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Session: 29.08.2014
Gemäss verschiedenen Medienmitteilungen planen deutsche Fernbusbetreiber fahrplanmässige Kurse von / nach und durch Graubünden auf der Strecke München - Chur - Bellinzona - Lugano - Mailand und umgekehrt.

Auffallend dabei sind die tiefen Ticketpreise, die deutlich unter den Angeboten der Bahn oder von Postauto Graubünden liegen. Gerade im letzteren Fall ist festzuhalten, dass der Bus wie auch der Treibstoff für die Fernbusbetreiber nicht wesentlich günstiger sein dürften als beispielsweise für die Postauto AG.

Somit stellt sich die Frage, mit welchen Mitteln die Fernbusbetreiber trotz gewinnorientiertem Betrieb ihre wesentlich tieferen Preise erzielen.

Gemäss einem Bericht in den „Tagesthemen“ der ARD vom 24. August 2014 verstossen zahlreiche Fernbusbetreiber gegen gesetzliche Vorschriften. Zudem werden gemäss diesem Bericht die Chauffeure teilweise massiv unter Druck gesetzt, beispielsweise die maximalen Lenkzeiten und die Ruhezeitvorschriften bewusst zu missachten. Der ARD-Bericht kommt zum Schluss, dass häufigere Kontrollen alleine wohl nicht genügten, sondern auch die Preise steigen müssten.

Gemäss den Plänen von Fernbusbetreibern sind zudem auf der Linie München – Chur – Milano Zwischenhalte geplant. In Chur stellt Postauto Graubünden das Postautodeck offiziell als Haltestelle zur Verfügung. Die Fernbusbetreiber aus Deutschland unterliegen jedoch einem Kabotage-Verbot, d. h. sie dürfen bei einem Start München oder Milano in der Schweiz keine Fahrgäste mit Fahrtziel in der Schweiz zusteigen lassen.

Das Bundesamt für Verkehr BAV hat zudem am 10. Juli 2014 im Rahmen eines Strategiepapiers eine „Vision 2030“ veröffentlicht. Darin heisst es unter anderem (S. 16 und S. 22), dass „verbesserte Rahmenbedingungen für die grenzüberschreitenden Busfernverkehre“ geschaffen werden sollen und „eine Politik internationaler Busverkehr“ zu entwickeln sei.

Die Unterzeichnenden fragen die Regierung Folgendes an:

• Wer, wann, wo und wie oft kontrolliert bei Fernbusbetreibern, die in Graubünden tätig sind oder Graubünden durchqueren, die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften betreffend Lenkzeiten, Ruhezeiten, Pausen?

• Mit welchen finanziellen Einbussen bei Postauto rechnet der Kanton auf der Strecke Chur - Bellinzona durch die neue Konkurrenz? Ist davon auszugehen, dass die vom Kanton zu zahlenden Abgeltungsbeiträge steigen werden?

• Wie beurteilt die Regierung die vorstehend erwähnten Absicht des Bundesamtes für Verkehr BAV in Bezug auf den Busfernverkehr, insbesondere betreffend Fahrplanstabilität, Sicherheit, Konkurrenzsituation und Marktfähigkeit von Fernbusbetrieben?

Chur, 29. August 2014

Peyer, Caviezel (Chur), Atanes, Baselgia-Brunner, Bucher-Brini, Cahenzli-Philipp, Deplazes, Gartmann-Albin, Jaag, Locher Benguerel, Monigatti, Noi-Togni, Perl, Pfenninger, Pult, Thöny, von Ballmoos

