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Session: 04.12.2019

Aktuell sind die Bündner Gemeinden damit beschäftigt, RPG 1 auf kommunaler Ebene umzusetzen. Für die grosse Mehrheit der Gemeinden bedeutet dies in erster Linie Auszonung von Bauland. Diese Arbeiten haben in den von der Auszonung betroffenen Gemeinden zu zwei Effekten geführt. Einerseits hat dies Grundeigentümer dazu bewegt, für ihre Grundstücke Käufer zu suchen und andererseits ist die Verunsicherung bei potenziellen Kaufwilligen gross. Es ist unklar, ob ein Bauprojekt auf diesen Grundstücken überhaupt eine Baubewilligung erhält oder ob das Bauvorhaben im Konflikt zur künftigen Planung steht. Es ist somit zu einer Blockade-Situation gekommen, welche die Entwicklung in diesen Gemeinden hemmt. Diese Situation kann bis zum Abschluss der Arbeiten zu RPG 1 nicht gelöst werden.

Um die Entwicklung in den von der Auszonung betroffenen Gemeinden nicht zu hemmen sondern zu fördern, müssen daher neue Instrumente eingeführt werden: In Zukunft muss es einer Gemeindebehörde möglich sein, gewisse Grundstücke flexibel und ohne langwierige Verfahren einzuzonen, falls es dafür einen Interessenten mit konkreter Bauabsicht gibt, welcher innert angemessener Frist das Baugesuch einreicht und mit den Bauarbeiten beginnt. Entsprechende Lösungen braucht es insbesondere für Grundstücke, die aktuell der Bauzone zugewiesen und erschlossen sind – und demnach bereits das ordentliche Verfahren der Ortsplanungsrevision durchlaufen haben – aber im Rahmen der Umsetzung von RPG 1 zurück- oder ausgezont werden. Eine Einzonung bzw. einfache, unkomplizierte und rasche Schaffung raumplanerischer Grundlagen ist insbesondere auch für konkrete, projektspezifische Vorhaben zu schaffen. Im Idealfall kann der Gemeindevorstand abschliessend darüber entscheiden.

Die Regierung wird beauftragt, dem Grossen Rat für die obenstehende Problematik wirksame Lösungsvorschläge zu unterbreiten.

Chur, 4. Dezember 2019

Derungs, Crameri, Buchli-Mannhart, Alig, Berweger, Brandenburger, Brunold, Cavegn, Clalüna, Della Cà, Deplazes (Rabius), Ellemunter, Epp, Flütsch, Giacomelli, Grass, Hartmann-Conrad, Hefti, Hitz-Rusch, Hohl, Holzinger-Loretz, Jochum, Kasper, Loi, Niggli (Samedan), Papa, Paterlini, Sax, Schutz, Thomann-Frank, Tomaschett (Breil), Ulber, Tschudi

Antwort der Regierung

Die Regierung wird beauftragt, dem Grossen Rat Lösungsvorschläge zu unterbreiten, damit die Gemeinden künftig Grundstücke flexibel und ohne langwierige Verfahren einzonen können, welche heute noch in der Bauzone liegen, erschlossen sind und nunmehr aufgrund der jüngsten Teilrevision des Eidgenössischen Raumplanungsgesetzes (RPG1) resp. des neuen Kantonalen Richtplans Siedlung (KRIP-S) vom März 2018 ausgezont werden müssen. Es geht also um das Verfahren zur Wiedereinzonung von Land, das in diversen Gemeinden wegen RPG1 in den kommenden Jahren ausgezont werden muss. Dabei soll das geforderte flexible und vereinfachte Wiedereinzonungsverfahren vor allem für Grundstücke zum Tragen kommen, für die es einen Interessenten mit konkreter Bauabsicht gibt.

