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Session: 18.02.2021

Der Kanton Graubünden ist angesichts seiner wirtschaftlichen Struktur durch die bundesrätlichen Massnahmen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie überdurchschnittlich betroffen. Mit der voranschreitenden Durchimpfung der Bevölkerung und den Erfahrungen aus anderen Pandemien wird auch diese Pandemie irgendwann vorüber sein. Ein wirtschaftlicher Schaden wird aber bleiben, indem Unternehmen kaum Investitionskraft haben oder die Nachfrage aufgrund einer Rezession zurückgeht. Auch das für Graubünden so bedeutsame Kulturleben wird bis dahin stark geschwächt sein. Gleichzeitig könnte die Pandemie infolge Verhaltensänderungen (Homeoffice, Reisen, Nutzen und Grenzen der Digitalisierung) und Erkenntnissen hinsichtlich Krisenbewältigung und Widerstandsfähigkeit in verschiedenen Bereichen einen Strukturwandel anschieben. Diese Gunst der Stunde gilt es zu nutzen. Es ist wichtig, schon jetzt über die Akutphase hinaus in die Zukunft zu schauen.

Der Kanton Graubünden verfügt bereits über eine Palette an zukunftsgerichteten Förderinstrumenten im Bereich Innovation, Wirtschafts- und Regionalentwicklung sowie Kultur (NRP, Veranstaltungen, Beherbergung, Kulturförderung, Bergbahnen, systemrelevante Infrastrukturen etc.). Diese Instrumente sind meist mit maximalen Beitragssätzen oder -summen, minimalen Projektgrössen oder Eigenmittelanforderungen verknüpft. In wirtschaftlich normalen Zeiten mögen diese Kriterien sinnvoll sein, um die Förderung zielgerichtet einzusetzen.

Eine zeitlich begrenzte Lockerung dieser Kriterien könnte in der Phase der Rezession helfen, dass Unternehmen trotz schwacher Reserven in die Zukunft investieren, neue Geschäftsmodelle, innovative Produkte und Angebote entwickeln, Organisationen wieder Grossveranstaltungen auf die Beine stellen oder neue Kulturformate entstehen. Es wäre ein Impulsprogramm, das auf bekannten Förderinstrumenten und Abläufen beruht und keiner aufwendigen Erarbeitung bedarf, für die im Moment ohnehin niemand Zeit hat. Ein grosser Teil dieser Kriterien ist in Verordnungen oder Richtlinien auf Departementsebene geregelt, die relativ rasch geändert werden können. Nebst den bereits etablierten Zielsetzungen der Wirtschaftsförderung soll die zusätzliche Förderung mit dem Kriterium verknüpft werden, dass die Projekte zur nachhaltigen ökologischen Erneuerung beitragen, welche die Ziele des Übereinkommens von Paris betreffend Klimawandel verfolgen.

Die Unterzeichnenden beauftragen deshalb die Regierung

  1. Zeitnah für eine begrenzte Zeit von zwei bis drei Jahren die Förderkriterien der für den Zweck der wirtschaftlichen und kulturellen Erholung sinnvollen Förderinstrumente und die im Handlungsspielraum der Regierung oder des Departements liegen grosszügiger auszugestalten, mit dem Ziel, Initiativen und Projekten rascher zur Umsetzung zu verhelfen.
  2. Gemeinsam mit dem Bund eine zeitlich begrenzte Ausweitung der Förderkriterien bei Investitionsprojekten (à fonds perdu, Darlehen, Bürgschaften) zu veranlassen, damit investitionswillige Unternehmen nicht durch Corona gebremst werden und ohne Aufschub durch Investitionen in den Regionen stabilisierend wirken und so Perspektiven, Arbeitsplätze, Wertschöpfung und Werte sichern/erhalten bzw. schaffen.

