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Session: 20.10.2015
Die RhB befördert in der Hochsaison täglich über 1000 Personen vom Engadin nach Süden über den Berninapass. Der mit Abstand grösste Teil dieser Fahrgäste steigt erst an der Endstation im italienischen Tirano aus und verpflegt sich auch dort. Der Grund dieses Gästeverhaltens, welches in den letzten 15 Jahren markant zugenommen hat, liegt unter anderem beim Marketing der RhB. Die meisten Prospekte, Plakate, Internet und sonstige Kommunikationsmittel verkaufen vor allem die Destination Tirano; Poschiavo und Le Prese und Brusio werden weitgehend vernachlässigt. Als Beispiel sei hier nur die Homepage der RhB zitiert, wo die Übersichtskarte der Rubrik „Bernina Express“ zwischen St. Moritz und Tirano nur eine Station zeigt, nämlich Alp Grüm; im textlichen Teil wird ausschliesslich das Veltlin angepriesen.

Vertreter der Puschlaver Tourismusbranche hatten schon mehrere Gespräche mit Verantwortlichen der RhB, auf verschiedenen Ebenen. Sie begrüssen zwar die konstruktive Haltung der RhB gegenüber dem Tal, insbesondere die vorgesehenen Investitionen in die Bahninfrastruktur, bleiben aber enttäuscht über die nach wie vor ungenügende Vermarktung des Puschlavs im Vergleich zu Tirano. Auch Poschiavo und Le Prese haben kulturell, touristisch und kulinarisch viel zu bieten, können aber das Potenzial der Tagesausflüge der RhB zu wenig ausschöpfen.

Die Unterzeichnenden stellen deshalb der Regierung folgende Fragen:

1. In welchem Ausmass (CHF und %) beteiligen sich Bund und Kanton an der Finanzierung der RhB?

2. In welchem Ausmass beteiligt sich die Stadt Tirano, die Region Lombardei oder der italienische Staat?

3. Wie viele Passagiere hat die RhB vom Engadin nach a) Poschiavo und b) Tirano in den Monaten Mai bis Oktober 2012, 2013, 2014 und 2015 befördert, und wie viele waren es im Jahr 2000? Wie viele jährlich?

4. Unterstützt die Regierung die Strategie der RhB, die Berninastrecke zum grössten Teil mit der Destination Tirano zu vermarkten?

Chur, 20. Oktober 2015

Heiz, Della Vedova, Monigatti, Aebli, Alig, Blumenthal, Bucher-Brini, Buchli-Mannhart, Burkhardt, Cahenzli-Philipp (Untervaz), Caluori, Casutt-Derungs, Clalüna, Claus, Crameri, Darms-Landolt, Deplazes, Engler, Fasani, Felix (Scuol), Giacomelli, Gunzinger, Hardegger, Hartmann, Hitz-Rusch, Holzinger-Loretz, Jaag, Jenny, Joos, Kasper, Koch (Tamins), Kollegger, Kunfermann, Kunz (Chur), Lamprecht, Lorez-Meuli, Märchy-Caduff, Marti, Michael (Donat), Michael (Castasegna), Müller, Nay, Niederer, Niggli (Samedan), Papa, Paterlini, Pedrini, Perl, Salis, Steck-Rauch, Steiger, Stiffler (Davos Platz), Thomann-Frank, Tomaschett-Berther (Trun), Troncana-Sauer, Valär, Vetsch (Klosters Dorf), Vetsch (Pragg-Jenaz), Weber, Weidmann, Wieland, Zanetti, Altmann, Antognini, Cajacob, Tanner, Wellig

Antwort der Regierung

Zu Frage 1: Bund und Kanton beteiligen sich gemäss Abgeltungsvereinbarung 2015 mit der Rhätischen Bahn (RhB) für die Sparte Verkehr mit total 71,3 Mio. Franken an den ungedeckten Betriebskosten. Der Bund finanziert dabei 55,2 Mio. Franken und der Kanton 16,1 Mio. Franken. Die Abgeltung der Berninalinie beträgt 11,5 Mio. Franken, wovon der Kanton 2,9 Mio. Franken übernimmt. Dazu kommen die Abgeltungen in der Sparte Infrastruktur von rund 170 Mio. Franken, woran Bund und Kanton einen Beitrag von 85% bzw. 15% leisten.

Zu Frage 2: Weder die Stadt Tirano noch die Lombardei oder der italienische Staat beteiligen sich an der Finanzierung des Betriebs oder der Infrastruktur der RhB-Berninalinie.

Zu Frage 3: Es ist aufgrund der verfügbaren Daten nicht möglich, umfassende Aussagen in der gewünschten Form zu machen. Die RhB erfasst Ein- und Aussteiger entweder automatisch an den Stationen oder durch Zählen der Passagiere durch die Zugbegleiter auf definierten Streckenabschnitten. Zusätzlich erstellen die SBB aufgrund der Fahrgastbefragungen in den Zügen ein nationales Schienenverkehrsmodell. Damit können Aussagen zu Verkehrsströmen sowie zu Ein- und Aussteigern gemacht werden. Diese sind jedoch Jahres-Durchschnittswerte und weisen eine Unschärfe auf. Zudem wurde das Modell zwischenzeitlich überarbeitet. Auch stehen nicht für alle Jahre Daten zur Verfügung.



Die RhB geht davon aus, dass die Verteilung der Ein- und Aussteiger auf der Strecke Poschiavo - Tirano in den letzten 15 Jahren konstant war.

Zu Frage 4: Die RhB verfolgt keine Strategie, die Marketing-Massnahmen der Berninastrecke hauptsächlich mit der Destination Tirano zu verknüpfen. Im Gegenteil, für die UNESCO Welterbe Linie Albula - Bernina wird in der Produktbildung und Vermarktung sehr viel investiert. Es liegt jedoch in der Natur der Sache, dass den Unterwegs-Stationen in der Kommunikation eine tiefere Wahrnehmung zukommt. Zudem zeigen Erfahrungen, dass das Befahren des Kreisviadukts in Brusio sowie der Grenzübertritt nach Italien für viele Fahrgäste wesentliche Elemente der Fahrt bilden und sie deshalb die ganze Strecke erleben möchten. Den Marketingverantwortlichen der RhB liegt viel an der Zusammenarbeit mit der Region Valposchiavo. So finanziert die RhB etwa das Projekt EnAvant zusammen mit Graubünden Ferien, um die Nachfrage im Puschlav im Herbst und Winter speziell zu fördern. Auch mit der UNESCO-Vermarktung (App, Guide, Via Albula Bernina, Erlebnisraum Bernina Glaciers) engagiert sich die RhB stark für das Puschlav. Auf der Homepage werden die Unterwegs-Stationen prominent beschrieben. Ebenso wird auf die Gastronomie in Poschiavo oder Le Prese hingewiesen. Fahrgäste werden aber nicht primär durch die RhB zu ihren Wunschdestinationen gelenkt, sondern durch die Angebote der Destinationen. Die Regierung ist generell der Meinung, dass die RhB eine wichtige Partnerin für den Tourismus in Graubünden ist, indem sie dafür sorgt, dass Gäste mit der Bahn anreisen bzw. dass touristische Angebote verstärkt auf eine Anreise mit Bahn und Bus ausgerichtet werden. Sie unterstützt die darauf ausgerichteten Massnahmen der RhB.

11. Dezember 2015