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Session: 11.02.2015
Die Sozialisation im Bereich der politischen Partizipation erfolgt zum grössten Teil zwischen 18 und 25 Jahren. Wer in dieser Zeit bereits einige Male an Abstimmungen und Wahlen teilgenommen hat, wird auch im späteren Leben weiterhin an die Urne gehen. Es zeigt sich jedoch, dass sich Jugendliche und junge Erwachsene nach wie vor weniger stark an Wahlen und Abstimmungen beteiligen als ihre älteren Mitbürgerinnen und Mitbürger. Eine Studie der Universität Bern hat gezeigt, dass die Stimmbeteiligung der 18 bis 25Jährigen in den meisten Fällen nur halb so gross ist wie die der 66 bis 75Jährigen.

Ein wichtiger Grund dafür ist, dass der Wahl und Abstimmungsprozess sowie die Wahl und Abstimmungsunterlagen nicht jugendgerecht sind. Dies belegt die aktuelle Studie „scoopit 2.0“ *, wonach ein beträchtlicher Teil der nicht stimmenden/wählenden Jugendlichen die politische Sprache zu kompliziert und die Informationsbeschaffung zu aufwändig findet. Die Teilnehmenden der Studie bevorzugen dabei kurze Texte.

Das politische Interesse der jungen Stimmberechtigten ist eine Grundlage, damit unser direktdemokratisches System aufrechterhalten werden kann. Eine Möglichkeit, das politische Interesse der jungen Stimmberechtigten zu fördern, ist laut einer Studie des Staatssekretariates für Bildung, Forschung und Innovation die Einführung der easyvote Abstimmungshilfe. Eine Evaluation der easyvote Abstimmungshilfe hat zudem ergeben, dass sich die jungen Leserinnen und Leser dank der easyvote Abstimmungshilfe tatsächlich motivierter fühlen, abstimmen zu gehen.

Easyvote erarbeitet einfache, verständliche und politisch neutrale Informationen für Abstimmungen. Easyvote ist ein Projekt des Dachverbandes Schweizer Jugendparlamente. In der easyvote Abstimmungshilfe werden die kantonalen und nationalen Abstimmungsvorlagen auf jeweils zwei A5 Seiten politisch neutral erklärt. Hergestellt wird die easyvote Abstimmungshilfe von über 120 ehrenamtlich arbeitenden Jugendlichen. Die Produktion läuft nach einem klar vorgegebenen Prozess ab und basiert auf den offiziellen Abstimmungsunterlagen, so dass die Neutralität der easyvote Abstimmungshilfe jederzeit gewährleistet werden kann.

Gemäss dem Bericht über die Kinder und Jugendförderung im Kanton Graubünden haben derzeit 15 politische Gemeinden die Abstimmungsinformationen von easyvote für junge Erwachsene abonniert. Für den Kanton Graubünden gibt es deshalb bereits seit einiger Zeit eine kantonale Ausgabe der easyvote Abstimmungshilfe. Die teilnehmenden Gemeinden zahlen einen Beitrag von Fr. 5.00 pro Person und Jahr an das Projekt easyvote (exkl. MwSt.). Sie übermitteln zudem zwei Mal im Jahr die Adressen ihrer jungen Stimmberechtigten an easyvote, wobei der Datenschutz immer gewährleistet ist. Die Anzahl bestellter Abonnemente nimmt aber aufgrund des finanziellen Drucks auf die Bündner Gemeinden ab, was dazu führt, dass die Produktion einer kantonalen Abstimmungshilfe gefährdet ist.

Es ist im Interesse des Kantons, dass die nationalen und kantonalen Vorlagen von den jungen stimmberechtigten Bündnerinnen und Bündner verstanden werden. Deshalb ersuchen wir die Regierung um Folgendes:

1. Alle 125 Gemeinden mit einer easyvote Informationsbroschüre zu beliefern und in einem Informationsschreiben auf das Angebot aufmerksam zu machen.

2. Falls sich eine Gemeinde für easyvote entscheidet, diese pro Jugendlichen mit einem Franken pro Jahr an den Abonnementskosten zu unterstützen.

3. Der Kanton sollte weiterführende Massnahmen prüfen, wie mehr Jugendliche und junge Erwachsene an die Urne gebracht werden können.

