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Session: 21.03.2012
Seit Jahren beschäftigen sich Regierung und Parlament mit der Frage wie die Energieeffizienz im Kanton erhöht werden kann. Der Antrag auf Direktbeschluss für eine Standesinitiative betreffend Förderung Energiesanierung vom 29. August 2008, der Kommissionsauftrag KUVE betreffend Energieeffizienz für Bündner Bauten vom 12. Februar 2008 sowie die Parlamentsarbeiten zum Erlass des Energiegesetzes (BEG vom 20. April 2010, BR 820.200) seien bezüglich Baubereich beispielweise erwähnt. Eine vom kantonalen Amt für Energie und Verkehr in Auftrag gegebene Potenzialstudie, die am 15. Dezember 2011 vorgestellt worden ist, ortet in Graubünden ein „beachtliches Potenzial für erneuerbare Energien" insbesondere für Stromerzeugung mit Photovoltaik.

Wenn ein Bauherr die Umsetzung der kantonalen Strategien zur Ausschöpfung des Potenzials für erneuerbare Energien, zum Beispiel indem er die Dachfläche für die Installation einer Photovoltaikanlage nutzt, an die Hand nimmt, wird er mit den Tatsachen konfrontiert, dass er für diese Umweltschutzmassnahme:
- keine Förderbeiträge für die Investition erhält;
- die Investition - anders als beim Bund - steuerlich nicht in Abzug bringen kann;
- die Erträge aus der Stromproduktion u. U. sogar als Einkommen versteuern muss.

Der Regierung werden in diesem Zusammenhang folgende Fragen gestellt:

1. Wie beurteilt die Regierung diese Praxis, die schwer mit den Verlautbarungen bezüglich Willen zur Förderung der erneuerbaren Energien vereinbar ist?

2. Nachdem die Schweizerische Steuerkonferenz SSK am 15. Februar 2011 in ihrer Analyse zur steuerrechtlichen Qualifikation von Investitionen in umweltschonende Technologien die steuerliche Befreiung der Erträge von Photovoltaikanlagen vorsieht, warum wird das in Graubünden, anders als in anderen Kantonen nicht vollzogen?

3. Was sollte allenfalls gesetzlich (und in welchen Erlassen) anders geregelt werden, damit auch in der Praxis des Kantons Graubünden die Ankündigungen bezüglich Förderung der Strategien zur Ausschöpfung des Potenzials für erneuerbare Energien, auch in diesem Bereich, nachgelebt bzw. wie beim Bund gefördert werden können?

4. Falls zur Zielerreichung eine gesetzliche Regelung vorgenommen werden muss: Wie schnell kann dies vorgenommen werden und welche Vorkehrungen können getroffen werden, damit die Investitionen, die in der Zwischenzeit getätigt werden, im Sinne einer Rückwirkung steuerlich in Abzug gebracht werden können?

Chur, 21. März 2012

Giacomelli, Sax, Lorez-Meuli, Bezzola (Samedan), Blumenthal, Bucher-Brini, Burkhardt, Caluori, Campell, Casty, Fasani, Furrer-Cabalzar, Gartmann-Albin, Heiz, Jeker, Jenny, Kappeler, Kleis-Kümin, Koch (Tamins), Meyer-Grass, Michael (Donat), Michel, Montalta, Nick, Niederer, Niggli-Mathis (Grüsch), Noi-Togni, Papa, Pedrini, Peyer, Pult, Righetti, Stiffler (Davos Platz), Thöny, Trepp, Valär, Waidacher, Wieland, Zweifel-Disch, Degonda, Müller (Susch), Patt

