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Session: 13.02.2019

In schneereichen Wintern, wie wir es zurzeit wieder erleben, kommt das Wild zunehmend in die Nähe von Dörfern und Bauernhöfen. Dabei sind Futterreste aus der Nutztierhaltung (auf Misthaufen oder Gründeponien und Siloballen-Lager) der Ersatz für die unter der Schneedecke begrabene Nahrung vor allem für unsere Hirsche. Die hungernden Wildtiere scheuen sich nicht, bis in die Ställe vorzudringen, um am bereitgestellten Futter für die nächste Nutztierfütterung den Hunger zu stillen. In Art. 29a des kantonalen Jagdgesetzes ist aber ein ausdrückliches Fütterungsverbot festgehalten. In Artikel 31 werden die Abwehrmassnahmen festgehalten. Diese werden in der kantonalen Verordnung zum Jagdgesetz ab Artikel 17 genauer umschrieben. Im Artikel 19 der Verordnung wird der Beitragssatz für anrechenbare Kosten auf 20 Prozent bis 60 Prozent beziffert. Dies in Abhängigkeit wie stark der jeweilige Zaun überwiegend oder ausschliesslich der Abwehr von Wild zuzurechnen ist.

Heute werden in der Bündner Landwirtschaft hohe Zäune zum Schutz gegen Wildverbiss aufgestellt. Dies wird aus der Jagdgesetzgebung aber auch aus Gründen der Seuchenbekämpfung (Tuberkulose im benachbarten Ausland, vor allem dem Vorarlberg) abgeleitet. Die Kosten für die Beschaffung des Zaunmaterials betragen bei richtiger Ausführung mehrere tausend Franken pro Landwirtschafts-Betrieb. Die Unterzeichner sind der Ansicht, dass dies das Mass der Zumutbarkeit übersteigt.

Wir beauftragen deshalb die Regierung, die Materialkosten von Schutzzäunen für Futterlager und Deponien von Futterresten auf dem Hofareal in Artikel 18 der Verordnung zum Jagdgesetz aufzunehmen und entsprechend Artikel 19 der Verordnung zu entschädigen. Diese Massnahmen sind rückwirkend auf den 1.1.2017 in Kraft zu setzen. Zu diesem Zeitpunkt wurden auch im öffentlichen Interesse diese Massnahmen aus seuchenpolizeilichen Gründen im Grenzgebiet zu Österreich durchgesetzt.

Chur, 13. Februar 2019

Niggli-Mathis (Grüsch), Crameri, Lamprecht, Berther, Brandenburger, Della Cà, Derungs, Ellemunter, Fasani, Favre Accola, Giacomelli, Gugelmann, Hitz-Rusch, Kasper, Kunz (Fläsch), Loi, Michael (Donat), Müller (Susch), Niggli (Samedan), Salis, Sax, Tanner, Valär, Widmer-Spreiter (Chur), Wieland, Zanetti (Sent), Buchli (Tenna), Collenberg, Jegen, Ulber Daniel

Antwort der Regierung

Das (aktive und passive) Wildfütterungsverbot in Graubünden wurde anlässlich der Oktobersession 2016 in die kantonale Jagdgesetzgebung aufgenommen und per 1. Mai 2017 in Kraft gesetzt. Beim Wildfütterungsverbot handelt es sich um ein rechtliches Verbot, welches jedermann trifft. So wie Gemeinden und Private sind auch die Landwirte/innen dafür verantwortlich, dass auf ihren Betrieben nicht dagegen verstossen wird. Betreffend die damit zusammenhängenden Zusatzaufgaben und -aufwendungen für die Landwirtschaftsbetriebe wurde in der Session seitens des zuständigen Regierungsmitglieds zusammenfassend ausgeführt, dass die Lagerplätze für Siloballen vor Zugriffen durch Rotwild, insbesondere den Hirsch, geschützt werden müssten, und zwar mit tauglichen Mitteln. Was die Futterreste („Usrumata“) angehe, so müssten auch diese vor dem Zugriff durch das Schalenwild geschützt werden. Die nötigen Massnahmen könnten die Landwirte/innen zwar selber bestimmen; sie müssten aber ergriffen werden, und deren Kosten seien gemäss Störerprinzip seitens der Landwirte/innen zu tragen. Im Rahmen der Jagdgesetzgebung von Bund und Kanton werden nur Schäden an Kulturen und Massnahmen zum Schutz derselben entschädigt, nicht aber Vorkehrungen bezüglich geernteter Produkte. An diesem Prinzip soll weiterhin festgehalten werden.

