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Session: 12.06.2019

Mit Inkrafttreten des überarbeiteten Schulgesetzes im August 2013 werden die Aufgaben der Legasthenie-Therapeuten/innen an die Schulischen Heilpädagoginnen und Heilpädagogen übergangen. Die Praxis zeigt, dass Schüler/innen mit einer Legasthenie (Lese-Rechtschreibschwierigkeit) oder einer Dyskalkulie seither eindeutig weniger Unterstützung erhalten. Die Folge sind weniger Fortschritte, grössere Schulprobleme, erheblicher Schulstress bis hin zu psychischen Belastungs-Symptomen. Entsprechend gelangen verzweifelte Eltern mit ihrer Sorge an die Lehr- und Fachpersonen im Kanton sowie an die entsprechenden Fachstellen und nun auch an die Politik.

Die Schulträgerschaften sind gemäss Schulgesetz für die sonderpädagogischen Massnahmen, zu welchen die Förderung von Kindern mit Legasthenie oder Dyskalkulie gehört, zuständig. Die zur Verfügung stehenden personellen Ressourcen werden oftmals für SuS mit anderweitigem und umfassendem niederschwelligem Förderbedarf (Integrative Förderung mit Lernzielanpassungen) aufgebraucht, so dass für die vermeintlich weniger dringende oder wichtige Förderung der Kinder mit Legasthenie oder Dyskalkulie im Rahmen der integrativen Förderung ohne Lernzielanpassung keine oder nur wenige Ressourcen übrig bleiben. Die Schule kann in diesem Punkt anscheinend dem im Schulgesetz in Art. 43 Ziff. 1 formulierten Anspruch (Schülerinnen und Schüler mit besonderem Förderbedarf haben Anspruch auf sonderpädagogische Massnahmen) im Moment nicht gerecht werden, obwohl in Art. 44 als niederschwellige Massnahmen insbesondere die Integrative Förderung und die pädagogisch-therapeutischen Massnahmen gelten. Dies ist insofern höchst bedauerlich, da es sich bei Kindern/Jugendlichen mit Legasthenie oder Dyskalkulie in der Regel um SuS mit normaler Intelligenz und gutem Lernpotential handelt, welche „nur“ von einer Teilleistungsschwäche betroffen sind.

ln diesem Zusammenhang wird die Regierung um die Beantwortung der nachfolgenden Fragen ersucht:

1.     Wie stellt der Kanton sicher, dass SuS mit einer Legasthenie oder Dyskalkulie im Bereich der integrativen Förderung ohne Lernzielanpassung eine passende Förderung erhalten?

2.     Hat der Kanton bezüglich der Abklärungen und Durchführung von sonderpädagogischen Massnahmen, insbesondere für SuS, welche von einer Legasthenie bzw. einer Dyskalkulie betroffen sind, konkrete Zahlen vorliegen?

Pontresina, 12. Juni 2019

Thomann-Frank, Märchy-Caduff, Favre Accola, Atanes, Berweger, Bettinaglio, Brandenburger, Buchli-Mannhart, Cahenzli-Philipp, Caviezel (Chur), Caviezel (Davos Clavadel), Clalüna, Crameri, Ellemunter, Engler, Fasani, Flütsch, Gasser, Gort, Gugelmann, Hardegger, Hartmann-Conrad, Hitz-Rusch, Hofmann, Hohl, Holzinger-Loretz, Jochum, Kienz, Kuoni, Lamprecht, Locher Benguerel, Loi, Müller (Susch), Natter, Noi-Togni, Papa, Perl, Pfäffli, Rettich, Rüegg, Rutishauser, Schutz, Schwärzel, Tanner, Thöny, Thür-Suter, Tomaschett-Berther (Trun), Waidacher, Weidmann, Wellig, Widmer (Felsberg), Widmer-Spreiter (Chur), Wieland, Zanetti (Sent), Renkel

Antwort der Regierung

Die Unterstützung von Schülerinnen und Schülern (SuS) mit Legasthenie oder Dyskalkulie obliegt auf der Grundlage des Gesetzes für die Volksschulen des Kantons Graubünden vom 21. März 2012 (Schulgesetz; BR 421.000) den Schulträgerschaften im Rahmen der niederschwelligen sonderpädagogischen Massnahmen.

Zu den einzelnen Fragen kann wie folgt Stellung genommen werden:

Zu Frage 1: In Art. 43 des Schulgesetzes regelt der Kanton übergeordnet, dass SuS mit besonderem Förderbedarf Anspruch auf sonderpädagogische Massnahmen haben. Die Gewährleistung, Umsetzung sowie Anordnung der niederschwelligen sonderpädagogischen Massnahmen obliegen gemäss Art. 47 Abs. 1 sowie Art. 48 Abs. 1 des Schulgesetzes der Schulträgerschaft. Zu den niederschwelligen sonderpädagogischen Massnahmen zählt im Rahmen der integrativen Förderung ohne Lernzielanpassung insbesondere die Förderung bei Teilleistungsschwächen wie Dyskalkulie oder Legasthenie. Somit sind die einzelnen Schulträgerschaften dafür verantwortlich, den Bedarf der SuS mit entsprechenden Schwierigkeiten zu erkennen und diesen im Unterricht angemessen mit Hilfe des Einsatzes von Ressourcen und geeigneten Förderformen zu begegnen. Die zuständigen Fachpersonen sind die Schulischen Heilpädagoginnen und Heilpädagogen.

Dem Kanton obliegt die Aufsicht. Gestützt auf Art. 91 des Schulgesetzes nimmt das Schulinspektorat im Rahmen der Regelstrukturen u. a. die Aufsicht wie auch die Qualitätsüberprüfung im Bereich der niederschwelligen sonderpädagogischen Massnahmen wahr. Weiter bietet das Schulinspektorat verschiedene Dienstleistungen an, welche die Schulträgerschaften dabei unterstützen, die notwendige Förderung sicherzustellen. Es stellt für Lehrpersonen sowie Schulleitungen Fachberatungen bereit und steht der Schulträgerschaft bei Fragen zur Verfügung. Bei Beschwerden von Erziehungsberechtigten werden die Situation vor Ort geprüft und bei Bedarf entsprechende Massnahmen eingeleitet. Eltern und Lehrpersonen können bei Fragen zudem jederzeit an den Schulpsychologischen Dienst gelangen, um sich beraten zu lassen. Dieser führt bei Unklarheiten oder Uneinigkeit zum besonderen Förderbedarf, wie z. B. zur Frage, ob eine Legasthenie oder eine Dyskalkulie vorliegt, gemäss Art. 48 Abs. 1 lit. a der Verordnung zum Schulgesetz vom 25. September 2012 (Schulverordnung; BR 421.010) eine Abklärung durch. Schliesslich haben Eltern die Möglichkeit, gegebenenfalls auf der Grundlage von Art. 95 des Schulgesetzes den Rechtsweg zu beschreiten.

Zu Frage 2: Der Kanton verfügt über keine Zahlen bezüglich der Abklärung sowie Durchführung von sonderpädagogischen Massnahmen im niederschwelligen Bereich, insbesondere für SuS mit einer Legasthenie oder Dyskalkulie. Die Anordnung und Umsetzung dieser Massnahmen fällt als integraler Bestandteil der sonderpädagogischen Förderung für SuS mit unterschiedlichem Bedarf in den Zuständigkeitsbereich der einzelnen Schulträgerschaft.

14. August 2019