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Session: 30.08.2012
Der Kanton St. Gallen kennt auf kantonaler und kommunaler Ebene für die Wahl von Mitgliedern der Exekutive ein Wahlverfahren, das sowohl für die Bürgerinnen und Bürger als auch für die Behörden sehr einfach zum Handhaben ist. Auf vorgedruckten Wahlzetteln müssen die Namen der Kandidierenden nur noch angekreuzt werden. Dieses Verfahren bringt folgende Vorteile:

1. Die Stimmenden müssen die Namen nicht handschriftlich auf den Stimmzettel übertragen, sondern kreuzen einfach die gültig vorgeschlagenen Kandidierenden auf dem Stimmzettel an. Die Stimmberechtigten sind hinreichend über die kandidierenden Personen informiert. Alle Kandidierenden werden übersichtlich auf einem einzigen Stimmzettel aufgeführt. Die Auswahl wird erleichtert. Trotzdem ist es möglich, nicht vorgeschlagene Personen aufzuführen.

2. Das Ankreuzen ist wesentlich einfacher und schneller, somit auch kundenfreundlicher als das Abschreiben von Namen.

3. Die Gefahr von Verwechslungen infolge falsch geschriebener Namen (Fall Winterthur) wird bei offiziell Kandidierenden völlig eliminiert. Das Problem der Lesbarkeit von handgeschriebenen Namen ist bei den vorgedruckten Namen gelöst. Der Wille der Stimmenden kommt somit unverfälscht zum Ausdruck.

4. Die Bereinigung der Stimmzettel durch die Gemeinden wird ebenfalls vereinfacht und damit die Ergebnisermittlung beschleunigt.

Der Dienst für politische Rechte des Kantons St. Gallen erhielt für die Idee des Wahlzettels zum Ankreuzen im Jahre 2008 den Innovationspreis der Staatsverwaltung des Kantons St. Gallen.


Die Unterzeichneten Mitglieder des Grossen Rates beauftragen deshalb die Regierung, dem Grossen Rat eine entsprechende Botschaft zur Vereinfachung des Wahlverfahrens für die Wahl der Bündner Regierung und der Bündner Standesvertretung vorzulegen. Zentrales Element der Vereinfachung soll ein Wahlzettel zum Ankreuzen sein.

Chur, 30. August 2012

Peyer, Geisseler, Marti, Aebli, Albertin, Augustin, Barandun, Baselgia-Brunner, Bezzola (Samedan), Bezzola (Zernez), Bleiker, Blumenthal, Bondolfi, Brandenburger, Bucher-Brini, Buchli-Mannhart, Caduff, Caluori, Campell, Casanova-Maron, Casty, Cavegn, Clavadetscher, Conrad, Davaz, Della Vedova, Dermont, Dosch, Dudli, Engler, Fallet, Foffa, Fontana, Frigg-Walt, Furrer-Cabalzar, Gartmann-Albin, Grass, Gunzinger, Hartmann (Champfèr), Hartmann (Chur), Hitz-Rusch, Holzinger-Loretz, Jaag, Jeker, Jenny, Joos, Kappeler, Kasper, Kleis-Kümin, Koch (Igis), Kollegger (Chur), Krättli-Lori, Kunz (Fläsch), Kunz (Chur), Locher Benguerel, Mani-Heldstab, Märchy-Caduff, Meyer-Grass, Michael (Castasegna), Müller, Niederer, Nigg, Niggli (Samedan), Niggli-Mathis (Grüsch), Noi-Togni, Papa, Parpan, Pedrini (Roveredo), Pfenninger, Pult, Rosa, Sax, Steck-Rauch, Stiffler (Davos Platz), Stiffler (Chur), Tenchio, Thöny, Tomaschett (Breil), Tomaschett-Berther (Trun), Trepp, Troncana-Sauer, Tscholl, Valär, Vetsch (Pragg-Jenaz), Waidacher, Wieland, Zweifel-Disch, Deplazes, Fausch, Michel (Igis), Monigatti, Pedrini (Soazza), Pfister

Antwort der Regierung

Nach der geltenden Ordnung im Kanton Graubünden erhalten die Wählerinnen und Wähler bei den kantonalen Majorzwahlen (Regierung und Ständerat) Wahlzettel mit leeren Linien in der Zahl der zu vergebenden Sitze. Sie üben ihr Stimmrecht durch handschriftliches Aufführen von Personennamen auf den abgegebenen Wahlzetteln aus. Informationen zu den kandidierenden Personen entnehmen die Wählerinnen und Wähler vornehmlich den Medien und der Werbung der Parteien. Dieses Verfahren ist der Bündner Wählerschaft sehr vertraut, auch weil es bei den Grossratswahlen in den Kreisen, bei den Bezirksgerichtswahlen und bei Majorzwahlen in den Gemeinden weit verbreitet zur Anwendung gelangt. Bis heute haben sich mit diesem Verfahren keine speziellen Probleme ergeben.