Der Vollzug des Wildfütterungsverbots wird übrigens mit Augenmass vorgenommen. Die Wildhut nimmt illegale Fütterungen mit einem Meldeblatt auf und informiert die betroffenen Personen über das weitere Vorgehen. Das Amt für Jagd und Fischerei (AJF) fordert die fehlbare Person schriftlich auf, die illegale Fütterung zu beheben. Erst nach einer erneuten Kontrolle nach Fristablauf wird eine kostenpflichtige Verfügung in Erwägung gezogen. Bis heute mussten sechs Landwirtschaftsbetriebe schriftlich gemahnt werden. Verfügungen waren noch keine notwendig. Vielmehr konnte seit Einführung des Verbots erfreulicherweise festgestellt werden, dass die Landwirte/innen bereits viel dazu beigetragen haben, damit die Wildtiere auf den Höfen nicht an das Futter für die Nutztiere gelangen.

Das Amt für Landwirtschaft und Geoinformation (ALG) kontrolliert die Landwirtschaftsbetriebe nicht auf Abwehrmassnahmen betreffend das Fütterungsverbot, da dies nicht der landwirtschaftlichen Kontrolle untersteht. Das Amt für Lebensmittelsicherheit und Tiergesundheit (ALT) ist daneben nur zuständig für den Vollzug des tierseuchenrechtlichen Wildfütterungsverbots. Dieses ist klar abzugrenzen von jenem gemäss Jagdgesetz. Der Kantonstierarzt erliess aus Tierseuchengründen am 1. September 2016 für zwei Jahre ein auf die Nordgrenze des Kantons (19 Gemeinden) begrenztes aktives und passives Wildfütterungsverbot. Am 1. September 2018 wurde es um drei Jahre verlängert. Es dient letztlich zur Verhinderung des Eintrags der Tuberkulose (TB) auf heimische Nutztierbestände. Jedermann in diesem Gebiet ist in der Pflicht, Wildfütterungen zu unterlassen und zudem Vorkehrungen zu treffen, damit das Schalenwild nicht an Futter für die Nutztiere, an Futterreste oder an Siedlungsabfälle wie Kompost oder Grünschnitt gelangt. Die Kosten dieser Vorkehrungen bzw. der Abwehrmassnahmen sind aufgrund der Tierseuchengesetzgebung von den Tierhaltenden im Rahmen ihrer Mitwirkungs- und Sorgfaltspflichten zu tragen und können seitens des Kantons nicht entschädigt werden. Der Vollzug dieses tierseuchenrechtlichen Wildfütterungsverbots erfolgt, betreffend Tierseuchenaspekte, durch das ALT in Zusammenarbeit mit dem AJF. Seitens des ALT werden Meldungen über ungenügende oder fehlende Abwehrmassnahmen bei gleichzeitiger Hirschpräsenz verifiziert. Besteht Handlungsbedarf, werden die Tierhaltenden zunächst mündlich aufgefordert, entsprechende Massnahmen zu treffen. Zusätzliche kostenpflichtige verwaltungsrechtliche Massnahmen waren in der Vergangenheit nur in sehr seltenen, schwerwiegenden Fällen oder bei Nichtbefolgen der mündlichen Anordnungen notwendig. Im 2017 und 2018 mussten insgesamt vier kostenpflichtige Verfügungen (zwei Sperren 1. Grades, zwei Aufforderungen zur Ergreifung von Abwehrmassnahmen) erlassen werden.

Aufgrund dieser Ausführungen beantragt die Regierung dem Grossen Rat, den vorliegenden Auftrag abzulehnen.

18. April 2019