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Session: 13.02.2019

Gestützt auf das Natur- und Heimatschutzgesetz erstellt und führt der Kanton Graubünden ein kantonales Inventar von schutzwürdigen Ortsbildern, Gebäudegruppen und Einzelbauten (Art. 4 KNHG). Die Inventarisierung bildet dabei die Grundlage für die Erhaltung und die Pflege des baulichen Kulturerbes.

Zurzeit werden die Inventarlisten für das gesamte Kantonsgebiet erstellt. Die Grundeigentümerinnen und Grundeigentümer werden erst sehr spät im Inventarisierungsprozess miteinbezogen. Häufig erfahren diese erst bei einem Verkauf der Liegenschaft oder bei baulichen Massnahmen, dass ihr Gebäude im Inventar figuriert. Meistens sinkt dadurch das Käuferinteresse und bauliche Verzögerungen sind naturgemäss die Folge. Wichtig in diesem Zusammenhang: Eine Einsprache gegen das Inventar ist nicht möglich.

Die kantonale Gesetzgebung schreibt vor, dass im Falle einer bestätigten Schutzvermutung die betroffenen Grundeigentümerinnen und Grundeigentümer zu informieren sind. Art. 5 KNHG Abs. 1 führt aus: «Der Kanton legt neue Inventare sowie Nachführungen in den betroffenen Gemeinden und beim Kanton während 30 Tagen öffentlich auf und gibt die Auflage im amtlichen Publikationsorgan der Gemeinde und im Kantonsamtsblatt bekannt. Die betroffenen Grundeigentümerinnen und Grundeigentümer werden benachrichtigt.»

Der Erhalt des baukulturellen Erbes steht nicht zur Diskussion, ebenso wenig die Inventarisierung an sich.

Hingegen scheint die Information der Grundeigentümerinnen und Grundeigentümer und deren Mitwirkung problematisch. Wenn die Eigentümer zu spät erfahren, dass sie im Inventar aufgeführt sind und bei der Erstellung nicht mitwirken konnten, entstehen mehr Probleme als wenn man diese frühzeitig, persönlich informieren und in die Erstellung miteinbeziehen würde.

Die Unterzeichnenden beauftragen deshalb die Regierung, die Inventarisierung so zu regeln, dass die betroffenen Eigentümerinnen und Eigentümer aber auch die mit der Ortsplanung betreuten Gemeindebehörden von Beginn an in den Inventarisierungsprozess einbezogen werden. Dies setzt eine schriftliche Benachrichtigung der Betroffenen voraus, wie sie auch vom kantonalen Gesetz vorgesehen ist. Die Gemeindebehörden sind so einzubinden, dass Siedlungsanalysen des Kantons im Beisein mit einem Vertreter der Gemeinde stattzufinden haben. Auf diese Weise wird sichergestellt, dass die Gemeindebehörden die Grundeigentümerinnen und Grundeigentümer zeitnah über die Aufnahme in das kantonale Inventar und damit über einen möglichen Schutzstatus ihres Eigentums informieren können. Weiter ist den betroffenen Eigentümerinnen und Eigentümer eine Einsprachemöglichkeit gegen die Inventarisierung zu gewähren, damit ein Objekt bei bestätigten Schutzstatus vollständig bereinigt in die Ortsplanung Eingang finden kann.

Chur, 13. Februar 2019

Bigliel, Crameri, Niggli-Mathis (Grüsch), Berther, Berweger, Brandenburger, Brunold, Cahenzli-Philipp, Cantieni, Casutt-Derungs, Cavegn, Claus, Della Cà, Derungs, Dürler, Engler, Fasani, Favre Accola, Felix, Florin-Caluori, Flütsch, Föhn, Giacomelli, Gort, Hartmann-Conrad, Hitz-Rusch, Hohl, Holzinger-Loretz, Kasper, Kienz, Kohler, Kunfermann, Kunz (Fläsch), Kunz (Chur), Loepfe, Loi, Marti, Mittner, Niggli (Samedan), Noi-Togni, Pfäffli, Ruckstuhl, Rüegg, Schmid, Schneider, Schutz, Tanner, Thomann-Frank, Thür-Suter, Tomaschett (Breil), Waidacher, Weber, Weidmann, Widmer (Felsberg), Wieland, Zanetti (Landquart), Collenberg, Holliger, Renkel