Wesentlich anders präsentierte sich die Ausgangslage im Kanton St. Gallen, der auf 1. Januar 2007, als soweit erkennbar bisher einziger Kanton in der Schweiz, ein Verfahren mit einem Stimmzettel zum Ankreuzen installiert hat. Anlass dafür gab eine verbreitete und grosse Unzufriedenheit mit der alten Lösung, welche neben dem leeren amtlichen Stimmzettel auch nichtamtliche Stimmzettel mit vorgedruckten Kandidatinnen und Kandidaten zuliess. Das führte dazu, dass die Wählerinnen und Wähler regelrecht mit Stimmzetteln überschwemmt wurden (z.B. bei den Regierungsratswahlen 2000 und 2004 jeweils 11 nichtamtliche Stimmzettel mit unterschiedlichsten Kombinationen von Kandidatinnen und Kandidaten), was zu Verunsicherung und Verwirrung führte. Nach jahrelangen Diskussionen fand man dann schliesslich zur Lösung mit dem Stimmzettel zum Ankreuzen, die für Majorzwahlen auf allen staatlichen Ebenen gilt. Sie gelangte inzwischen auf kantonaler Ebene bei zwei Gesamterneuerungswahlen der Regierung und der Ständeräte sowie bei einer Ersatzwahl in die Regierung zur Anwendung. Sie setzt voraus, dass vergleichbar mit den Nationalratswahlen, ein Anmeldeverfahren für die kandidierenden Personen vorgeschaltet wird. In St. Gallen sind die sog. Wahlvorschläge 9 Wochen vor den Wahlen, unterzeichnet von mindestens 15 Stimmberechtigten, bei der zuständigen kantonalen Behörde einzureichen. Die gültig vorgeschlagenen Personen werden dann auf dem Stimmzettel in alphabethischer Reihenfolge, die bisherigen Kandidierenden zuerst, aufgeführt. Dieser enthält weiter leere Linien in der Zahl der zu vergebenden Sitze. Dort können weitere wählbare Personen handschriftlich aufgeführt werden. Bei jedem Namen und jeder leeren Linie befindet sich ein Kästchen zum Ankreuzen. Erst mit dem Ankreuzen eines Kästchens wird gültig eine Stimme abgegeben. Werden mehr Namen angekreuzt als Sitze zu vergeben sind, wird der ganze Stimmzettel ungültig.

Die Regierung anerkennt gewisse Vorzüge der St. Galler-Lösung, wie sie im Auftrag näher ausgeführt werden. Trotzdem stellt sich die Frage, ob für Graubünden wirklich ein Änderungsbedarf besteht. Das geltende Verfahren für die Regierungs- und Ständeratswahlen ist bei der Wählerschaft und den Behörden gut eingeführt und funktioniert ohne erkennbare Probleme. Für die St. Galler-Lösung müsste ein Anmeldeverfahren geschaffen werden, das bei Behörden und Parteien neuen administrativen Aufwand verursachen würde. Geändert werden müsste zudem das Format der Stimmzettel von heute A6 auf A5 (Ständeratswahlen) bzw. A4 (Regierungsratswahlen), was mit zusätzlichen Druckkosten und bei den Gemeinden mit einem Mehraufwand beim Verpacken verbunden wäre. Weiter hätte sich die Wählerschaft mit einem zusätzlichen Verfahren auseinander zu setzen. Schliesslich muss man sich auch fragen, ob diese Änderung vor dem Hintergrund der laufenden Bemühungen, in einigen Jahren auch der inländischen Stimmbürgerschaft das elektronische Abstimmen und Wählen zu ermöglichen, Sinn macht. Die Zukunft wird dem Vote électronique gehören. Dem neuen Verfahren käme also voraussichtlich nur für eine relativ kurze Dauer  eine grössere Bedeutung zu. Die Regierung beantragt dem Grossen Rat, den Auftrag abzulehnen.

22. Oktober 2012