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Session: 13.06.2014
In Zusammenhang mit den Öffnungszeiten des Outlet-Zentrums in Landquart hat das Bundesgericht vor Kurzem entschieden, dass eine Öffnung der Geschäfte am Sonntag unzulässig, sprich gesetzeswidrig ist. Der Sonderbewilligung fehlt nach dem Bundesgerichtsentscheid die Rechtsgrundlage. Der Kanton dürfte nur einmalig eine dreimonatige Frist bewilligen und hat dies ignoriert (Verordnung 1 zum Arbeitsgesetz, Art. 40).

Das SECO hat auf eine entsprechende Medienanfrage verlauten lassen, dass eine Ausnahmebewilligung wohl kaum erteilt werde, weil nicht ersichtlich sei, weshalb Sonntagsöffnungszeiten aufgrund der angebotenen Waren notwendig seien.

Trotz klarer Rechtslage weigert sich das zuständige Departement, dem Entscheid des Bundesgerichtes nachzukommen und einen gesetzeskonformen Zustand zu veranlassen.

Die Unterzeichnenden stellen folgende Fragen:

1. Wie gedenkt die Bündner Regierung mit Urteilen der höchsten Schweizer Gerichtsbarkeit umzugehen?

2. Inwiefern können Bündner Bürgerinnen und Bürger davon ausgehen, dass die rechtsstaatlichen Prinzipien auch in unserem Kanton gelten?

3. Trifft es zu, dass in Graubünden vor dem Gesetz sowohl juristische als auch natürliche Personen gleich gestellt sind, und falls ja, wer sorgt mit welchen Mitteln dafür, dass diese Rechtsgleichheit angewandt wird?

4. Ab wann darf damit gerechnet werden, dass der Bundesgerichtsentscheid betreffend Outlet Landquart umgesetzt ist?

Chur, 13. Juni 2014

Peyer, Baselgia-Brunner, Bucher-Brini, Frigg-Walt, Gartmann-Albin, Jaag, Locher Benguerel, Müller (Davos Platz), Noi-Togni, Pfenninger, Thöny, Trepp, Deplazes, Hensel, Monigatti

Antwort der Regierung

1. In Anerkennung des schweizerischen Rechtsstaats und in Beachtung der Vollstreckungsverpflichtung der Kantone gemäss Art. 70 des Bundesgesetzes über das Bundesgericht vollzieht die Bündner Regierung Entscheide des Bundesgerichts.

2. Der Kanton und seine Behörden halten sich an die rechtsstaatlichen Prinzipien. Ihre Entscheide unterliegen einer unabhängigen Überprüfung durch kantonale und eidgenössische Gerichte.

3. Die Rechtsgleichheit ist ein bundesverfassungsmässiges Recht gemäss Art. 8 der Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, dem umfassende Geltung zukommt und an das sich der Kanton und seine Behörden halten. Die Überprüfung seiner Einhaltung obliegt im Streitfall den unabhängigen kantonalen und eidgenössischen Gerichten.

4. Vorliegend hat das Bundesgericht lediglich festgestellt, dass der Ort, in welchem das Designer Outlet (DO) liegt, aufgrund von Art. 25 der Verordnung 2 zum Arbeitsgesetz kein Fremdenverkehrsgebiet ist. Es ergibt sich daraus keine Verpflichtung zur sofortigen Schliessung am Sonntag. Vielmehr geht es nun darum, unter Wahrnehmung der volkswirtschaftlichen Verantwortung verträgliche Lösungen zu finden.
Im DO arbeiten rund 365 Beschäftige im Rahmen von rund 200 Vollzeitäquivalenten. Um die 100 Personen arbeiten sonntags. Am Sonntag erzielt das DO rund 30 % des Umsatzes. Die Entwicklung des DO ist erfreulich, rund 80 % der Shops sind vermietet. Mittlerweile haben sich viele grosse Brands, die auf die kleineren Brands eine (existenzielle) Sogwirkung ausüben, angesiedelt. Bei einer sofortigen Schliessung am Sonntag wird die Existenz des DO erheblich gefährdet. Es stehen 365 Arbeitsplätze sowie Investitionen in dreistelliger Millionenhöhe auf dem Spiel. Zudem kann eine langfristige Brache entstehen, da sich eine anderweitige Nutzung des Geländes überaus schwierig und kostenintensiv gestaltet.
Weiter ist darauf hinzuweisen, dass auf Bundesebene ein wichtiger politischer Prozess im Hinblick auf das DO im Gange ist. Der Bundesrat wurde im Rahmen der Motion Abate „Stärkung des Schweizer Tourismus. Anpassung der Verordnung 2 zum Arbeitsgesetz an die Bedürfnisse des Fremdenverkehrs“ vom Ständerat mit 24:11 und vom Nationalrat mit 121:56 Stimmen beauftragt, die arbeitsrechtliche Sonderbestimmung in der erwähnten bundesrätlichen Verordnung anzupassen, um den Erfordernissen und Bedürfnissen eines modernen Tourismus nachzukommen. Die bisherige Bestimmung – auf die sich auch das Bundesgericht in seinem Entscheid stützt – entspricht gemäss Parlament und Bundesrat den heutigen Realitäten nicht mehr. Gemäss der Motion, welche bereits im März 2013 (auch auf Antrag des Bundesrats) angenommen und überwiesen wurde, bestehen politisch Aussichten, dass das DO in absehbarer Zeit sonntags bewilligungsfrei Arbeitnehmende beschäftigen darf.

In Berücksichtigung dieser Umstände ist es geboten, mögliche Lösungen nicht zu verhindern und damit insbesondere gegen 400 Arbeitsplätze zu gefährden. Die Tessiner Regierung geht in der Sache Fox Town im Übrigen gleich vor. Im Gegensatz zur Bündner Regierung kann die Tessiner Regierung mit der Unterstützung der Unia rechnen.

28. August 2014