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Session: 28.08.2015
Die Bevölkerung des Kantons Graubünden hat die Volksinitiative „Millionen-Erbschaften besteuern für unsere AHV (Erbschaftssteuerreform)“ mit 76% Nein-Stimmen wuchtig verworfen. Damit zeigt sich, dass die Nachlasssteuer in der Bevölkerung eine unbeliebte Steuer ist, da der Staat dieses Steuersubstrat wiederkehrend mit der Vermögenssteuer bereits besteuert hat. Der Kanton Graubünden erhebt im Erbgang im direkten Verwandtschaftsverhältnis (Eltern und Kindern), gegenüber dem Ehegatten und dem Konkubinatspartner/in keine Nachlasssteuer. Vermögen, das an Eltern, an Geschwister, an Neffen und Nichten, an Patenkinder oder an Dritte geht, wird dagegen mit 10% besteuert. Die kantonalen Steuerausfälle würden etwa CHF 13 Mio. betragen.

Die Unterzeichneten versprechen sich von der Abschaffung der kantonalen Nachlasssteuer, dass der Kanton Graubünden als Wohnstandort nachhaltig gefördert wird, weil Personen ohne direkte Nachkommen im Kanton Wohnsitz nehmen. Graubünden wäre der erste Tourismuskanton mit einem hohen Anteil an Zweitwohnungen, der die kantonale Nachlasssteuer abschafft. An der Kompetenz der Gemeinden, kommunal eine Erbanfallsteuer zu erheben, würde mit der Abschaffung der kantonalen Nachlasssteuer nichts ändern. Verschiedene Gemeinden haben die Erbanfallsteuer allerdings bis mindestens zum elterlichen Stamm bereits abgeschafft (so Arosa, Brusio, Maienfeld, Malans, Rongellen, Silvaplana, Soazza und Sufers).

Die Unterzeichneten fordern damit die Regierung auf, das kantonale Steuergesetz dahin zu ändern, dass die kantonale Nachlasssteuer abgeschafft wird.

Chur, 28. August 2015

Kunz (Chur), Caduff, Felix (Haldenstein), Aebli, Albertin, Alig, Blumenthal, Bondolfi, Brandenburger, Buchli-Mannhart, Burkhardt, Campell, Casanova (Ilanz), Casanova-Maron (Domat/Ems), Caviezel (Davos Clavadel), Clalüna, Claus, Clavadetscher, Davaz, Della Vedova, Dosch, Dudli, Engler (Davos Dorf), Felix (Scuol), Giacomelli, Gunzinger, Hartmann, Hitz-Rusch, Holzinger-Loretz, Hug, Jenny, Kasper, Koch (Tamins), Koch (Igis), Komminoth-Elmer, Kunfermann, Kunz (Fläsch), Kuoni, Mani-Heldstab, Marti, Mathis, Michael (Castasegna), Müller, Nay, Niggli (Samedan), Papa, Paterlini, Rosa, Salis, Schneider, Steck-Rauch, Steiger, Stiffler (Davos Platz), Stiffler (Chur), Tenchio, Thomann-Frank, Troncana-Sauer, Valär, Waidacher, Weber, Weidmann, Widmer-Spreiter, Wieland, Engler (Surava), Gugelmann, Heini, Nicolay, Rodigari, Tuor, Zanetti (Poschiavo)

Antwort der Regierung

Der Bündner Souverän hat die Erbschaftssteuerreform mit überwältigendem Mehr abgelehnt. Das war nach Auffassung der Regierung nicht ein Votum gegen die kantonale Nachlasssteuer, sondern ein klares Nein zu einer Verlagerung der Steuerhoheit von Kanton und Gemeinden auf den Bund, zu einer sehr hohen Nachlasssteuer für die Nachkommen, zu einer Reduktion der Steuerbelastung von Nichtverwandten, zu einer stossenden Rückwirkung und zu einer Verfassungsnorm mit verschiedenen logischen Mängeln.

Im heutigen Recht erhebt der Kanton eine Nachlasssteuer und die Gemeinden eine Erbanfallsteuer. Das Nachlassvermögen wird von der kantonalen Steuerverwaltung ermittelt und mit der Veranlagungsverfügung festgelegt. Die Gemeinden übernehmen in der Folge dieses Nachlassvermögen, machen die Zuteilung auf die einzelnen Erben und veranlagen die Erbanfallsteuer. Mit dem Wegfall der kantonalen Nachlasssteuer müssten die Gemeinden das Nachlassvermögen selbständig ermitteln.