Antwort der Regierung

Gestützt auf Art. 4 des Gesetzes über den Natur- und Heimatschutz im Kanton Graubünden vom 19. Oktober 2010 (Kantonales Natur- und Heimatschutzgesetz, KNHG; BR 496.000) wird unter anderem das kantonale Inventar der schutzwürdigen Ortsbilder, Gebäudegruppen und Einzelbauten erstellt und nachgeführt. In der Praxis erfolgt die Erarbeitung dieses Inventars in einem zweistufigen Verfahren. In einem ersten Schritt werden Inventarlisten über das gesamte Kantonsgebiet erstellt, welche eine Übersicht der schutzwürdigen Ortsbilder sowie der potenziell schutzwürdigen Gebäudegruppen und Einzelbauten geben. In einem zweiten Schritt werden Gebäudeinventare erarbeitet, die eine detaillierte Erforschung und Dokumentation sowie die Schutzbegründung und den Schutzumfang zu einzelnen Bauten umfassen. Die Inventarlisten ergeben zusammen mit den Gebäudeinventaren das erwähnte kantonale Inventar.

Mit Schreiben vom 21. Juli 2015 informierte der damalige Vorsteher des Erziehungs-, Kultur- und Umweltschutzdepartements alle Gemeinden über dieses zweistufige Verfahren. Im Weiteren wurden die Gemeinden durch die Denkmalpflege Graubünden mit Brief vom 1. Mai 2018 unter Beilage eines Merkblatts zur Inventarliste über die laufenden Inventarisierungsarbeiten in Kenntnis gesetzt.

Während der Inventarisierung steht die Denkmalpflege Graubünden in engem Kontakt mit den betroffenen Gemeinden. Die Denkmalpflege legt die Inventarlisten nach deren Fertigstellung den zuständigen Gemeindebehörden vor. Diese haben die Möglichkeit, innerhalb von 30 Tagen Bemerkungen und Ergänzungen anzubringen. In der Folge wird die bereinigte Inventarliste in den betroffenen Gemeinden gemäss Art. 5 Abs. 1 KNHG während 30 Tagen öffentlich aufgelegt. Zahlreiche Gemeinden schreiben im Vorfeld der öffentlichen Auflage die betroffene Eigentümerschaft zwecks Information persönlich an. Während der Auflage haben die Gemeinden und die betroffenen Grundeigentümerinnen und Grundeigentümer nach Art. 5 Abs. 2 KNHG Gelegenheit zur Stellungahme. Darüber hinaus wird der Stand der Inventarlisten auf einer GIS-Karte veröffentlicht. Dadurch ist gewährleistet, dass sich alle Betroffenen frühzeitig informieren und sich gegebenenfalls mit der Denkmalpflege Graubünden in Verbindung setzen können.

Bei der Erstellung des Gebäudeinventars werden die betroffenen Grundeigentümerinnen und Grundeigentümer frühzeitig und persönlich durch die Denkmalpflege informiert. Nach Fertigstellung des Gebäudeinventars wird den Betroffenen und den Gemeinden die Gelegenheit eingeräumt, zu diesem Inventar während 30 Tagen Stellung zu nehmen.

Die Denkmalpflege Graubünden wird das Verfahren unter Berücksichtigung der gemachten Erfahrungen weiter optimieren und in Rücksprache mit den Gemeinden dafür sorgen, dass eine direkte Benachrichtigung der betroffenen Grundeigentümerinnen und Grundeigentümer soweit als möglich auch auf Stufe der Erstellung der Inventarliste erfolgt.

Das gemäss dem beschriebenen Vorgang gemäss Art. 4 und 5 KNHG erstellte kantonale Inventar bildet lediglich eine Grundlage im Sinne der Raumplanungsgesetzgebung und entfaltet ausschliesslich amtsinterne Wirkung. Solange über die Aufnahme eines inventarisierten Objekts in der Grundordnung nicht rechtsverbindlich entschieden ist, hat das kantonale Inventar im Baubewilligungsverfahren keine Wirkung (Art. 6 Abs. 1 und 2 KNHG). Der rechtlich verbindliche Schutz der inventarisierten Objekte, die Abwägung mit den entgegenstehenden Interessen und der individuelle Rechtsschutz der betroffenen Grundeigentümerinnen und Grundeigentümer erfolgen im Rahmen der Ortsplanung der betreffenden Gemeinde (Art. 6 Abs. 3 KNHG). Angesichts des in der Ortsplanung bereits gewährleisteten individuellen Rechtsschutzes erweist sich die geforderte antizipierte Einsprachemöglichkeit auf Stufe Inventarisierung als nicht zielführend und unverhältnismässig.

Aufgrund dieser Ausführungen beantragt die Regierung dem Grossen Rat, den vorliegenden Auftrag abzulehnen.

24. April 2019