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Session: 06.12.2012
Voraussichtlich wird der Sennhof 2018 leer. Auch wenn das neue Gefängnis in Realta noch nicht gebaut ist, hat die Stadt Chur (SO, 3. Dez. 2012, S. 1 und 3), wie auch Kulturschaffende aus Chur (z.B.: das Gemeinschaftsatelier SommerHAUPTquartier in der Stadtgalerie Chur, im August 2012) schon lange Interesse an diesem Gebäude angekündigt.

Der Sennhof könnte längerfristig das Bedürfnis nach einem vielfältigen Kulturzentrum endlich stillen. Er würde das Angebot an kulturell nutzbaren Räumen erweitern, kann ein Gegengewicht zur Verdrängung der Kultur in die Peripherie darstellen und wirkt zudem belebend. Wenn mehrere Nutzer Räumlichkeiten gemeinsam nutzen, können kreative Plattformen und eine fruchtbare Zusammenarbeit entstehen.

Wir warten schon lange auf ein zeitgemässes Kulturzentrum, nicht nur für Chur, sondern auch für ein weitaus grösseres Einzugsgebiet. Im Sennhof können Ateliers und auch lärmgedämmte Proberäume, sowie Veranstaltungsräume realisiert werden. Zudem hat es im Inneren des Gebäudes eine grosse Küche mit Kantine, sowie eine Werkstatt; also beste Infrastruktur für Gäste und Kulturschaffende.

Im Sennhof könnten verschiedene Theater, Konzerte, Lesungen, Vernissagen und Ausstellungen stattfinden. Aber auch im Inneren des Gebäudes könnte z.B. ein Kulturkino Platz oder eine Jugendherberge Platz finden. Der „lange Samstag“, der jeweils im November stattfindet, beweist, wie hoch das kulturelle Potenzial in unserer Hauptstadt ist und wie viele BündnerInnen von diesem Angebot profitieren. Aber auch der „lange Samstag“ hat ein Platzproblem. Der Sennhof kann dieses Platzproblem, nicht nur für den „langen Samstag", sondern während des ganzen Jahres lösen.

Der Sennhof soll deshalb dem Bündner Volk gehören, und nicht einfach an den Meistbietenden verkauft werden. Wenn wir wollen, dass Graubünden weiterhin attraktiv bleibt, auch für junge Menschen und für potenzielle KonsumentInnen, dann müssen wir sofort in unsere Kulturwirtschaft investieren oder diese zumindest unterstützen.

1. Kann sich die Regierung vorstellen, den Sennhof den Bündner Kulturschaffenden zur Verfügung zu stellen oder zu vermieten?

2. Wäre die Regierung bereit, diese Räumlichkeiten beispielsweise einer Genossenschaft bestehend aus Kulturschaffenden zum Selbstkostenpreis zu überlassen?

3. Ist die Regierung gewillt mit der Stadt Chur zusammen eine kulturelle Umnutzung zu ermöglichen?

Chur, 6. Dezember 2012

Michel (Igis), Marti, Bucher-Brini, Bezzola (Samedan), Blumenthal, Brandenburger, Casutt, Darms-Landolt, Dermont, Frigg-Walt, Gartmann-Albin, Jaag, Jenny, Kappeler, Kleis-Kümin, Kollegger (Chur), Locher Benguerel, Meyer-Grass, Müller (Davos Platz), Noi-Togni, Pult, Stiffler (Chur), Thöny, Wieland, Deplazes, Monigatti, Patt

Antwort der Regierung

Der Bau einer geschlossenen Straf- und Massnahmenvollzugsanstalt in Realta, Gemeinde Cazis, bildet eine Massnahme des Entwicklungsschwerpunkts "Strafvollzug" gemäss Regierungsprogramm 2013-2016. Mit Beschluss vom 29. Januar 2013 hat deshalb die Regierung gestützt auf einen Strategiebericht für den Strafvollzug das kantonale Hochbauamt mit der Durchführung eines Planungswettbewerbs für eine geschlossene Justizvollzugsanstalt (JVA) mit 150 Insassenplätzen beauftragt. Mit der Konzentration des Strafvollzugs am Standort Realta sollen die heute unbefriedigende Vollzugssituation im Sennhof gelöst und der ausgewiesene Bedarf an zusätzlich benötigten Gefängnisplätzen im Ostschweizer Strafvollzugskonkordat gedeckt werden. Es ist vorgesehen, das Geschäft dem Grossen Rat im 2014 zur abschliessenden Genehmigung zu unterbreiten.

