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Session: 21.04.2021

Die Bundesverfassung gibt vor, dass niemand diskriminiert werden darf bei Mitbestimmungen und Wahlen. Daher sollte schnellstmöglich zusätzlich eine barrierefreie Überarbeitung und Umsetzung der medialen Auftritte der politischen Informationen im Kanton Graubünden durchgeführt werden.

Es ist nicht nur im Sinne der Menschen mit Beeinträchtigungen, das weiter zu verfolgen und umzusetzen. Sondern auch für viele Bürger(innen), die nicht ganz so nahe am Politikgeschehen sind, wäre es eine enorme Erleichterung und ein Ansporn, sich mehr in die Unterlagen der politischen Geschäfte des Kantons Graubünden einzulesen. Die Gruppe dieser Menschen ist vielfältig: Personen mit Lese- und Lernschwierigkeiten, mit wenig Bildung, Senior(innen) etc. Wenn sie es leichter verstehen könnten, wäre es sehr gut möglich, dass unsere Wahlbeteiligung steigt. Viele Bewohner(innen) wissen teilweise nicht, wie sie das ganze «händeln» und verstehen sollen. Eine leicht verständliche Sprache und kurze, klare Informationen helfen ihnen, sich im Alltag zurechtzufinden. Es ist schliesslich ein Grundrecht, dass jeder Mensch zu Informationen kommt, die er auch benutzen und verstehen kann.

Laut UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK), die die Schweiz 2014 ratifiziert hat, müssen Vertragsstaaten garantieren, dass Menschen mit Behinderungen ihre politischen Rechte gleichberechtigt wahrnehmen können.

  1. Wieweit ist der Kanton mit der praktischen Umsetzung?
  2. Gibt es bereits konkrete kantonale Pläne und feststehende Termine?
  3. Hat die Regierung Fachleute zur Seite, die wissen, wie barrierefreie Sprache umzusetzen ist?

Davos, 21. April 2021

Tomaschett (Chur), Gartmann-Albin, Crameri, Atanes, Baselgia-Brunner, Bondolfi, Brandenburger, Cahenzli-Philipp, Caluori, Caviezel (Chur), Danuser, Degiacomi, Della Vedova, Favre Accola, Gugelmann, Holzinger-Loretz, Horrer, Märchy-Caduff, Müller (Felsberg), Perl, Preisig, Rettich, Rutishauser, Schwärzel, Stiffler, Thomann-Frank, Thür-Suter, Tomaschett-Berther (Trun), Ulber, von Ballmoos, Weber, Widmer (Felsberg), Wilhelm, Pajic, Spadarotto, Stieger, van Kleef

Antwort der Regierung

Die Förderung der politischen Partizipation der Stimmbürgerinnen und Stimmbürger gehört zur ständigen Agenda aller Gemeinwesen, Parteien und Komitees. Wichtig für die Ausübung der politischen Rechte ist, dass die benötigten Informationen verständlich und zugänglich sind. Eine möglichst einfache Sprache ist dabei ein zentraler Faktor, wobei verschiedene Begrifflichkeiten bestehen. Es ist zu unterscheiden zwischen der sogenannten "Einfachen Sprache" und der "Leichten Sprache". Kurze Sätze mit einfacheren Wörtern und eine übersichtliche Länge der Texte gehören zum Anspruch an die "Einfache Sprache". Die stärkste Form der sprachlichen Vereinfachung wird in der "Leichten Sprache" angewandt. Sie besteht beispielsweise aus kurzen Sätzen mit Wörtern aus dem Grundwortschatz, ein Satz pro Zeile, grosse Schriftgrösse und grosser Zeilenabstand. Sie richtet sich vorwiegend an Menschen mit kognitiver Beeinträchtigung aber auch an solche, für welche die "Einfache Sprache" zu schwierig ist. Von der Sprachverständlichkeit zu unterscheiden ist der "barrierefreie Zugang" zu den im Internet verfügbaren Informationen. Damit ein barrierefreier Zugang möglich ist, müssen die Webseiten technisch so konfiguriert werden bzw. über ein entsprechendes Webdesign verfügen, damit sie von allen Personen unabhängig von ihren Einschränkungen bestmöglich genutzt werden können (z.B. Skalierbarkeit der Schrift, gut strukturierter Text, der mit entsprechender Software vorgelesen werden kann).

Zu Frage 1: Die Regierung und die kantonale Verwaltung sind bemüht, fachlich oft auch komplexe Themen und Sachverhalte für alle Bürgerinnen und Bürger möglichst verständlich zu kommunizieren, was zugegebenermassen nicht immer einfach ist.  Für die Erläuterungen des Grossen Rats zu den kantonalen Volksabstimmungen (das sogenannte Abstimmungsbüchlein) hat die Redaktionskommission des Grossen Rats kürzlich Richtlinien erlassen. Sie sollen garantieren, dass die Abstimmungsthemen in einer für alle Stimmbürgerinnen und Stimmbürger verständlichen Sprache erläutert und graphisch übersichtlich dargestellt werden. Zu erwähnen ist auch die seit Jahren zusammen mit der Schweizerischen Bibliothek für Blinde, Seh- und Lesebehinderte produzierte CD zu den kantonalen Abstimmungsunterlagen. Darauf werden die Texte des kantonalen Abstimmungsbüchleins in allen drei Kantonssprachen vorgelesen.

Auf der Webseite des Sozialamts Graubünden stehen einzelne Informationen in "Leichter Sprache" zur Verfügung (Informationen in Leichter Sprache (gr.ch)). Es wird sich zeigen, ob eine Nachfrage nach zusätzlichen Informationen in "Leichter Sprache" besteht und das Angebot ausgebaut wird.

Zu Frage 2: Eine möglichst einfache, verständliche und adressatengerechte Sprache zu verwenden und einen barrierefreien Zugang zu den Webseiten des Kantons zu gewährleisten, sind Daueraufgaben. Die Förderung der Unabhängigkeit und Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderung gehört zu den wichtigen Anliegen der Regierung. So hat sie bereits in den Antworten auf den Auftrag Holzinger-Loretz (betreffend Leitbild "Leben mit Behinderungen") und die Anfrage Ruckstuhl (betreffend Erteilung politischer Rechte für Menschen mit einer umfassenden Beistandschaft) eine erste Bestandesaufnahme anhand der Zielsetzungen der UN-Behindertenrechtskonvention (UN BRK) und eine Prüfung für die Erleichterung der Ausübung der politischen Rechte, namentlich das Stimm- und Wahlrecht, für Menschen mit Behinderung in Aussicht gestellt. Eine bedeutende Rolle wird dabei auch der Einführung von E-Voting zukommen.

Zu Frage 3: Der Kanton beachtet bei seinem barrierefreien Internetauftritt die Standards des "World Wide Web Consortiums" (W3C), im speziellen die "Web Content Accessibility Guidelines 2.0" (WCAG-Zugänglichkeitsrichtlinien), LEVEL AA. Schwachpunkt bilden zurzeit noch die PDF-Dateien und die Videos. Spezifische Beratung und Unterstützung auch für die kantonale Verwaltung bietet das Eidgenössische Büro für Gleichstellung von Menschen mit Behinderung. Die Pro Infirmis verfügt über ein "Büro für leichte Sprache".

28. Juni 2021