV) auf nationaler Ebene zurzeit eine grosse Warteliste bestehe. Diese beinhalte auch viele Anlagen, welche im Kanton Graubünden geplant seien.

Von der KEV profitieren nebst Photovoltaikanlagen, auch Wasserkraftanlagen bis 10 MW installierte Leistung, Wind-, Geothermie- und Biomasseanlagen. Aus Gründen der Gleichbehandlung unter den verschiedenen Energieträgern müssten gemäss Auffassung der Regierung folglich auch diese Anlagen von einer KKEV profitieren können. Eine solche Ausweitung des Anwendungsbereichs für eine KKEV würde unweigerlich zu einer kantonalen Warteliste führen und damit das Problem nicht lösen.

Ein zentraler Punkt des Auftrages ist die Mittelbeschaffung durch die Einführung einer Netznutzungsgebühr von maximal 0.2 Rp./kWh. Eine solche Gebühr würde eine Summe von rund 4 Mio. Franken generieren. Die Erhebung einer Netznutzungsgebühr setzt entsprechende gesetzliche Grundlagen voraus.

Am 18. Juni 2010 hat das nationale Parlament mit der Änderung des Energiegesetzes entschieden, dass der Bundesrat den heutigen KEV-Zuschlag von 0.45 Rp./kWh ab 2013 bedarfsgerecht auf maximal 0.9 Rp./kWh erhöhen kann. Dadurch stehen ab 2013 jährlich maximal rund 500 Mio. Franken statt wie bisher rund 265 Mio. Franken zur Verfügung.

Am 10. Dezember 2010 hat der Bundesrat sodann entschieden, die Vergütungssätze für Solarstrom um durchschnittlich 18% zu reduzieren. Dies weil der Marktpreis für Photovoltaikanlagen entsprechend gesunken ist. Durch diese beschlossene Reduktion sind die ungedeckten Kosten für Solarstrom - das sind die Mehrkosten, die über dem generellen Strom-Marktpreis liegen - unter 50 Rp./kWh gesunken. Gemäss Energiegesetz steigt damit der maximale Anteil der Photovoltaik am KEV-Fördertopf (Deckel) von bisher 5% auf 10%, so dass anstelle der bisherigen Zubauleistung von total ca. 30 Megawatt (MW) ab 2011 jährlich Solarstromanlagen mit einer Leistung von insgesamt 50-70 MW freigegeben werden können. Dadurch kann die Warteliste der angemeldeten Projekte für Photovoltaikanlagen voraussichtlich bis 2013 abgebaut werden.

Unter optimalen Voraussetzungen würde eine Ergänzung des Energiegesetzes des Kantons Graubünden (BEG) mit den Grundlagen zur Erhebung einer kantonalen Netznutzungsgebühr mindestens ein Jahr in Anspruch nehmen. Diese Zeit würde für die verschiedenen Abschnitte des Rechtsetzungsverfahrens bis zur Inkraftsetzung des revidierten Erlasses benötigt. Im besten Fall könnten somit die entsprechenden gesetzlichen Grundlagen anfangs 2013 eingeführt werden. Auf diesen Zeitpunkt hin wird die KEV gemäss Entscheid des Bundesrates bereits mit genügend Mitteln alimentiert sein und eine KKEV somit nicht mehr notwendig sein.

Aus den dargelegten Gründen lehnt die Regierung den Auftrag ab.

07. September 2011