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Session: 05.12.2013
In den letzten Wochen kam es im Puschlav - wie zuvor leider bereits im Misox - zu einer Reihe von Einbrüchen, welche für ein jähes Erwachen der direkt betroffenen Bevölkerung sorgte. Zusätzliche Besorgnis lösten bei den Bürgern des Puschlavs, des Bergells und des Oberengadins die Nachrichten aus dem nahe gelegenen Veltlin aus. In diesem Zusammenhang wird nachfolgend eine offizielle Mitteilung der italienischen Nachrichtenagentur ANSA (Agenzia Nazionale Stampa Associata italiana) der Provinz Sondrio vom 18. November 2013 in vollem Umfang zitiert:

Von Anfang September bis heute gab es im Veltlin und in der Valchiavenna insgesamt 371 Einbrüche in Privatwohnungen, Gewerbebetriebe, Bars und Unternehmen. Diese Zahl wurde heute im Verlauf der Sitzung des Sicherheitsausschusses genannt, welche durch den Präfekten von Sondrio, Carmelo Casabona, einberufen worden war, um auf die Diebstahlserie in der nördlich der Lombardei gelegenen Provinz zu reagieren. Bei den Tätern handelt es sich hauptsächlich um osteuropäische Banden aus dem Mailänder Hinterland. Diese Anzahl Delikte umfasst nur die der Polizei gemeldeten Fälle. Es wird davon ausgegangen, dass die Zahl der tatsächlichen Straftaten höher liegt. "Polizei, Carabinieri, Finanzpolizei, Gemeinde- und auch Forstpolizei werden in einer synergetischen Aktion ein noch stärkeres Engagement gewährleisten", sichert Casabona zu. "Sofern noch nicht vorhanden, werden wir in diesen Gebieten auch Videoüberwachungssysteme installieren. Daneben ist es aber auch wichtig, dass die Bewohner der Täler ihre Gewohnheiten ändern. Vielfach wird der Haustürschlüssel noch immer unter der Fussmatte versteckt und erhebliche Geldmengen unter der Matratze deponiert". "Darüber hinaus müssen verdächtige Fahrzeuge oder Personen umgehend den Sicherheitskräften gemeldet werden", so der Präfekt nach Abschluss des Gipfeltreffens, bei dem auch einige Bürgermeister und die Richterin Elvira Antonelli anwesend waren. Die Einwohner selbst müssen wachsam sein."

Sowohl die Antwort des Eidgenössischen Finanzdepartements auf die Frage von Nationalrat Martin Candinas vom 2. Dezember, als auch die Antwort der Regierung des Kantons Graubünden vom 4. Dezember auf die Frage von Grossrat Ilario Bondolfi zu diesem Thema bestätigen den tendenziellen Anstieg der Kleinkriminalität in vielen Schweizer Grenzgebieten. Umso unverständlicher erscheint vor diesem Hintergrund die Entscheidung der Eidgenössischen Zollverwaltung, den Zollübergang Campocologno infolge des Inkrafttretens des sogenannten Projekts "Grischa" ab März nächsten Jahres herabzustufen – eine Entscheidung, die wohl als Anstoss für den zukünftigen Personalabbau an den Grenzübergängen Castasegna, Martina und Müstair zu deuten ist.

Ziel des Projekts "Grischa" sei es, alle Beamten in Samedan zusammenzuziehen, um die Grenzgebiete durch punktuelle und gezielte Kontrollen mit mobilen Patrouillen zu überwachen. Hier liegt die Frage nahe, ob die Initianten des Projekts "Grischa" wirklich die morphologischen Gegebenheiten, vor allem im Winter, des zu überwachenden Gebietes kennen, eines Gebietes mit Alpenpässen wie dem Bernina-, dem Maloja- und dem Ofenpass, welches wohl nur auf Landkarten eben und leicht zugänglich erscheint.

In diesem Zusammenhang ergibt sich die Dringlichkeit, das schon lange bestehende Problem des zu tiefen Personalbestandes bei der Kantonspolizei im Puschlav zu lösen, welche als Sicherheitspuffer auch gegenüber dem reichen Oberengadin fungiert.

Deshalb stellen wir der Regierung die folgenden Fragen:

1. Unterstützt die Regierung das Projekt "Grischa" bedingungslos oder beabsichtigt sie, sich ihm entgegenzustellen?

2. Wird das Projekt "Grischa" auch praktische Auswirkungen auf die Strategien zur Überwachung des Gebiets durch die Kantonspolizei haben?

3. Wann gedenkt die Regierung im Puschlav die siebte Stelle zu besetzen, welche der Polizei vor Ort bereits zu lange fehlt? Wir bitten um eine klare, präzise und unmissverständliche Aussage.

4. Besteht die Absicht, in Südbünden den in relativ ruhigen Zeiten (wie in den letzten Jahren) de facto vorgesehenen Personalbestand vor Ort aufzustocken, um auf die Nachrichten aus Norditalien, welche klar und unmissverständlich auf einen starken Anstieg der Kleinkriminalität hinweisen, zu reagieren?

