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Session: 15.02.2023

Um die Klimaziele zu erreichen und die Versorgungssicherheit zu gewährleisten, strebt der Bund einen starken Ausbau von Photovoltaikanlagen an. Dieser soll insbesondere dort erfolgen, wo die Anlagen systemrelevant sind, also massgeblich zur Winterstromproduktion beitragen. Für Graubünden sind diese Bestrebungen eine grosse Chance, neben der Wasserkraft ein zweites Standbein in der Stromproduktion zu entwickeln. Entsprechend hat der Grosse Rat im Juni 2022 einen Auftrag betreffend Solaroffensive für Graubünden überwiesen.

Den Bestrebungen in Bund und Kanton entgegen stehen die hohen Netzanschlusskosten bei Photovoltaikanlagen ausserhalb der Bauzone. Dies betrifft in erster Linie grössere Anlagen auf landwirtschaftlichen Bauten, deren Einspeiseleistung die Kapazität der vorhandenen Netzinfrastruktur übersteigt. In solchen Fällen verzichten betroffene Landwirtinnen und Landwirte in der Regel auf die Realisierung einer grösseren Anlage. Dabei wären genau landwirtschaftliche Bauten oftmals optimal gelegen für die Förderung der dezentralen Winterstromproduktion.

Eine Deckung der Netzanschlusskosten für entsprechende Anlagen durch die nationale Netzgesellschaft wäre eine energiepolitische und wirtschaftliche Chance für die alpinen Gebiete insgesamt und die Berglandwirtschaft im Besonderen.

Die Unterzeichnenden stellen deshalb folgende Fragen:

  1. Wie schätzt die Regierung die diesbezüglichen Chancen für Graubünden und insbesondere die Berglandwirtschaft ein?
  2. Welche Handlungsmöglichkeiten bezüglich Deckung der Netzanschlusskosten bestehen auf kantonaler Ebene?
  3. Ist die Regierung bereit, sich auf nationaler Ebene, beispielsweise in der EnDK, für eine Deckung der Netzanschlusskosten für bezüglich Winterstromproduktion systemrelevante Photovoltaikanlagen einzusetzen?

Chur, 15. Februar 2023

Perl, Kappeler, Gredig, Atanes, Bachmann, Bardill, Baselgia, Bavier, Biert, Bischof, Bisculm Jörg, Bleuler-Jenny, Cahenzli-Philipp (Untervaz), Censi, Danuser (Chur), Degiacomi, Della Cà, Dietrich, Gansner, Gartmann-Albin, Hoch, Hofmann, Lamprecht, Loi, Mazzetta, Messmer-Blumer, Müller, Nicolay, Oesch, Pajic, Preisig, Rageth, Rettich, Roffler, Rusch Nigg, Rutishauser, Saratz Cazin, Tanner, von Ballmoos, Walser, Zaugg-Ettlin

Antwort der Regierung

Die Grenze für die in dieser Anfrage angesprochenen "systemrelevanten" Photovoltaikanlagen (sog. PV-Anlagen von nationalem Interesse) liegt bei einer jährlichen Mindestproduktion von 10 Gigawattstunden (GWh; vgl. Art. 71a Abs. 2 lit. a Energiegesetz [EnG; SR 730.0]). Solche Anlagen benötigen eine Fläche von mindestens sieben Fussballfeldern (50'000 m2) an geeigneter Lage. Dabei handelt es sich um sehr grosse Anlagen, die nicht mit grösseren PV-Anlagen auf landwirtschaftlichen Gebäuden vergleichbar sind.

Zu Frage 1: Das Potential der Stromproduktion auf landwirtschaftlichen Gebäuden ist unbestritten. Bei einem Netzanschluss auf landwirtschaftlichen Bauten sind vom Netzanschlussnehmer einmalige Kosten für den Netzanschluss und für die Netzkosten zu tragen. Dieser Netzanschlussbeitrag entspricht den Kosten für die Erstellung des Netzanschlusses bis zum Verknüpfungspunkt. Aktuell sind rund 12 Prozent der geeigneten Dachflächen auf landwirtschaftlichen Bauten im Kanton Graubünden mit PV-Anlagen ausgestattet. Auf weiteren 62 Prozent der geeigneten Dachflächen könnte ohne grossen Aufwand bzw. mit geringen Netzanschlusskosten eine solche Anlage erstellt werden. Die restlichen geeigneten Dachflächen sind mehr als 400 m von einer Transformatorenstation entfernt. Eine Netzerschliessung dieser Standorte ist kostenmässig schwierig zu rechtfertigen.

Bedeutender als die Netzanschlusskosten ist die einzelfallweise bei der Erstellung einer PV-Anlage notwendig werdende Netzverstärkung. Weil Netzverstärkungen Teil der Systemdienstleistungen der nationalen Netzgesellschaft Swissgrid sind, sind diese bereits heute rückerstattungsfähig, sofern von der ElCom bewilligt.

Zu Fragen 2 und 3: Betrachtet man die zur Verfügung stehenden landwirtschaftlichen Dachflächen für PV-Produktion unter den Gesichtspunkten Wirtschaftlichkeit und Notwendigkeit, ist eine Deckung der Netzanschlusskosten durch den Bund bzw. den Kanton nicht erforderlich. Wie in Antwort zu Frage 1 bereits ausgeführt, sind genügend freie Dachflächen in Landwirtschaftszonen vorhanden, die mit geringen Netzanschlusskosten erschlossen werden können. Die entsprechenden Anlagen können mit den heute zur Verfügung stehenden Fördermöglichkeiten (sog. Einmalvergütung des Bundes nach Art. 25 EnG und gegebenenfalls Winterstromförderung nach Art. 23a des Energiegesetzes des Kantons Graubünden [BEG; BR 820.200]) wirtschaftlich betrieben werden. 

26. April 2023