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Session: 02.09.2011
In Graubünden muss festgestellt werden, dass die Bewilligungspraxis von Photovoltaik-Anlagen immer wieder zu Problemen führt, sei es innerhalb oder ausserhalb der Bauzonen. Die Bauherrschaften werden immer wieder mit negativen Bauentscheiden konfrontiert.

Art. 18a RPG schreibt vor, dass Solaranlagen innerhalb sowie ausserhalb der Bauzonen sorgfältig in Dach- und Fassadenflächen integriert sein müssen.

Dazu stellen sich folgende Fragen:

1. Wie interpretiert die Regierung sorgfältig in der Auslegung von Art. 18a RPG?

2. Trifft es zu, dass massvoll geständerte Anlagen innerhalb so wie ausserhalb von Bauzonen nicht bewilligt werden dürfen?

3. Welche Bewilligungspraxis wendet der Kanton bei Bauten ausserhalb der Bauzone an (z.B. Ökonomiebauten, Stallbauten usw.)?

4. Sind Industriezonen nicht dem Art. 18a RPG unterstellt?

Chur, 2. September 2011

Albertin, Valär, Augustin, Berther (Disentis/Mustér), Berther (Camischolas), Bezzola (Samedan), Bondolfi, Brandenburger, Buchli-Mannhart, Burkhardt, Caluori, Campell, Candinas, Casty, Casutt, Casutt-Derungs, Clavadetscher, Conrad, Darms-Landolt, Della Vedova, Dermont, Dosch, Fontana, Furrer-Cabalzar, Gasser, Geisseler, Giacomelli, Gunzinger, Hartmann (Champfèr), Heiz, Hitz-Rusch, Holzinger-Loretz, Joos, Kappeler, Kleis-Kümin, Koch (Tamins), Kollegger (Malix), Krättli-Lori, Kunz (Chur), Märchy-Caduff, Marti, Meyer-Grass, Michael (Castasegna), Montalta, Niggli (Samedan), Niggli-Mathis (Grüsch), Papa, Parpan, Pedrini, Sax, Stiffler (Davos Platz), Tenchio, Tomaschett (Breil), Tomaschett-Berther (Trun), Troncana-Sauer, Vetsch (Klosters Dorf), Waidacher, Wieland, Zanetti, Zweifel-Disch, Bricalli, Müller (Haldenstein), Patt, Rodigari, Schucan, Wolf

Antwort der Regierung

Die Förderung von erneuerbaren Energien wie Wasserkraft, Photovoltaik, Windenergie, Geothermie und Biomasse ist im aktuellen energiepolitischen Umfeld ein Gebot der Stunde. Die öffentliche Hand stellt dafür jährlich mehrere Millionen Franken an Fördermitteln zur Verfügung. Verständlich ist denn auch das Interesse an möglichst raschen und unkomplizierten Bewilligungsverfahren. Das gilt für sämtliche Anlagen zur Erzeugung erneuerbarer Energien, nicht nur für die vorliegend thematisierten Solaranlagen. Dass es bei Solaranlagen im Bewilligungsalltag tatsächlich (Zitat) "immer wieder" zu Problemen und negativen Entscheiden kommen soll, wie dies in der vorliegenden Anfrage pauschal gesagt wird, kann die Regierung in dieser Form nicht bestätigen. Unbefriedigend sind sicher die Praxisunterschiede unter einzelnen Gemeinden sowie die langen Wartelisten bei der kostendeckenden Einspeisevergütung (KEV), was sich im Jahre 2012 indessen verbessern dürfte.

Zu den Fragen drängen sich folgende Bemerkungen auf:

1. Für die Bewilligung von Solaranlagen und damit für die Interpretation des Begriffs "sorgfältig" in Art. 18a RPG sind die Gemeinden und – ausserhalb der Bauzonen – das ARE zuständig. Die Regierung selbst hat in diesem Bereich keine Interpretationspraxis entwickelt, über die sie Auskunft geben könnte. Gemäss Kommentar zum RPG gelten Solaranlagen auf Dächern oder an Fassaden dann als sorgfältig integriert, wenn sie "flächen- und randbündig" angebracht werden, wobei Erhöhungen innerhalb eines Profils von bis zu 20 cm in der Regel toleriert werden, dies mit Rücksicht auf die dickeren Sonnenkollektoren für die Warmwassererzeugung. Ausnahmen gelten für Flachdächer, wo Aufständerungen akzeptiert werden.

2. Art. 18a RPG bestimmt, dass sorgfältig integrierte, also flächen- und randbündig angebrachte Solaranlagen bewilligt werden müssen (Bewilligungsautomatismus). Mit dieser Vorschrift wollte der Bundesgesetzgeber offensichtlich einen landesweit geltenden minimalen Bewilligungsanspruch für Anlagen garantieren, die ein gewisses Mass an Sorgfalt erreichen. Daraus kann indessen wohl nicht abgeleitet werden, dass unterhalb der Sorgfaltsschwelle liegende Anlagen geradezu nicht bewilligt werden dürften. Solche Anlagen sind lediglich vom Bewilligungsautomatismus ausgenommen, d.h. bei solchen Anlagen ist in jedem Einzelfall noch konkret zu prüfen, ob sie bewilligungsfähig sind oder nicht. In Graubünden sind diesbezüglich die Gemeinden zuständig und gefordert. Sie haben eine Güterabwägung vorzunehmen zwischen baugestalterischen und denkmalpflegerischen Anliegen einerseits und dem Interesse an der Förderung erneuerbarer Energien andererseits. Dabei ist bei vielen kommunalen Baubehörden eine Verunsicherung auszumachen, weshalb die Regierung bereits in der letzten April-Session in diesem Rat ankündigte, die Erarbeitung einer Vollzugshilfe mit guten Einordnungsbeispielen zu veranlassen. Da der Art. 18a RPG gerade in Revision steht, ist es zweckmässig, mit der Vollzugshilfe noch etwas zuzuwarten.

3. Zur BAB-Bewilligungspraxis des ARE bei Solaranlagen an landwirtschaftlichen Gebäuden ausserhalb der Bauzonen hat sich die Regierung ebenfalls erst kürzlich in diesem Rat auf entsprechende Fragen von Grossrat Jenny geäussert. Sie hat darauf hingewiesen, dass die betroffenen Amtsstellen im Begriffe seien, Lösungsvorschläge erarbeiten zu lassen, wie den teilweise sich widersprechenden Interessen (Förderung von erneuerbaren Energien; Baugestaltung; Sicherheit angesichts der Gefahr herabgleitender Schneemassen) Rechnung getragen werden kann.

4. Industriezonen sind rechtlich ebenfalls Art. 18a RPG unterstellt, wobei den bauästhetischen und ortsbildschützerischen Anliegen in solchen Zonen in der Interessenabwägung naturgemäss ein geringeres Gewicht beigemessen werden kann.

02. November 2011