Chur, 5. Dezember 2013

Della Vedova, Heiz, Monigatti, Aebli, Baselgia-Brunner, Bezzola (Samedan), Bleiker, Bondolfi, Bucher-Brini, Burkhardt, Clalüna, Conrad, Fasani, Felix, Fontana, Frigg-Walt, Gartmann-Albin, Hardegger, Hartmann (Champfèr), Jaag, Kollegger (Chur), Michael (Castasegna), Montalta, Noi-Togni, Papa, Parolini, Pedrini, Peyer, Pfenninger, Pult, Righetti, Rosa, Tenchio, Troncana-Sauer, Deplazes, Michel (Igis)

Antwort der Regierung

Durch die Aufhebung der Grenzkontrollen im Schengen-Raum hat der Kriminaltourismus schweizweit zugenommen. Insbesondere sind mehr Vermögensstraftaten beziehungsweise Einbruchdiebstähle zu verzeichnen. Die Deliktskategorie des Einbruchdiebstahls ist ein wichtiger Indikator für die objektive Sicherheitslage. Sie hat darüber hinaus auch einen erheblichen Einfluss auf das subjektive Sicherheitsempfinden der Bevölkerung. Im gesamten Kanton waren im Jahre 2012 738 Einbruchdiebstähle zu verzeichnen. Im Jahr 2013 muss - die definitive Statistik liegt noch nicht vor - mit einer Deliktszahl von deutlich über 800 gerechnet werden. Im Valposchiavo waren im Jahre 2012 7 Einbruchdiebstähle (= 1%) zu vermelden. Im Jahr 2013 waren es 15 (= 2%). Die Verdoppelung der Deliktszahl hat fraglos das Sicherheitsempfinden im Tal stark beeinflusst. Insgesamt blieben die Straftaten im Bereich des StGB im Valposchiavo in den Jahren 2012 und 2013 indessen unverändert.

Ausgehend von diesen grundsätzlichen Ausführungen zur Sicherheitslage im Valposchiavo beantwortet die Regierung die Fragen wie folgt:

1. Mit dem Projekt GRISCHA setzt sich das Grenzwachtkorps (GWK) zum Ziel, in Graubünden bei einem gleich bleibenden Soll-Bestand durch eine Reduktion und Flexibilisierung der Abfertigungs- und Dienstleistungszeiten vermehrt Kräfte für mobile Einsätze freizusetzen. Kontrollen können zeitlich flexibel, lagegerecht, aber auch überraschend auf dem Grenzübergang oder im Grenzraum erfolgen. Dem GWK geht es mit dieser Reorganisation darum, die bestehende Aufstellung an die neuen Risiken anzupassen. Solche Anpassungen sind auch bei der Kantonspolizei Graubünden im Hinblick auf eine grössere Flexibilität erfolgt. Ausgehend davon besteht für die Regierung derzeit keine Veranlassung, sich dem Projekt entgegenzustellen.

2. Die enge Zusammenarbeit der Kantonspolizei mit dem GWK und dem benachbarten Ausland bleibt auch nach Umsetzung des Projekts GRISCHA ein zentraler Faktor bei der Bekämpfung des Kriminaltourismus. Im Rahmen dieser Zusammenarbeit werden die Kantonspolizei und das Grenzwachtkorps ihre Tätigkeit insbesondere im Bereich der Patrouillentätigkeit in der Grenzregion wie bis anhin koordinieren.

3. Per 1. Oktober 2014 werden voraussichtlich 18 Polizeiaspirantinnen und Polizeiaspiranten, die derzeit die Polizeischule absolvieren, in das Korps der Kantonspolizei aufgenommen. Auf diesen Zeitpunkt hin wird das Kommando der Kantonspolizei auch darüber entscheiden, ob die freie Stelle auf dem Polizeiposten Poschiavo besetzt wird. Derzeit sind - nebst dem Polizeiposten Poschiavo - verschiedene andere Polizeidienststellen unterdotiert. Der Soll-Bestand steht indessen nicht im Vordergrund. Entscheidend ist primär der Umfang der zu bewältigenden polizeilichen Aufgaben. So ist beim Einsatz der neuen Kräfte letztlich der Sicherheitslage aller Regionen des Kantons angemessen Rechnung zu tragen. Um sicherheits- und kriminalpolizeiliche Schwerpunkte bilden zu können, ist die Kantonspolizei dabei bestrebt, den Einsatz der Mitarbeitenden flexibel auf die Bedürfnisse auszurichten.

4. Die Kantonspolizei hat aufgrund der gestiegenen Zahl von Einbruchdelikten im Frühling 2013 ihre Einsatzschwerpunkte vermehrt auf die sicherheits- und kriminalpolizeilichen Tätigkeiten verlagert. Auf dem ganzen Kantonsgebiet wurde, soweit personell möglich, die Kontrolltätigkeit intensiviert. Zudem wurden verschiedene Aktionen gestartet. So wurden beispielsweise im Misox gezielt sicherheits- und kriminalpolizeiliche Kontrollen am Abend und in der Nacht durchgeführt und die allgemeine Polizeipräsenz im Tal erhöht. Mit solchen Schwerpunktbildungen ist auch im Valposchiavo zu rechnen, wenn es zu einem drastischen Anstieg der Kriminalität kommen sollte. Vom Departement für Justiz, Sicherheit und Gesundheit wird derzeit der Einsatz von speziellen mobilen Einsatzgruppen geprüft, die flexibel und vom polizeilichen Alltag losgelöst auf dem ganzen Kantonsgebiet eingesetzt werden könnten.

11. März 2014