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Session: 10.02.2015
Im Rahmen des Nationalen Forschungsprogrammes NFP 61 werden u.a. Fragen der Zusammenarbeit von Gemeinden in Sachen Siedlungswasserwirtschaft angegangen. Es wird festgestellt, dass es zwischen Wasserversorgung und Abwasserentsorgung eine grosse Trennung gebe. In der Schweiz bestünden über 3000 Wasserversorgungsgesellschaften und rund 840 Abwasserreinigungsanlagen. Die Zahl zeigt, dass die beiden Systeme unterschiedlich organisiert sind.

Die kommunale Verantwortung für die Wasserversorgung sei Ausdruck der föderalen und dezentralen Organisation der Wasserwirtschaft. Es würden jedoch auch Schritte unternommen, um die gemeindeübergreifende Zusammenarbeit zu verstärken.

Die gemeindeeigenen Wasserversorgungen kooperierten untereinander je nach Bedarf und oft in einer Ad-hoc-Weise. Diese könnten sich den ständig wechselnden Bedürfnissen relativ gut anpassen, änderten aber grundsätzlich nichts an der sehr ungleichen Verteilung von Wassernutzungsrechten zwischen den Gemeinden.

Während einige Gemeinden über Quellen in anderen Gemeinden verfügten, würden andere Ressourcen wie Bäche und Quellen von mehreren Gemeinden gemeinsam verwaltet. Nicht alle Gemeinden verfügten über Wasser, viele Gemeinden kauften Wasser von anderen Gemeinden. Der Preis für Trinkwasser sei relativ niedrig, es bestünde aber eine grosse Variabilität zwischen den Gemeinden. Die Gemeinden berechneten den Wasserpreis teilweise recht unterschiedlich, was einen direkten Vergleich der Preise und Kosten schwierig mache.

Die Unterzeichnenden stellen folgende Fragen:

1. Wie viele Wasserversorgungsträgerschaften und wie viele Abwasserreinigungsträgerschaften gibt es in Graubünden?

2. Wie viele dieser Trägerschaften sind öffentlich-rechtlicher und wie viele privatrechtlicher Natur?

3. Wie viele Wasserversorgungen gibt es in Graubünden, die Trinkwasser
a) von Gemeinden ausserhalb ihres Versorgungsgebietes
b) von Privaten
kaufen (müssen)?

4. Falls es solche Gemeinden gibt, wie beurteilt die Regierung diese Situation?

Chur, 10. Februar 2015

Thöny, Zanetti, Alig, Atanes, Baselgia-Brunner, Brandenburger, Bucher-Brini, Cahenzli-Philipp, Caluori, Casanova (Ilanz), Caviezel (Chur), Deplazes, Dosch, Felix (Scuol), Gartmann-Albin, Jaag, Locher Benguerel, Marti, Mathis, Monigatti, Nay, Niederer, Noi-Togni, Perl, Peyer, Pfenninger, Pult, Thomann-Frank, Lauber

Antwort der Regierung

Für die Nutzung der öffentlichen Gewässer, welche über den sogenannten Gemeingebrauch hinausgeht, ist eine Konzession erforderlich. Da die Gewässerhoheit in Graubünden den Gemeinden zusteht und da entsprechend die Konzessionen zur Nutzung der Gewässer durch die Gemeinden ohne Beteiligung des Kantons erteilt werden, verfügt der Kanton nicht über eine vollständige Übersicht über die Situation bei den einzelnen Wasserversorgungen. Verschiedene Aufgaben, welche die Bundesgesetzgebung den Kantonen überträgt und durch kantonale Dienststellen wahrgenommen werden, haben allerdings Schnittstellen zur Wasserversorgung. Die gestellten Fragen lassen sich mit den vorhandenen Informationen folgendermassen beantworten:

1. Zurzeit sind beim Amt für Lebensmittelsicherheit und Tiergesundheit (ALT) für die Qualitätskontrolle von Trinkwasser 306, teilweise auch nur saisonal betriebene, Wasserversorgungen registriert. Dabei sind autonome Versorgungen einzelner Fraktionen unabhängig von der Gemeindezuständigkeit als eigenständige Wasserversorgung erfasst. Diese Wasserversorgungen betreiben gemäss den Erhebungen des Amtes für Natur und Umwelt (ANU) 429 weitgehend voneinander unabhängige Verteilnetze. Im Abwasserbereich sind 111 kommunale aerob biologische Abwasserreinigungsanlagen (ARA) in Betrieb. Davon sind 95 Anlagen im Besitz von 46 Gemeinden. Fünf ARA-Trägerschaften werden durch Zweckgemeinschaften gebildet. In den Anlagen der Zweckgemeinschaften wird das Abwasser von elf Gemeinden gereinigt. In elf Abwasserverbänden sind 54 Gemeinden organisiert. Zudem sind auch Anschlüsse von 13 Gemeinden auf Vertragsbasis vorhanden. Als Spezialfälle wird das Abwasser der Gemeinde Val Müstair und vom unteren Teil der Gemeinde Bregaglia in Italien gereinigt und das Abwasser der Gemeinden Fläsch, Jenins und Maienfeld im Kanton St. Gallen. Infolge der Gemeindefusionen und der Gebietsreform verschwinden immer mehr Zweckgemeinschaften und Abwasserverbände.

Nebst den kommunalen ARA sind in Graubünden auch vier Industrie-ARA in Betrieb. Die ARA der Ems-Chemie reinigt auch das kommunale Abwasser der Gemeinden Bonaduz, Rhäzüns und Tamins. Für Bauten ausserhalb der Bauzonen stehen 143 private aerob biologische Kleinkläranlagen in Betrieb.

2. Von den zurzeit 306 registrierten Trägerschaften von Wasserversorgungen sind 81 Genossenschaften oder Konsortien, sieben Bergbahnen respektive Privatunternehmer (Samnaun, Engadin Mountains, Corvatsch, Parsenn, Jakobshorn, Foppa Berghaus, La Rösa AG) und eine Klinik (Zürcher Höhenklinik in Davos Clavadel). 225 Wasserversorgungen sind öffentlich-rechtlich durch die Gemeinden organisiert. Im Bereich der Abwasserentsorgung sind die 111 kommunalen ARA öffentlich-rechtlich und die übrigen privatrechtlicher Natur.

3. Mit den zurzeit in der kantonalen Verwaltung vorhandenen Informationen kann diese Frage nicht beantwortet werden. Es besteht jedoch ein Gebührenspiegel, aus dem hervorgeht, wie hoch die Trinkwassergebühren pro Person und Jahr sind.

4. Obwohl die bisherige Praxis der Trinkwasserversorgung stark von der Gemeindeautonomie geprägt ist, muss die kantonale Aufgabe der Sicherstellung der Wasserversorgung in Notlagen berücksichtigt werden. Zurzeit wird dafür im Rahmen des Regierungsprogramms 2013–2016 durch das ANU ein Umsetzungskonzept erstellt, welches auch die Wasserversorgungen einbezieht. Ziel ist es, die Defizite und die notwendigen Massnahmen zu deren Behebung zu identifizieren. Dabei werden auch durch die Regierung angeordnete Zusammenschlüsse zur Erhöhung der Versorgungssicherheit zu prüfen sein.

16. April 2015