Bei einer Realisierung der neuen JVA in Realta müssen die Gebäulichkeiten des Sennhofs als Vollzugsanstalt aufgegeben werden. Gemäss heutiger Beurteilung können die spezifisch für den Anstaltsbetrieb konzipierten Räume für keine andere Verwaltungstätigkeit verwendet werden und sollen deshalb zur Entlastung des Kantonshaushalts auf den Markt gebracht werden.

Finanzrechtlich stellt die Aufgabe des Sennhofs als Strafanstalt eine Entwidmung von Verwaltungsvermögen dar. Der vom Justizvollzugsgesetz für diese Immobilie zugedachte Verwendungszweck wird dann nicht mehr gegeben sein. Folglich ist die Liegenschaft vom Verwaltungsvermögen ins Finanzvermögen zu überführen. Vermögenswerte des Finanzvermögens müssen ohne Beeinträchtigung der Erfüllung öffentlicher Aufgaben grundsätzlich jederzeit veräussert werden können. Sie hätten bei einem Verbleib im kantonalen Anlageportefeuille eine kostendeckende und marktübliche Verzinsung aufzuweisen. Ein freiwilliger Einnahmeverzicht, beispielsweise in Form einer ganz oder teilweise erlassenen Miete, würde demgegenüber finanzrechtlich eine Ausgabe bedeuten und eine entsprechende Rechtsgrundlage voraussetzen.

Die konkreten Fragen können wie folgt beantwortet werden:

1. Zur Evaluation der künftigen Nutzung des Sennhofs soll parallel zum Planungswettbewerb für den Anstaltsneubau in Realta ein Ideen- bzw. Investorenwettbewerb dienen. Nebst baulichen Kriterien wie Realisierbarkeit im geschützten Bestand oder Nutzungsintensität werden bei einer Vergabe insbesondere Wirtschaftlichkeitsaspekte entsprechend den finanzrechtlichen Vorgaben mitzuberücksichtigen sein. Ob die Liegenschaft letztlich an Dritte verkauft, vermietet oder im Baurecht abgegeben wird, soll das wettbewerbliche Verfahren weisen. Dabei ist auch eine Vermietung an Kulturschaffende nicht ausgeschlossen. Im Sinne einer Gesamtauslegung werden in der zu erarbeitenden Botschaft an den Grossen Rat neben dem Neubauprojekt ebenfalls die künftige Verwendung und die Ertragsmöglichkeiten des Sennhofareals aufzuzeigen sein.

2. Die Abgabe kantonaler Liegenschaften hat zu marktüblichen Werten zu erfolgen. Um den Verkehrswert dieser sehr speziellen Liegenschaft überhaupt ermitteln zu können, ist die Durchführung eines wettbewerblichen Verfahrens geradezu geboten. Die Überlassung einer Liegenschaft unter den Selbstkosten bzw. dem Marktwert an eine kulturelle Institution würde einen Einnahmeverzicht darstellen, wofür dem Kanton die gesetzliche Grundlage fehlt. Dagegen können auf Grundlage des Kulturförderungsgesetzes kulturelle Institutionen subsidiär zu den Leistungen von Privaten und Gemeinden mit Kantonsbeiträgen unterstützt werden, sofern die entsprechenden Förderkriterien erfüllt sind.

3. Hinsichtlich der weiteren Verwendung der Liegenschaft wird der Kanton wie üblich die Standortgemeinde in den Findungsprozess miteinbeziehen. Bei einem allfälligen Interesse der Stadt Chur an einer Übernahme des Sennhofs als Kulturzentrum werden die Vorgaben der Finanzhaushaltsgesetzgebung sowie der Grundsatz der Subsidiarität im Kulturförderungsbereich zu beachten sein.

13. März 2013