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Session: 03.12.2013
Sozialdienste und KESB verschiedener Kantone beauftragen mitunter private Firmen mit der Abklärung von oder der Mandatsführung bei schwierigen familiären Situationen. Insbesondere bei Fällen, in denen es um Kindesschutz geht, wird offenbar – nebst den regionalen Sozialdiensten oder der kantonalen Fachstelle für Kindesschutz – vermehrt auch auf private Organisationen zurückgegriffen. Mit ein Grund könnte die aufwändigen Abklärungen und Mandatsführungen bei Kindesschutzfällen und die beschränkten Ressourcen bei den KESB bzw. den Berufsbeistandschaften sein, die dazu führen, dass komplexe Fälle extern vergeben werden.

Die Situation scheint nicht ganz unproblematisch zu sein. Fragen nach der Legitimation zur Ausübung von Behördenfunktion mit Zwangscharakter, nach der Wahrung des Amtsgeheimnisses oder des Datenschutzes stellen sich beim Einsatz privater Anbieter.

Die Unterzeichnenden stellen der Regierung folgende Fragen:

1. Wie beurteilt die Regierung die oben genannte Entwicklung?

2. Werden im Kanton Graubünden auch private Anbieter mit Abklärungsaufträgen oder Mandatsführungen der KESB betraut?

3. Falls ja:
3.1. Was sind die Gründe dafür?
3.2. Welche Unterschiede bestehen, wenn Aufträge an einen staatlichen Sozialdienst oder an einen privaten Anbieter vergeben werden?
3.3. Wie wird die Aufsicht privater Anbieter geregelt?
3.4. Gibt es eine Bewilligungspflicht für private Anbieter?

4. Falls nein:
4.1. Genügen die personellen Ressourcen bei der KESB?
4.2. Welche Planungen bestehen, dass den Berufsbeistandschaften, die ab 2015 bzw. 2017 von den Regionen geführt werden müssen, genügend personelle Ressourcen zur Verfügung stellen?
4.3. Besteht die Absicht, private Anbieter in naher Zukunft einzusetzen? Aus welchen Gründen?

Chur, 3. Dezember 2013

Thöny, Baselgia-Brunner, Blumenthal, Brandenburger, Buchli-Mannhart, Dosch, Fontana, Frigg-Walt, Gartmann-Albin, Grass, Hitz-Rusch, Jaag, Joos, Kleis-Kümin, Kollegger (Malix), Locher-Benguerel, Mani-Heldstab, Märchy-Caduff, Müller (Davos Platz), Niederer, Noi-Togni, Papa, Peyer, Pfenninger, Pult, Tenchio, Tomaschett-Berther (Trun), Trepp, Valär, Deplazes, Hauser, Michel (Igis), Monigatti, Patt

Antwort der Regierung

Einleitend ist festzuhalten, dass nachfolgend zwischen der behördlichen Tätigkeit der Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde KESB (Abklärung, Entscheide, Aufsicht) und der Mandatsführung im Auftrag der KESB zu unterscheiden ist. Letztere erfolgt in der Regel durch Berufsbeistände (BB) oder private Mandatsträger (PriMas).

Die Regierung beantwortet die Fragen wie folgt:

Fragen 1 und 2: Die KESB erteilen keine Abklärungsaufträge an private Anbieter. Der Beizug von privaten Dienstleistern durch Berufsbeistandschaften kann in Einzelfällen vorkommen. Beispielsweise entstand im Jahr 2013 bei der Berufsbeistandschaft Prättigau/Davos ein personeller Engpass, der von ihr mit der Anstellung einer Mitarbeiterin einer auf Mandatsführung spezialisierten, privaten Organisation als "Springerin" gelöst wurde. In diesen Fällen werden diese Personen bei genügender Qualifikation von den KESB mit Mandatsführungen betraut.

Die Regierung beurteilt die Situation im Kanton Graubünden als unproblematisch und sieht keinen Handlungsbedarf.

Frage 3.1: Wie in der Antwort zu Frage 1 und 2 dargelegt, werden Mitarbeiter privater Organisationen nur ausnahmsweise bei personellen Engpässen durch die Berufsbeistandschaft angestellt und bei entsprechender Qualifikation durch die KESB mit Mandatsführungen betraut.

Frage 3.2: Es bestehen keine Unterschiede. Mandatsführungsaufträge werden nie einer Organisation erteilt, sondern immer einer natürlichen Person. Ausschlaggebend für eine Mandatserteilung ist, dass die Person für die vorgesehene Aufgabe persönlich und fachlich geeignet ist, die notwendige Zeit aufbringen kann und sie selbst wahrnimmt. Jede Person, welche mit einer Mandatsführung beauftragt wird, untersteht dem Amtsgeheimnis und den Vorschriften des Datenschutzes.

Frage 3.3: Alle mit einer Mandatsführung betrauten Personen unterstehen der Aufsicht durch die KESB, die ihnen auch Weisungen erteilen kann.

Frage 3.4: Es gibt keine Bewilligungspflicht für private Anbieter. Es werden allerdings auch keine Mandatsführungsaufträge an Firmen vergeben, sondern nur an natürliche Personen, die über die nötige Eignung verfügen müssen.

Frage 4.1: Der Personalbedarf bei den KESB für die Aufbau- und Umsetzungsphase wurde schweizweit und in Graubünden unterschätzt. Das Departement für Justiz, Sicherheit und Gesundheit hat darauf reagiert und ab 2014 bis Mitte 2016 durch Umlagerungen innerhalb des Departements zusätzliche Ressourcen im Umfang von 500 Stellenprozenten für alle fünf KESB bewilligt. Abschliessend kann die Frage erst nach der Aufbau- und Umsetzungsphase beantwortet werden. Dies gilt insbesondere auch hinsichtlich der neuen Aufgaben, die den KESB in der Zwischenzeit zusätzlich auferlegt wurden oder werden (Mitwirkung bei der Vermögensverwaltung und in der Zusammenarbeit mit Banken [VBVV], Revision der elterlichen Sorge).

Frage 4.2: Es ist eine regionale Aufgabe, die Berufsbeistandschaften zu betreiben und sicherzustellen, dass die für die sach- und zeitgerechte Aufgabenerfüllung notwendigen personellen Ressourcen vorhanden sind. Allgemein ist aufgrund der gesellschaftlichen Entwicklungen (Individualisierung, Zunahme von Demenzfällen etc.) mit einer Zunahme von Massnahmen im Kindes- und Erwachsenenschutz zu rechnen. Die zunehmend komplexen Verfahren können öfters nicht mehr von PriMas übernommen werden, sondern sind von BB zu führen.

Frage 4.3: Bei den KESB besteht keine Absicht, für ihre behördliche Tätigkeit private Dienstleister einzusetzen. Denkbar ist, dass eine Berufsbeistandschaft bei personellen Engpässen vorübergehend auf Personen als BB zurückgreift, die bei einem privaten Anbieter angestellt sind.

11. März 2014