* „scoop it 2.0“ Studie zur Mediennutzung und zur politischen Partizipation von Jugendlichen in der Schweiz und im Fürstentum Liechtenstein

Chur, 11. Februar 2015

Locher Benguerel, Epp, Stiffler (Chur), Albertin, Atanes, Berther, Bucher-Brini, Cahenzli-Philipp, Caluori, Casanova (Ilanz), Casanova-Maron (Domat/Ems), Caviezel (Chur), Crameri, Danuser, Darms-Landolt, Davaz, Della Vedova, Deplazes, Dosch, Felix (Scuol), Gartmann-Albin, Hitz-Rusch, Holzinger-Loretz, Hug, Jaag, Kunfermann, Kunz (Chur), Kuoni, Märchy-Caduff, Marti, Michael (Castasegna), Monigatti, Niederer, Niggli (Samedan), Noi-Togni, Paterlini, Perl, Peyer, Pfäffli, Pfenninger, Pult, Rosa, Salis, Sax, Schneider, Thomann-Frank, Thöny, Tomaschett (Breil), Tomaschett-Berther (Trun), von Ballmoos, Waidacher, Widmer-Spreiter, Zanetti, Andri, Derungs, Stäbler, Tuor

Antwort der Regierung

Die Regierung kennt das Projekt easyvote des Dachverbandes Schweizer Jugendparlamente (DSJ). Seit März 2012 wird diese Abstimmungshilfe auch von Bündner Gemeinden für jugendliche Stimmberechtigte eingesetzt. Im November 2013 beteiligten sich 18 Gemeinden mit 1423 Abonnenten. Im März 2015 waren es noch 15 Gemeinden mit 1351 Abonnenten.

Die Standeskanzlei unterstützt das Projekt, indem sie dem Redaktionsteam von easyvote die elektronische Version der kantonalen Abstimmungserläuterungen zugänglich macht, sobald diese vorliegt. Zudem konnte eine Vertreterin des DSJ im Jahre 2013 an der Gemeindetagung des Amtes für Gemeinden das Projekt den Gemeindevertretern persönlich vorstellen.

Das Gesetz über die politischen Rechte im Kanton Graubünden (GPR, BR 150.100) verpflichtet den Kanton, bei kantonalen Sachabstimmungen die Stimmberechtigten mittels Abstimmungserläuterungen des Grossen Rates über die Vorlagen zu informieren (vgl. Art. 21 lit. b GPR). Die Erläuterungen werden von der Redaktionskommission des Grossen Rates genehmigt (vgl. Art. 28 Abs. 4 lit. d GGO, BR 170.140). Die Abstimmungserläuterungen haben alle Stimmberechtigten - unabhängig von Alter, Geschlecht oder Herkunft - objektiv und sachlich zu informieren. Namentlich sind auch die Erwägungen einer erheblichen Minderheit des Rates angemessen aufzuführen (vgl. Art. 22 Abs. 1 GPR). Die amtlichen Abstimmungserläuterungen erfüllen diese Vorgaben.

Die Regierung erachtet die politische Beteiligung aller Altersgruppen und sozialen Schichten an Wahlen und Abstimmungen als staatspolitisch bedeutsam. Sie begrüsst deshalb auch private Initiativen, wie jene des DSJ, um die Teilnahme der jungen Generation am politischen Leben zu verbessern. Die Regierung sieht jedoch keine Möglichkeit, von Dritten erstellte und verantwortete Informationsprodukte im verlangten Sinne zu fördern. Wie aufgezeigt, erfolgt die amtliche Information der Stimmberechtigten von Gesetzes wegen mittels der Abstimmungserläuterungen des Grossen Rats. Bei einer Promotion und finanziellen Unterstützung von Zusatzinformationen von Dritten würden sich rechtlich heikle Fragen für den Fall stellen, dass diese Informationen ungenau, widersprüchlich oder gar einseitig wären. Und unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung würde sich zudem die Frage stellen, ob der Kanton nicht auch private Initiativen für andere Zielgruppen (z.B. Senioren oder Neubürger) unterstützten müsste.

Was die Prüfung weitergehender allgemeiner Massnahmen zur Verbesserung der Partizipation bei Wahlen und Abstimmungen angeht, so setzt die Regierung primär auf die künftigen Möglichkeiten des elektronischen Abstimmens und Wählens. Gerade die jüngere Generation dürfte davon besonders angesprochen werden. Für die Auslandschweizer ist eVoting im Kanton Graubünden bereits realisiert. Ab 2016 sind auch erste Versuche in Pilotgemeinden mit Inlandschweizern geplant.

Gestützt auf diese Überlegungen beantragt die Regierung dem Grossen Rat, den Auftrag nicht zu überweisen.

06. Mai 2015