Mit der Abschaffung der Nachlasssteuer würde der Kanton Steuereinnahmen von jährlich 11 bis 15 Millionen Franken verlieren. Die Unterzeichner versprechen sich eine Verbesserung des Wohnstandortes Graubünden, was zu mehr Wohnsitznahmen vor allem von Zweitwohnungseigentümern führe, wodurch dann wohl die Steuerausfälle kompensiert würden. Das ist eine Annahme, welche der Regierung sehr unwahrscheinlich erscheint und zudem im Auftrag nicht weiter begründet wird.

Zu beachten gilt, dass die Ehegatten und die registrierten Partner, die Kinder, Enkel und Urenkel sowie die Konkubinatspaare von der Nachlasssteuer bereits heute befreit sind. Von der geforderten Abschaffung der Nachlasssteuer betroffen sind damit die Eltern, Geschwister, Neffen und Nichten, Onkel und Tanten, Cousins und Cousinen, weiter entfernte Verwandte sowie Nichtverwandte. Es erscheint nun nicht sehr wahrscheinlich, dass die Wohnsitzwahl eines vermögenden Steuerpflichtigen durch den Wegfall der Nachlasssteuer stark beeinflusst wird, wenn lediglich weiter entfernte Verwandte nach dem eigenen Ableben profitieren würden. Hinzu kommt, dass die Gemeinden für den elterlichen Stamm (Eltern, Geschwister, Neffen und Nichten etc.) weiterhin eine Erbanfallsteuer von bis zu 5 Prozent erheben könnten, da Art. 21 Abs. 5 Gemeinde- und Kirchensteuergesetz ausdrücklich nicht geändert werden soll. Damit erscheint die Wahrscheinlichkeit gross, dass 11 bis 15 Millionen Franken Steuersubstrat verloren geht und nicht durch neu zuziehendes Steuersubstrat ersetzt werden kann. Angesichts der schlechter werdenden Finanzlage und auch im Lichte der Mindereinnahmen, welche die Unternehmenssteuerreform III bringen wird, kann sich der Kanton Graubünden diese Steuerausfälle derzeit nicht leisten.

Die Abschaffung der Nachlasssteuer wird wenig wahrscheinlich zu den gewünschten Wohnsitznahmen führen, hingegen mit Sicherheit zu sehr hohen Steuerausfällen, weshalb die Regierung beantragt, den Auftrag mit diesem Inhalt nicht zu überweisen. Die Regierung wäre aber bereit – wie schon in Beantwortung der Anfrage Stiffler (Davos) dargelegt (vgl. GRP 8.12.2010, Nachmittag, S. 345 und 18.4.2011, S. 702) –, den Auftrag in einer alternativen abgeschwächten Ausgestaltung entgegenzunehmen. Der Kanton würde zu einer Erbanfallsteuer wechseln, in der die Eltern von der Erbschaftssteuer befreit werden, der Stamm der Eltern (Geschwister, Nichten und Neffen etc.) einer reduzierten Besteuerung von maximal 5 Prozent unterliegt und für die übrigen Erben weiterhin eine Steuerbelastung von mindestens 10 Prozent besteht. Dieser Wechsel zur Erbanfallsteuer hätte dann aber auch zur Folge, dass die Erbschafts- und Schenkungssteuern von Kanton und Gemeinden abschliessend im kantonalen Recht geregelt und für Kanton und Gemeinden gemeinsam durch die kantonale Steuerverwaltung erhoben würden, wie dies ebenfalls bereits in der Antwort zum Vorstoss Stiffler (Davos) dargelegt wurde. Die Gemeinden könnten weiterhin selbständig entscheiden, ob sie eine Erbschafts- und Schenkungssteuer erheben, sowie die Steuersätze im Rahmen der im Gemeinde- und Kirchensteuergesetz normierten Maximalbeträge bestimmen.

Die Regierung ist bereit, den Auftrag in der dargelegten Ausgestaltung entgegenzunehmen.

28. Oktober 2015