Mit flexiblen Wiedereinzonungen wird darauf abgezielt, dass den Gemeinden die Befugnis eingeräumt werden sollte, Einzonungen einzelfallweise zu beschliessen, sofern sich bezüglich eines bestimmten Grundstücks ein Interessent mit konkreten kurzfristigen Bauabsichten meldet. Derartige auf persönliche Baubedürfnisse ausgerichtete sukzessive Einzeleinzonungen widersprechen jedoch dem Bundesrecht. Dieses verlangt, dass eine Nutzungsplanung grundsätzlich für eine rund 15-jährige Planungsperiode zu gelten hat und dass sich die Ermittlung des Bedarfs nach neuen Bauzonen nach der übergeordneten, gesamtkommunalen Bedarfslage orientieren muss. Für rollende Bedarfsnachweise in dem Sinn, dass nach der Überbauung eines Baulandgrundstücks quasi automatisch ein neues Grundstück eingezont werden dürfte, um stets über eine stabile Reserve verfügen zu können, bietet das Bundesrecht, namentlich Art. 15 des Bundesgesetzes über die Raumplanung (Raumplanungsgesetz, RPG; SR 700), keinen Raum. Dies gilt auch dann, wenn man die Grundstücke im Rahmen der anstehenden RPG1-bedingten Auszonungsplanungen statt der Landwirtschaftszone der Zone für künftige bauliche Nutzung gemäss Art. 40 des Raumplanungsgesetzes für den Kanton Graubünden (KRG; BR 801.100) zuweisen würde, zumal letztere ebenfalls zu den Nichtbauzonen gehören.

Nach dem Gesagten können also Einzonungen grundsätzlich nur im Rahmen einer gesamthaften Überprüfung der Bauzonen gestützt auf eine gesamtkommunale oder gar regionale Bedarfsanalyse und nach Ablauf einer Planungsperiode beschlossen werden. Für solche gesamthaften Nutzungsplanrevisionen kommt nur das ordentliche Nutzungsplanverfahren gemäss Art. 47 ff. KRG in Betracht. Ein vereinfachtes Verfahren mit abschliessender Einzonungskompetenz des Gemeindevorstandes, wie dies im vorliegenden Auftrag nebst der Flexibilisierung zusätzlich angeregt wird, wäre mit Rücksicht auf die historisch gewachsene Kompetenz des Souveräns in Ortsplanungsfragen nicht zu rechtfertigen. Abgesehen davon würde eine Kompetenzverschiebung vom Souverän auf den Gemeindevorstand das Verfahren ohnehin nur marginal verkürzen. Die zeitlich ins Gewicht fallenden Elemente und Faktoren (wie Erarbeitung der Grundlagen und Bedarfsnachweise sowie das Durchlaufen des Vorprüfungs-, Mitwirkungs-, Genehmigungs- und Beschwerdeverfahrens) fallen so oder anders an.

Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass der Fokus gemäss RPG1 klar auf Verdichtung nach innen durch Auf- oder Umzonungen und Baulandmobilisierung gerichtet ist. Einzonungen von Wohnbauzonen werden daher in Zukunft eher die Ausnahme bilden. Weil die bauliche Verdichtung nach innen in ländlichen Gemeinden mit ihren historisch gewachsenen dörflichen Strukturen gelegentlich etwas schwierig zu bewerkstelligen ist, hat die Regierung im KRIP-S in Bezug auf den Umfang der vorzunehmenden Auszonungen eine Umsetzung mit Augenmass in Aussicht gestellt. So soll jede Gemeinde resp. Fraktion eine bestimmte Anzahl von Bauplätzen über den rechnerischen Bedarf hinaus beibehalten dürfen. Sofern die Gemeinden, wie es von ihnen im KRIP-S verlangt wird, zusätzlich für die erforderliche Mobilisierung dieser Reserven sorgen, sollte es auch für Neuzuziehende in der Regel möglich sein, ihre Bauabsichten auch ohne Neueinzonungen umzusetzen, wenn auch vielleicht nicht gerade am gewünschten Ort. Dies können im Übrigen auch viele Neuzuziehende in den dynamischeren urbanen und suburbanen Räumen nicht.

Aufgrund dieser Ausführungen beantragt die Regierung dem Grossen Rat, den vorliegenden Auftrag abzulehnen.

20. Februar 2020