Davos, 18. Februar 2021

Maissen, Engler, Casty, Berther, Bettinaglio, Brunold, Buchli-Mannhart, Caluori, Cantieni, Casutt-Derungs, Caviezel (Chur), Clalüna, Crameri, Deplazes (Rabius), Derungs, Ellemunter, Epp, Felix, Florin-Caluori, Föhn, Geisseler, Hardegger, Horrer, Kohler, Kunfermann, Lamprecht, Loepfe, Müller (Felsberg), Papa, Perl, Preisig, Rettich, Ruckstuhl, Sax, Schmid, Schneider, Tanner, Ulber, Widmer (Felsberg), Wilhelm, Zanetti (Landquart), Altmann, Bürgi-Büchel, Collenberg, Decurtins-Jermann, Pajic

Antwort der Regierung

Die Corona-Pandemie trifft auch die Bündner Wirtschaft erheblich, insbesondere Unternehmen in der touristischen Wertschöpfungskette. Die konkreten Folgen sind aber noch nicht in allen Facetten erkennbar, zumal es auch die Wirkung der umfangreichen Härtefallhilfen von Bund und Kanton zu analysieren gilt. Es ist unbestritten, dass während der Corona-Pandemie viele Unternehmerinnen und Unternehmer sowie Tourismusakteure aller Art äusserst stark gefordert sind. Der Bund und der Kanton stellen hierfür bereits umfangreiche Unterstützungsmassnahmen zur Verfügung. Es bedarf jedoch immer auch einer unternehmerischen Initiative.

Zu Punkt 1: Für die Entwicklung und die Umsetzung neuer Projekte können der Bund und der Kanton mit den bestehenden Förderinstrumenten Anreize setzen und die Projektrealisierung erleichtern oder beschleunigen. Die Förderkriterien sowie die dafür vorgesehenen finanziellen Ressourcen sind langfristig ausgerichtet. Die Regierung sieht für Entwicklungs- und Kooperationsprojekte genügend Möglichkeiten, um Projekte mit kantonalen Fördermitteln, inklusive Mittel im Rahmen der Neuen Regionalpolitik des Bundes NRP, zu unterstützen. Die Regierung ist bereit, in der Einzelfallbeurteilung den Spielraum in der Anwendung der Förderkriterien zu Gunsten der Bündner Wirtschaft und von einzelnen Projektträgern zu nutzen.

Der vorliegende Auftrag fordert zudem, dass Projekte zur «nachhaltigen ökologischen Erneuerung» (gemäss Übereinkommen von Paris betreffend Klimawandel) beitragen sollen. Die Tourismus- und Regionalentwicklung berücksichtigt im Rahmen einer stufengerechten Beurteilung alle Dimensionen der Nachhaltigkeit. Dies ist als Grundsatz der Förderung auch in Artikel 2 des Gesetzes über die Förderung der wirtschaftlichen Entwicklung in Graubünden festgehalten.

Eine generelle Anpassung der Förderkriterien, wenn auch nur für einen begrenzten Zeitraum, erachtet die Regierung als nicht notwendig und zielführend. Die bestehenden Spielräume im Einzelfall sind ausreichend.

Zu Punkt 2: Die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie können besonders im Tourismussektor dazu führen, dass betriebliche Reserven für die Überbrückung der kurzfristigen Herausforderungen verwendet werden und damit für die Finanzierung künftiger Investitionen fehlen. Derzeit prüft der Bund, ob ein Investitionsprogramm basierend auf bestehenden Förderinstrumenten (Neue Regionalpolitik, Schweizerische Gesellschaft für Hotelkredit SGH usw.) lanciert werden soll. Ein besonderer Fokus soll dabei darauf gerichtet werden, dass weiterhin bedeutende Investitionsvorhaben realisiert werden können.

Die künftigen Herausforderungen liegen insbesondere in der Aufrechterhaltung der Investitionsfähigkeit von für Destinationen bedeutenden Tourismusunternehmen. Deshalb ist die Regierung bereit, ein kantonales Impulsprogramm u. a. für Investitionsvorhaben im Tourismus zu prüfen. Allfällige kantonale Massnahmen bedürfen einer engen Abstimmung mit jenen des Bundes.

Aufgrund dieser Ausführungen beantragt die Regierung dem Grossen Rat, den vorliegenden Auftrag betreffend den Punkt 1 abzulehnen und betreffend den Punkt 2 zu überweisen. 

30. April 2021