Navigation

Inhaltsbereich

Session: 21.03.2012
Mit der Annahme der Zweitwohnungsinitiative am 11. März 2012 wird der Kanton Graubünden, besonders in seinen Berggebieten, welche ohnehin mit erheblichen Nachteilen konfrontiert sind (wie zum Beispiel Abwanderung, geringe Tourismustätigkeit), zusätzlich stark in seinem wirtschaftlichen Fortkommen beeinträchtigt. Die Annahme dürfte dazu führen, dass verschiedenste Wirtschaftszweige (Bauhaupt- und Nebengewerbe, weitere betroffene Klein- und mittlere Gewerbe) mit erheblichen, wenn nicht existenziellen Problemen zu kämpfen haben werden.

Vor diesem Hintergrund ist der Kanton Graubünden in zweierlei Hinsicht gefordert. Einerseits hat er in Bern dafür zu sorgen, dass rasch im Rahmen der anstehenden bundesrätlichen Verordnung zur Anwendung der Verfassungsnormen Klarheit geschaffen wird. Die vom Grossen Rat am 21. März 2012 verabschiedete Resolution ist ein erster Schritt in die richtige Richtung. Andererseits erfordert die neue Situation und die bevorstehenden, oben skizzierten Änderungen kantonsintern ein Erarbeiten und Einschlagen neuer Strategien für unser Berggebiet.

Die Regierung des Kantons Graubünden wird beauftragt,

1. dringliche Massnahmen zu ergreifen, welche schon im Jahr 2012 die Stützung der durch die Annahme der Zweitwohnungsinitiative benachteiligten Wirtschaftszweige ermöglichen;

2. so rasch als möglich eine Strategie für die Entwicklung der Berggebiete zu erarbeiten und dem Grossen Rat einen entsprechenden Bericht zu unterbreiten. Dieser soll aufzeigen, wie im Kanton Graubünden die Schrumpfung der durch die Annahme der Zweitwohnungsinitiative benachteiligten Wirtschaftszweige abgedämpft und die Wertschöpfung und Investitionstätigkeit erhalten werden kann. Dabei sollen auch ganz neue Wege (wie zum Beispiel die Unterstützung des Baus und der Erneuerung von Hotelbetrieben mit à-fonds-perdu-Beiträgen des Kantons) geprüft werden;

3. aufzuzeigen, welche Punkte der Strategie die Regierung im Rahmen der laufenden Revision des Wirtschaftsentwicklungsgesetzes aufzunehmen gedenkt.

Chur, 21. März 2012

Caduff, Albertin, Berther (Disentis/Mustér), Berther (Camischolas), Blumenthal, Caluori, Casutt-Derungs, Cavegn, Darms-Landolt, Della Vedova, Dermont, Dosch, Fasani, Foffa, Kleis-Kümin, Kollegger (Malix), Märchy-Caduff, Niederer, Righetti, Sax, Tenchio, Tomaschett (Breil), Tomaschett-Berther (Trun), Zanetti, Degonda, Rischatsch-Casaulta

Antwort der Regierung

Die Annahme der Zweitwohnungsinitiative am 11. März 2012 hat weitreichende und langfristige Auswirkungen auf das Berggebiet und den gesamten Kanton Graubünden. Vordringlich ist die Klärung der offenen Fragen im Zusammenhang mit der bundesrätlichen Übergangsverordnung. Zentrale Elemente sind die Verankerung der Besitzstandsgarantie mit Status März 2012, dass projektbezogene Nutzungsplanungen den Status bewilligter Bauvorhaben erhalten sowie die spätmöglichste Inkraftsetzung der bundesrätlichen Verordnung auf den 1. Januar 2013. Letztere würde es ermöglichen, geplante Bauprojekte bis Ende 2012 zu bewilligen und demzufolge die wirtschaftlichen Auswirkungen für das Berggebiet, insbesondere für die Bauwirtschaft, etwas abzufedern. Die Einleitung weiterer konkreter und wirkungsvoller Massnahmen zur Stützung betroffener Wirtschaftszweige zum jetzigen Zeitpunkt ist schwierig. Gestützt auf die definitive bundesrätliche Verordnung sind die wirtschaftlichen Auswirkungen zu beurteilen, um gezielt flankierende Massnahmen entwickeln zu können. Sämtliche Arbeiten des Kantons erfolgen in enger Abstimmung mit der Regierungskonferenz der Gebirgskantone (RKGK) und der Volkswirtschaftsdirektorenkonferenz (VDK), um mit einer Stimme die Anliegen der Berggebiete zu vertreten.

Auf Bundesebene wird im Rahmen der Botschaft Standortförderung 2016-2019 die Standortförderung auch hinsichtlich der Herausforderungen durch die Zweitwohnungsinitiative überprüft. Die Ausarbeitung einer Strategie für die Entwicklung der Berggebiete ist von verschiedensten Sektoralpolitiken abhängig. Dazu gehören die Landwirtschaft, die agrarpolitischen Förderprogramme des Bundes, Projekte zur Regionalen Entwicklung (PRE), die Neue Regionalpolitik (NRP) sowie verschiedene weitere Sektoralpolitiken wie Bildung, Verkehr etc. Im Übrigen hat der Bundesrat auch mit der Überweisung der Motion Maissen den Auftrag erhalten, eine kohärente Strategie für das Berggebiet zu entwickeln. Eine einheitliche Strategie für das Berggebiet kann somit nicht losgelöst vom Bund ausgearbeitet werden. Einen entsprechenden Bericht erachtet die Regierung als verfrüht. Dies insbesondere auch angesichts der laufenden Diskussion über flankierende Massnahmen zur Zweitwohnungsinitiative und der Ausgestaltung weiterer Programme. Hingegen ist Koordination der verschiedenen Sektoralpolitiken sowohl auf kantonaler als auch auf Bundesebene verstärkt anzugehen.

Gestützt auf das geltende Wirtschaftsentwicklungsgesetz können Beherbergungsbetriebe mit der Gewährung von à fonds perdu-Beiträgen und Darlehen bereits heute unterstützt werden, sofern sie regionalwirtschaftlich bedeutsam oder besonders innovativ sind. Der Kanton ist nur sehr begrenzt in der Lage, eigenständig eine wirksame Hotelförderung umzusetzen. Er ist dabei auf die finanzielle Mitwirkung des Bundes angewiesen. Die Regierung wird die veränderte Ausgangslage bei der laufenden Revision des Wirtschaftsentwicklungsgesetzes (GWE) berücksichtigen und auf der Basis des Exporttheorieansatzes Schwerpunkte wie die Hotelförderung, die Innovations- und Forschungsförderung, die Verfahrenskoordination oder die Stärkung potenzialarmer Räume prüfen. Die Vernehmlassung zum Gesetzesentwurf ist für den Herbst 2012 geplant.

Die Regierung ist bereit zu gegebener Zeit eine Strategie zur Entwicklung der Berggebiete zu erarbeiten und dem Grossen Rat darüber Bericht zu erstatten. In diesem Sinne nimmt sie den Fraktionsauftrag entgegen.

27. Juni 2012