Antwort der Regierung

Mit der Anfrage Giacomelli wird die Regierung eingeladen, verschiedene Fragen zu beantworten, die sich mit der Förderung erneuerbarer Energien im Steuerrecht befassen. In der Anfrage wird auch angeführt, dass die Erträge aus der Stromproduktion unter Umständen sogar als Einkommen besteuert werden müssten. Diese Aussage trifft zu und sie ist die direkte Folge des harmonisierten, für die Kantone zwingenden Bundessteuerrechts. Die Erträge aus dem Verkauf der mit der Photovoltaikanlagen produzierten Energie stellen Einkommen dar. Ein steuerbares Einkommen entsteht aber erst dann, wenn diese Erträge die Kosten der Photovoltaikanlage übersteigen. Das Bündner Steuerrecht lässt in diesem Sinne heute schon einen Abzug der Kosten der Photovoltaikanlagen zu. Steuerdogmatisch richtig erfolgt der Abzug aber nicht im Zeitpunkt der Investition, sondern im Zeitpunkt, in dem auch ein entsprechender Ertrag erzielt wird.

1. Die Regierung hat immer die Auffassung vertreten, dass das Steuerrecht aus verschiedenen Gründen nicht geeignet sei, um ausserfiskalische Lenkungsziele zu erreichen. Aufgrund der progressiven Steuertarife wirken sich steuerliche Massnahmen in Abhängigkeit zur Grenzsteuerbelastung sehr unterschiedlich aus. Die Kosten von Lenkungsmassnahmen im Steuerrecht werden nicht budgetiert, nicht ermittelt und nicht kontrolliert, was auch der Grund für deren Beliebtheit sein dürfte. Die Fördermassnahmen werden daher auch nicht periodisch hinterfragt und sie werden bei einer Sparübung regelmässig ausser Acht gelassen. Zudem fehlt eine Wirkungskontrolle der steuerrechtlichen Lenkungsmassnahmen, weil sich niemand dafür für zuständig hält. Und letztlich reduzieren diese Lenkungsmassnahmen das steuerbare Einkommen, an das heute die unterschiedlichsten Leistungen anknüpfen (individuelle Prämienverbilligung, Stipendien, Direktzahlungen, Taggeld in Kinderkrippen etc.).

2. Das harmonisierte Bundessteuerrecht überlässt es den Kantonen, einen Abzug für Energiesparmassnahmen einzuführen (Art. 9 Abs. 3 Bundesgesetz über die Harmonisierung der direkten Steuern der Kantone und Gemeinden, SR 642.14). Will der Kanton einen solchen Abzug einführen, muss dieser gleich ausgestaltet werden wie im Recht der direkten Bundessteuer und darf damit nur für bestehende Gebäude Anwendung finden. Mit diesem Abzug werden Aufwendungen, die wertvermehrenden Charakter haben und als Investitionen qualifiziert werden müssen, den werterhaltenden Aufwendungen gleichgestellt und steuerlich zum Abzug zugelassen. Die Analyse der Schweizerischen Steuerkonferenz beschäftigt sich mit der Auslegung der entsprechenden Gesetzesnormen und findet in Graubünden keine Anwendung, weil das Bündner Steuergesetz keine dem Bund entsprechende Bestimmung kennt.

3. Die unkontrollierte steuerliche Förderung von Photovoltaikanlagen wird von der Regierung nicht als sinnvoll erachtet. Dafür gibt es ausserhalb des Steuerrechts bessere und zielführendere Möglichkeiten. Auch muss verhindert werden, dass sowohl über eine kostendeckende Einspeisevergütung (KEV) als auch über andere, nicht transparente Massnahmen Förderung betrieben wird. Sollte eine steuerliche Förderung dennoch angestrebt werden, müsste in das Steuerrecht eine Bestimmung aufgenommen werden, welche Art. 5 der Liegenschaftskostenverordnung des Bundes (SR 642.116) entspricht.

4. Eine von der Regierung abgelehnte steuerliche Subventionierung von Photovoltaikanlagen könnte nur über eine Teilrevision des Steuergesetzes erreicht werden. Die entsprechende Änderung würde aber erst ab dem Inkrafttreten der neuen Bestimmung Wirkung entfalten. Für eine Änderung in der Zwischenzeit fehlt eine gesetzliche Grundlage und eine Rückwirkung ist weder rechtlich möglich noch praktikabel.

20. Juni 2012