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Session: 22.10.2013
Ausgangslage

Gestützt auf Artikel 4 des Einführungsgesetzes zur Ausländer- und Asylgesetzgebung des Bundes (EGzAAG; BR 618.100) kann die Regierung die Gemeinden verpflichten, Asylsuchende, vorläufig Aufgenommene und Schutzbedürftige nach Massgabe ihrer Bevölkerungszahl aufzunehmen.

Dabei wurde den betroffenen Gemeinden das Versprechen abgegeben, dass sie durch diese Zusatzaufgabe finanziell nicht belastet werden. Wie aus den untenstehenden Ausführungen zur Reform des FA ersichtlich, hat der Kanton dieses Versprechen jedoch nicht eingehalten: Der Kanton kann eigene Unterbringungszentren, sowie Strukturen zur Ausrichtung von Nothilfe führen. Die Regierung gewährt bei übermässigen finanziellen Belastungen einzelner Gemeinden durch die Wahl der Unterbringung einen finanziellen Ausgleich. Der subsidiäre Ausgleich kommt nur zum Tragen, wenn die Belastungen nicht anderweitig – z.B. durch den Finanz- und Lastenausgleich – abgedeckt werden. Gestützt auf Art. 37 der Verordnung zum EGzAAG gelten die Belastungen dann als übermässig, wenn die notwendigen Ausgaben der Gemeinden in den jeweiligen Bereichen eine Erhöhung von mindestens 10% zur Folge haben. Dabei werden höchstens ¾ der Belastungen ausgeglichen. Zudem stimmt auch die damalige Antwort der Regierung auf den Auftrag Zweifel-Disch nicht mehr mit dem entsprechenden Finanzierungsvorschlag in der Botschaft zur Reform des FA überein. Die versprochenen Zusatzzahlungen für den Unterricht an fremdsprachigen Kindern werden laut Botschaft durch die Kürzung der Regelschulpauschale von 20% auf 14% kompensiert. Dies führt in keiner Art und Weise zu einer Entlastung der betroffenen Gemeinden.

Mit der Beschwerde in Laax und den zu erwartenden Neuzuzügern im Flüchtlingsbereich hat sich die Situation dahingehend geändert, dass der Kanton, entgegen mehrfach gemachten Zusicherungen, erneut auf ein bereits geschlossenes Transitzentrum in Davos zurückgreifen muss. Dieses wurde zwischenzeitlich an die Gemeinde Davos untervermietet, da diese den Wohnraum für anerkannte Flüchtlinge benötigt.

Wie aus der Antwort der Regierung auf die Anfrage nach einem Individuellen Lastenausgleich für Gemeinden mit Transitzentren hervorgeht, deckt der Ressourcenausgleich diese Gesamtlasten nicht ganzheitlich ab. So fallen die Kosten derjenigen Menschen, die vom Bund den Flüchtlingsstatus erhalten haben, vollumfänglich bei den Gemeinden an. Vor diesem Hintergrund ist davon auszugehen, dass sich die Gemeinden, bei der Beibehaltung der geltenden Rahmenbedingungen, künftig vehement gegen die Schaffung von Transitzentren wehren werden.

Dieses Ungleichgewicht kann nicht sein und ist auch für den Kanton längerfristig nicht zielführend. Im Sinne des ursprünglich abgegebenen Versprechens erachten es die Unterzeichnenden als richtig und sinnvoll, dass der Kanton unabhängig von der Reform zum Finanzausgleich, beispielsweise im EGzAAG, gesetzliche Grundlagen schafft, um diese Zusatzlasten der betroffenen Gemeinden abzudecken.

Chur, 22. Oktober 2013

Mani-Heldstab, Dermont, Engler, Berther (Camischolas), Blumenthal, Brandenburger, Burkhardt, Caluori, Casanova-Maron, Casty, Casutt-Derungs Silvia, Fasani, Jeker, Jenny (Arosa), Joos, Kollegger (Malix), Märchy-Caduff, Marti, Michel (Davos Monstein), Niggli-Mathis (Grüsch), Parolini, Pedrini, Stiffler (Davos Platz), Troncana-Sauer, Valär, Zweifel-Disch, Felix (Scuol), Patt

Antwort der Regierung

In der Beantwortung der im Juni 2013 eingereichten Anfrage von Grossrätin Mani-Heldstab und Mitunterzeichnende betreffend individueller Härteausgleich für besondere Lasten für Gemeinden mit Transitzentren hat die Regierung festgehalten, dass den Gemeinden durch Asylsuchende und vorläufig Aufgenommene gewisse Kosten entstehen können. Die heutige kantonale Gesetzgebung hält diesbezüglich fest, dass ausschliesslich übermässige Mehrbelastungen durch ein Transitzentrum mittels Ausgleichszahlungen abgegolten werden können (Art. 4 Abs. 3 des Einführungsgesetzes zur Ausländer- und Asylgesetzgebung des Bundes, EGzAAG). Für die Schaffung eines anderen Gefässes sieht die Regierung zurzeit keine Veranlassung.