Antwort der Regierung

1. Die Kantonspolizei Graubünden ist als Vollzugsstelle für die Einhaltung der Vorschriften betreffend Lenk- und Ruhezeiten sowie Pausen der Chauffeure zuständig. Zusammen mit der Genehmigung für den Linienbusbetrieb hat der Betreiber der Fernbuslinie die Antragsunterlagen (Dienstpläne) über das Bundesamt für Verkehr (BAV) dem Amt für Energie und Verkehr Graubünden (AEV) einzureichen. Diese Unterlagen, insbesondere die Dienstpläne, werden durch die Kantonspolizei Graubünden (Schwerverkehrskontrollzentrum Unterrealta) geprüft. Die Einhaltung der entsprechenden Vorschriften wird bestätigt oder bei Nichteinhalten auf die korrekte Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen hingewiesen. Mit gezielten Kontrollen im Zentrum Unterrealta, aber auch mit mobilen Kontrollen, werden Gesellschaftswagen mehrmals pro Jahr stichprobenweise kontrolliert. Nebst diesen Arten von Kontrollen finden in den Betrieben der Busunternehmen auch in unregelmässigen Zeitabschnitten Betriebskontrollen statt. Die Kontrollen werden laufend, das heisst im Rahmen des polizeilichen Grundauftrags vollzogen. Dabei werden neben einer technischen Kontrolle des Fahrzeugs auch die Einhaltung der Lenk- und Ruhezeiten sowie Pausen und weitere gesetzliche Bestimmungen überprüft.

2. In der Schweiz gilt für internationale Busverbindungen ein Kabotageverbot, d.h. es dürfen keine Passagiere nur auf einer Teilstrecke mit Start und Ziel in der Schweiz befördert werden. Der Kanton Graubünden rechnet deshalb kaum mit Einbussen auf der Strecke Chur – Bellinzona, da die Busse nur Passagiere von/nach Milano transportieren dürfen. Die Transportkette Chur – Milano ist heute eher unattraktiv; dies aufgrund einer Verlängerung der Reisezeit und einer neuen Fahrplanlage seitens der SBB zwischen Bellinzona und Milano, welche seit diesem Sommer eine Umsteigezeit von rund 50 Minuten in Bellinzona zur Folge hat. Dank der neuen Fernbusverbindung erhalten die Kunden von und nach Graubünden wieder eine attraktive öV-Verbindung nach Milano. Allfällige geringe Einbussen bei den Passagieren, welche über Bellinzona nach Milano reisen (oder umgekehrt), dürften dadurch kompensiert werden, dass die grenzüberschreitenden Linienbusse zusätzliche Gäste nach Graubünden bringen, welche wiederum hier das öV-Netz frequentieren. Weder auf der Strecke Chur – Bellinzona noch insgesamt ist deshalb mit einer Zunahme der Abgeltungsbeiträge des Kantons aufgrund des neuen, grenzüberschreitenden Angebots zu rechnen. Die Regierung erachtet dieses Angebot als sinnvolle Ergänzung des übrigen öffentlichen Verkehrs und nicht als Konkurrenz und Gefahr.

3. Die Beispiele aus Deutschland zeigen, dass ein Marktpotenzial für Fernbusverbindungen existiert. Dies insbesondere dort, wo die Verbindungen mit der Bahn nicht den Kundenbedürfnissen entsprechen. In Bezug auf Graubünden betrifft dies nur die Verbindungen in die nahen Metropolen Milano und München. Ein attraktives Angebot im grenzüberschreitenden Linienbusverkehr liegt auch im Interesse des Kantons Graubünden. Mit ihm kann das übrige öV-Angebot sinnvoll ergänzt werden. Grenzüberschreitende Linienbusse erschliessen für den öV neue Kundensegmente - etwa Jugendliche oder Personen, die sonst mit dem Auto in die Ferien verreisen würden.

Die Regierung erachtet deshalb die Absichten des BAV, verbesserte Rahmenbedingungen für die grenzüberschreitenden Busfernverkehre zu schaffen, als sachgerecht und – zumindest für den Perimeter Graubünden – hinsichtlich der Konkurrenzierung des bestehenden Angebots insgesamt als unproblematisch. Zur Sicherheit bzw. Überwachung der Einhaltung der gesetzlichen Bestimmung kann auf das oben Gesagte verwiesen werden. Auf die Fahrplanstabilität sind keine Auswirkungen zu erwarten.

23. Oktober 2014