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Session: 17.04.2012
Rund 9/10 der bis 1990 erstellten beheizten Bauten weisen im Vergleich zum Stand der aktuellen gewerblichen Gebäudetechnik im Durchschnitt eine Energie-Ineffizienz bzw. Energieverluste von 80% bis über 90% auf. Bei Sanierungen lässt sich feststellen, dass die (alleinige) Installation von Energieanlagen ohne vorherige Wärmedämmung meistens zu erheblichen Fehlinvestitionen für Gebäudeeigentümer/innen und Mieter/innen führt. Ein Beispiel: Bei einer Sanierung eines Mehrfamilienhauses (MFH) aus dem Jahre 1896 in der Basler Altstadt mussten die 12 betroffenen Familien bisher jährlich insgesamt 223'000 kWh/a zuführen und bezahlen. Nach der Sanierung müssen noch knapp 20'000 kWh/a zugekauft werden. Die Energiereduktion beträgt 91%. Zu dieser vorbildlichen Sanierung trugen zu 82% die Energieeffizienz (Wärmedämmung) bei und zu 18% die Solarenergieerzeugung inkl. Wärmepumpe (WP). Dank der energieeffizienten Sanierung wird nicht nur die Energieverschwendung um 80-90% reduziert. Die für die vollständige Energieversorgung notwendigen Energieanlagen (Solaranlagen oder andere Energieanlagen) können um Faktor 4-5 kleiner dimensioniert werden.

Dieses Beispiel zeigt auf eindrückliche Weise wie gross die Einsparmöglichkeiten in diesem Bereich sind. Das Potenzial ist vorhanden, offensichtlich wird es nicht oder zu wenig genutzt.

Das kantonale Energiegesetz verfolgt zwei Stossrichtungen: Die Reduktion des Energiebedarfs und die Erhöhung der Energieeffizienz. Um diese Stossrichtungen auch effektiv umsetzen zu können, müssen neue Anreizsysteme geschaffen werden. Die Anforderungen der harmonisierten Mustervorschriften, gemäss Art. 17 des Energiegesetzes, greifen zu wenig zur Erreichung der anvisierten Energieeffizienz. Die Förderung der Energieeffizienz im Gebäudebereich muss daher intensiviert werden.

Die mit dem Ausstieg aus der Kernenergie eingeleitete Energiewende verlangt nach der Eindämmung unnötigen Energie-verbrauchs. Zudem werden die volkswirtschaftlichen Auswirkungen der Zweitwohnungsinitiative für unseren Kanton gravierend sein. Unsere Bergregionen verfügen leider nicht über ausreichende wirtschaftliche Alternativen, um diese Veränderungen aus eigener Kraft zu finanzieren. Damit die Chancen wahrgenommen werden können, muss die Politik neue Rahmenbedingungen schaffen.

Die Regierung soll beauftragt werden, das kantonale Energiegesetz im Sinne dieser Erwägungen auszuarbeiten.

Chur, 17. April 2012

Blumenthal, Thöny, Waidacher, Albertin, Barandun, Berther (Disentis/Mustér), Berther (Camischolas), Bezzola (Zernez), Brandenburger, Bucher-Brini, Caduff, Caluori, Casty, Casutt, Casutt-Derungs, Cavegn, Conrad, Darms-Landolt, Della Vedova, Dermont, Engler, Fasani, Felix, Frigg-Walt, Gartmann-Albin, Geisseler, Giacomelli, Jaag, Jenny, Joos, Kappeler, Kasper, Marti, Meyer-Grass, Michael (Castasegna), Michel (Davos Monstein), Montalta, Niederer, Niggli (Samedan), Noi-Togni, Papa, Parolini, Parpan, Pedrini, Peyer, Pfäffli, Righetti, Sax, Tomaschett (Breil), Trepp, Wieland, Zweifel-Disch, Degonda, Deplazes, Fravi, Hensel, Michel (Igis), Monigatti, Patt, Vincenz

Antwort der Regierung

Die gestützt auf das erwähnte Beispiel eines Mehrfamilienhauses in der Basler Altstadt gezogene Erkenntnis, wonach mit umfassenden Gebäudesanierungen und mit dem Einsatz von erneuerbaren Energien grosse Einsparungen möglich sind, ist unbestritten. Auch in unserem Kanton gibt es vergleichbare energetische Sanierungsbeispiele. So wurde etwa in Chur im Jahre 2009 ein Mehrfamilienhaus mit Erstellungsjahr 1934 umfassend saniert. Die nachgewiesene jährliche Einsparung beträgt seitdem über 80 Prozent. Das Gebäude wurde zudem mit einer Komfortlüftungs- und einer Solaranlage ausgerüstet und ist MINERGIE-zertifiziert.