Am 19. Februar 2013 hat die Regierung beschlossen, den Standortgemeinden Cazis, Chur, Davos und Schluein sowie allfälligen weiteren Gemeinden mit Kollektivzentren zur Abdeckung gewisser Mehraufwendungen im Zusammenhang mit Asylzentren jährlich einen Pauschalbetrag von insgesamt maximal 100'000 Franken zu bezahlen, bis die Reform des Finanzausgleichs (FA-Reform) im Kanton Graubünden in Kraft tritt. Dieser Beitrag soll einen Teil der Mehrkosten abdecken und zugleich helfen, geeignete Kollektivunterkünfte für die Unterbringung von Asylsuchenden zu finden und dabei auch einer ausgewogenen Verteilung innerhalb des Kantons entsprechend Rechnung zu tragen. Dem Kanton ist es auch ein Anliegen, mit den Gemeinden einvernehmlich und kooperativ zusammenzuarbeiten, damit die Unterkünfte des Asylwesens weiterhin erfolgreich und ohne Friktionen betrieben werden können.

Durch den mit der FA-Reform im Kanton Graubünden geplanten Ressourcenausgleich wird die Problematik wesentlich entschärft. Dieser wird der besonderen Situation der Gemeinden mit überdurchschnittlich hohem Anteil an Personen im Asylprozess gebührend Rechnung tragen. Für die Einwohnerzahl einer Gemeinde wird die ständige Wohnbevölkerung massgebend sein. Seit 2010 zählen gemäss Bevölkerungsstatistik des Bundes nun auch Personen im Asylbereich dazu, sofern ihre Aufenthaltsdauer in der Schweiz mindestens zwölf Monate beträgt. Die vier Gemeinden werden dadurch nach Einführung der FA-Reform erheblich entlastet.

Anlässlich der Asylkonferenz am 21. Januar 2013 haben sich der Bund, die Kantone und Städte auf Eckwerte zur Neustrukturierung des Asylbereichs geeinigt und dazu eine gemeinsame Erklärung verabschiedet. Gemäss Folgemandat vom 26. Februar 2013 erhielt die Arbeitsgruppe Bund/Kantone den Auftrag, bis Ende 2013 auf Basis des Berichts der Arbeitsgruppe vom 21. November 2012 die Gesamtplanung der Neustrukturierung im Asylbereich auszuarbeiten und ein entsprechendes Umsetzungskonzept vorzuschlagen. Die Ergebnisse liegen zwischenzeitlich vor und werden in einem Folgebericht zusammengefasst, der an einer weiteren nationalen Asylkonferenz im ersten Quartal 2014 beraten und verabschiedet werden soll. Mit der Neustrukturierung des Asylbereiches sollen in erster Linie folgende Ziele erreicht werden: Die Asylverfahren sollen künftig rasch, aber weiterhin rechtsstaatlich korrekt durchgeführt werden. Schutzbedürftigen Personen wird weiterhin der notwendige Schutz gewährt und sie sollen rasch integriert werden. Die Unterbringungsstrukturen sollen auf Stufe Bund grossräumig und effizient organisiert werden und der Vollzug von Wegweisungsentscheiden soll konsequent erfolgen. Damit sollen der Bund, die Kantone und die Standortgemeinden wesentlich entlastet werden und die Asylsuchenden ihren Entscheid so rasch als möglich erhalten. Welche Auswirkungen diese Neustrukturierung des Asylwesens beziehungsweise deren Umsetzung auf den Kanton Graubünden haben wird, kann derzeit allerdings noch nicht abschliessend beurteilt werden. Diesbezüglich müssen die ersten Erfahrungen des Bundes mit dem Testzentrum in der Stadt Zürich und die konkreten Umsetzungsbeschlüsse der Neustrukturierung und deren Auswirkungen abgewartet werden.

Aufgrund dieser Tatsachen erachtet es die Regierung im Moment nicht als sinnvoll, unabhängig von der FA-Reform eine neue gesetzliche Grundlage zu schaffen, um heute nicht gedeckte Zusatzkosten der betroffenen Gemeinden abzudecken. Sobald die Erfahrungen mit dem Finanzausgleich im Kanton und der Neustrukturierung des Asylwesens in der Schweiz vorliegen und es sich zeigen sollte, dass die Gemeinden tatsächlich übermässig belastet sind, ist die Regierung bereit, entsprechend Lösungen zur allfälligen weiteren Entlastung von betroffenen Gemeinden zu prüfen.

In diesem Sinn ist die Regierung bereit, den Auftrag entgegenzunehmen.

16. Januar 2014