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Session: 08.12.2021

Die Stromversorgung in unserem Kanton galt über lange Zeit als völlig gesichert. Dies scheint bis heute so zu sein. Allerdings wissen wir aus den Diskussionen um die Entwicklung im Strommarkt wie auch in der Stromproduktion, dass die hohe Zuverlässigkeit in der Versorgung nicht mehr immer und überall gewährleistet werden kann. Wie sieht es diesbezüglich im Kanton aus?

Die sichere Versorgung mit Strom ist für uns alle existenziell geworden. Ohne die Kraft aus der Steckdose bricht nicht nur das Internet und damit verbunden unsere Kommunikation von einer Sekunde auf die andere zusammen. Licht, Wärme, Energie für die Wirtschaft: Kaum etwas geht noch ohne Strom. Deshalb müssen wir für das Szenario eines «Blackouts» vorbereitet sein.

Die Regierung wird deshalb beauftragt, dem Grossen Rat aufzuzeigen:

  1. Wie der Stand betreffend die Versorgungssicherheit mit Strom in Graubünden ist und mit welchen Massnahmen der Kanton zusammen mit unseren Stromlieferanten die Versorgungssicherheit künftig gewähren will. Insbesondere sind diejenigen Energieträger zu prüfen, welche das Winterhalbjahr abdecken können: Wasserkraft, Speicherung und Holzverstromung. Dabei sind die finanziellen Konsequenzen aufzuzeigen.
  2. Wie – falls es trotzdem zu einem «Blackout» kommen sollte – der Kanton mit seinem Krisenmanagement darauf vorbereitet ist.

Chur, 8. Dezember 2021

Claus, Jochum, Bigliel, Berweger, Censi, Engler, Flütsch, Hartmann-Conrad, Hitz-Rusch, Hohl, Holzinger-Loretz, Jenny, Kasper, Kienz, Kunz (Fläsch), Kuoni, Loi, Marti, Michael (Castasegna), Mittner, Natter, Niggli (Samedan), Papa, Pfäffli, Rüegg, Schutz, Stiffler, Thomann-Frank, Thür-Suter, Valär, Waidacher, Weidmann

Antwort der Regierung

Die Versorgungssicherheit mit Strom ist für das Funktionieren unserer Gesellschaft und Wirtschaft essentiell. Im Strombereich wird die Versorgungssicherheit als gewährleistet angesehen, wenn jederzeit die gewünschte Menge an Elektrizität mit der erforderlichen Qualität und zu angemessenen Tarifen bzw. Preisen im gesamten Stromnetz erhältlich ist. Die Versorgungssicherheit beinhaltet die Aspekte Zuverlässigkeit, Sicherheit und Angemessenheit. Massgeblich für die Zuverlässigkeit und die Sicherheit sind die technischen und betrieblichen Aspekte. Sie beschlagen tendenziell einen kurzfristigen Zeithorizont. Die Angemessenheit (Adequacy) zielt auf die langfristige, strategische Ausrichtung in den Bereichen Erzeugung und Verbrauch mit entsprechender Netzinfrastruktur ab. Strom muss stets in der Menge produziert werden, wie Konsumenten ihn verbrauchen. Diese Balance unterstützen derzeit über 40 grenzüberschreitende Stromleitungen, mit denen das schweizerische eng mit dem europäischen Übertragungsnetz verbunden ist. Diese Anknüpfungspunkte erhöhen die Stromversorgungssicherheit und tragen zur Wirtschaftlichkeit unserer Stromversorgung bei: Bei Bedarf kann die Schweiz Strom importieren, Überschüsse kann sie exportieren. Eine länger andauernde Strommangellage hätte schwerwiegende Konsequenzen.

Zu Punkt 1: Kritisch für die Stromversorgung ist das Winterhalbjahr, in welchem die Schweiz bereits heute auf Importe angewiesen ist. Der Kanton Graubünden weist zwar mit einer Stromproduktion von rund 8 TWh und einem Verbrauch von etwa 2 TWh eine gute Ausgangslage auf. Dennoch muss die Stromversorgung in Krisensituationen, wenn der Austausch mit den Nachbarstaaten nicht (vollumfänglich) gewährleistet ist, gesamtschweizerisch angegangen werden. Die Zuständigkeiten zwischen Behörden und Unternehmen der Strombranche ergeben sich aus Art. 6 Abs. 2 des Energiegesetzes (EnG; SR 730.0), wonach die Versorgung Sache der Energiewirtschaft ist. Falls diese ihren Aufgaben nicht nachkommen, kann der Bundesrat auf Vorschlag der Eidgenössichen Elektrizitätskommission (ElCom) und im Einvernehmen mit dem Bundesamt für Wirtschaftliche Landesversorgung (BWL) Massnahmen nach Art. 9 des Bundesgesetzes über die Stromversorgung (Stromversorgungsgesetz, StromVG; SR 734.7) ergreifen, um die mittel- bis langfristige Versorgung subsidiär sicherzustellen. Der Bundesrat kann überdies im Rahmen der wirtschaftlichen Landesversorgung auf Vorschlag der ElCom und dem BWL kurzfristige Massnahmen zur unmittelbaren Behebung von vorübergehenden Strommangellagen ergreifen (Art. 31 ff. des Bundesgesetzes über die wirtschaftliche Landesversorgung, Landesversorgungsgesetz [LVG; SR 531]).

Zu Punkt 2: Mit dem Erlass des StromVG im Jahr 2007 hat sich die Elektrizitätswirtschaft grundlegend verändert. Im Fall einer schweren Strommangellage hat der Verband Schweizerischer Elektrizitätsunternehmen (VSE) in den Bereichen Produktion, Beschaffung, Transport, Verteilung und Verbrauch von Elektrizität die notwendigen Vorbereitungsmassnahmen zu treffen. Der Fachbereich Energie sowie der VSE arbeiten bei einer schweren Mangellage mit dem Bundesamt für Energie (BFE), der ElCom, der nationalen Netzgesellschaft Swissgrid, der Armee, dem Bevölkerungsschutz und den Kantonen zusammen. Gemäss Art. 6 des Gesetzes über den Bevölkerungsschutz des Kantons Graubünden (Bevölkerungsschutzgesetz, BSG; BR 630.000) setzt die Regierung für die Bewältigung von ausserordentlichen Lagen einen kantonalen Führungsstab (KFS) ein, welcher für die Regierung die Entscheidungsgrundlagen zu erarbeiten hat. Im November 2014 führte der KFS eine aufschlussreiche Sicherheitsverbundübung mit dem Szenario "Ausfall Stromversorgung" durch. Zur optimalen Vorbereitung des KFS wurde das Thema "Ausfall Stromversorgung" hinsichtlich des Weiterbildungstags vom 10. Mai 2022 als Schwerpunkt aufgenommen.

Aufgrund dieser Ausführungen beantragt die Regierung dem Grossen Rat, den vorliegenden Auftrag abzulehnen.

24. Februar 2022