Der Auftrag fordert eine intensive Förderung der Energieeffizienz im Gebäudebereich. Zu diesem Zweck soll das Energiegesetz des Kantons Graubünden (BEG) revidiert werden.

Das BEG wurde letztmals im Jahr 2010 total revidiert und per 1. Januar 2011 in Kraft gesetzt. Unter anderem hat es zum Ziel, den Verbrauch fossiler Energien für die Beheizung von Gebäuden und die Aufbereitung von Warmwasser schrittweise zu reduzieren und durch erneuerbare Energien zu substituieren. Diese Zielerreichung ist alle vier Jahre, erstmals per 2015 mit einem Bericht zu belegen. Weiter verlangt das BEG, dass die energetischen Anforderungen für Bauten und Anlagen bis ins Jahr 2015 um weitere 10 Prozent verschärft werden.

Gemäss der gefestigten Meinung des Kantons sollen die Mustervorschriften im Energiebereich (MuKEn) bis 2014 gestützt auf die postulierten Absichten und Massnahmen der Energiestrategie 2050 des Bundesrates revidiert und insbesondere mit Bezug auf die Energieeffizienz im Gebäudebereich verschärft werden. Die Kantone werden demzufolge die neuen MuKEn in ihren kantonalen Gesetzgebungen verbindlich umsetzen. Dies dürfte im Jahr 2015 erfolgen, so auch im Kanton Graubünden.

Basierend auf das BEG richtet der Kanton bereits heute an Teil- und Gesamtsanierungen Förderbeiträge aus. Die kantonale Förderstrategie ist dabei auf Gesamtsanierungen ausgerichtet. Zu diesem Zweck gewährt der Kanton für Gesamtsanierungen einen Bonus in der gleichen Höhe wie die Fördersumme des nationalen Gebäudeprogramms. Auch werden bereits heute Beiträge für die Nutzung von erneuerbaren Energien (Solar-, Wärmepumpenanlagen, Holzfeuerungen, Wärmepumpenboiler, Wärmeverbünde) ausgerichtet. Im Weiteren werden Nutzungsgradverbesserungen in gewerblichen und industriellen Betrieben finanziell gefördert. All diese Förderbeiträge wurden per 1. Januar 2012 markant erhöht. Mit den heutigen Förderprogrammen werden, bezogen auf die Investitionskosten, Kantonsbeiträge in der Höhe von 15 bis 30 Prozent ausgerichtet. In Einzelfällen kann die Förderhöhe bis 50 Prozent der Investitionssumme erreichen.

Im Jahr 2011 konnten an insgesamt 110 Gesamtsanierungen und 670 Teilsanierungen Förderbeiträge zugesichert werden. Ebenso wurden bei über 520 haustechnischen Anlagen Förderbeiträge in Aussicht gestellt. Allein die zugesicherte Fördersumme aus dem nationalen Gebäudeprogramm, welches aus der Teilzweckbindung der CO2 Abgabe gespeist wird, betrug rund 8.8 Mio. Franken. Zusätzlich wurden Kantonsbeiträge im Umfang von 4.5 Mio. Franken ausgerichtet.

Das BEG und die darauf abgestützten kantonalen Förderprogramme gehören im schweizweiten Vergleich zu den fortschrittlichsten und wirkungsvollsten energiepolitischen Instrumenten. Mit der geplanten Umsetzung der sich in Revision befindenden MuKEn werden in absehbarer Zeit weitere Schritte in die auch von den Unterzeichnern des Auftrags anvisierte Richtung erfolgen. Die Regierung erachtet deshalb eine vorzeitige Revision dieses Gesetzes als nicht opportun. Sie beantragt, den Auftrag abzulehnen.

27. Juni 2012