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Session: 25.05.1999

Das eidgenössische Krankenversicherungsgesetz ist am 1. Januar 1997 in Kraft getreten.
Wesentliche Bestimmungen der Finanzierung sind jedoch bis heute nicht umgesetzt. So war zwar vorgesehen, bei der Festlegung der Taxen für Pflegeheime nach genau fixierten Kriterien Unterschiede festzusetzen. Nach Gesetz müssten die Krankenkassen jedoch die Kosten für Pflege und Betreuung voll übernehmen, bzw. den Pflegebewohnerinnen und -bewohnern rückvergüten. Der Aufwand für die "Hotellerie" und für individuelle Zusatzleistungen müsste dafür zulasten der Benützenden gehen.
Diese klaren Vorgaben des KVG sind bis heute nicht realisiert. Die Krankenkassen weigern sich aufgrund des riesigen Kostendruckes auch in anderen Bereichen, die vollen Pflegekosten zu übernehmen. Heute dürften die Krankenkassen in Graubünden im Mittel rund 30% der Pflegekosten der Heime finanzieren. Um diese Lücke in der Finanzierung zu schliessen, tragen Kanton und Gemeinden nach wie vor das engere Betriebsdefizit.
Erstaunlich ist jedoch, dass die Beiträge der Krankenkassen, die in den verschiedenen Kantonen ausgehandelt und von den jeweiligen Rekursinstanzen festgelegt wurden, sehr ungleich ausfallen. So werden je nach Pflegebedürftigkeit pro PatientIn und Tag bezahlt:
· im Kanton Zürich zwischen Fr. 20.und Fr. 70.
· in Graubünden zwischen Fr. 5.und Fr 45.
Kostenmässig lassen sich diese Unterschiede meines Erachtens keinesfalls begründen.
Die Regierung wird um Beantwortung der folgenden Fragen ersucht:
1. Wie lassen sich die dargestellten grossen Unterschiede der Krankenkassenleistungen zwischen verschiedenen Kantonen begründen?
2. Teilt die Regierung die Auffassung, dass Kantone mit tieferen Krankenkassenleistungen benachteiligt sind?
3. Was kann die Regierung unternehmen, um die erwähnten Unterschiede auszugleichen?
4. Wann ist in Graubünden damit zu rechnen, dass die erwähnten Grundsätze des eidgenössischen Krankenversicherungsgesetzes bezüglich Übernahme der Pflegekosten durch die Krankenkassen realisiert werden?

Chur, 25. Mai 1999

Namen: Jäger, Schütz, Aebli, Arquint, Baselgia, Bucher, Koch, Locher, Looser, Meyer, Noi, Pfenninger, Schlatter, Trepp

Session: 25.05.1999
Vorstoss: dt Interpellation

Antwort der Regierung


Gemäss dem Bundesgesetz über die Krankenversicherung (KVG) haben die Krankenversicherer die Kosten der Untersuchungen, Behandlungen und Pflegemassnahmen in Pflegeheimen zu übernehmen. Die so genannten Pensionskosten (Kosten für Aufenthalt und Verpflegung) stellen keine Pflichtleistungen dar und gehen entsprechend nicht zu Lasten der Krankenpflegeversicherung. Die Höhe der Vergütung wird zwischen Krankenversicherern und Heimen ausgehandelt. Kommt keine Einigung zu Stande, obliegt es der Regierung, die Tarife festzulegen.
Gemäss der vom Eidgenössischen Departement des Innern (EDI) erlassenen Verordnung über Leistungen in der obligatorischen Krankenpflegeversicherung dürfen, solange die Heime nicht über eine einheitliche Kostenstellenrechnung verfügen, bei der Tariffestsetzung folgende Rahmentarife pro Tag nicht überschnitten werden: Franken 10. bis 20. für die erste Pflegebedarfsstufe, Franken 15. bis 40. für die zweite Pflegebedarfsstufe, Franken 30. bis 60. für die dritte Pflegebedarfsstufe und Franken 40. bis 70. für die vierte Pflegebedarfsstufe. Die derzeitigen zwischen den Krankenversicherern und den Heimen vereinbarten Tarife bewegen sich mit Ausnahme der ersten Stufe im untersten Bereich der Rahmentarife des Eidgenössischen Departementes des Innern.
Gemäss den Beschwerdeentscheiden des Bundesrates haben die Heime im Rahmen der zu erbringenden Kostennachweise zu belegen, welche Qualifikation das Personal aufweist und für was es eingesetzt wird sowie welche Pflegeleistungen pro Pflegestufe erbracht werden. Werden die Kosten für die tatsächlich erbrachten Pflegeleistungen nicht oder nur sehr summarisch ausgewiesen, ist es gemäss den Entscheiden des Bundesrates nicht gerechtfertigt, die Rahmentarife vollständig bzw. beinahe vollständig auszuschöpfen. Je grösser die Transparenz ist, desto eher können die Heime den maximalen Tarif für sich beanspruchen. Gruppentarife werden entsprechend vom Bundesrat nur als zeitlich begrenzte Übergangslösung akzeptiert.
Bei der Tarifgenehmigung bzw. -festsetzung hat die Regierung u.a. auch darauf zu achten, ob die Tarife mit dem Gebot der Billigkeit im Einklang stehen, d.h. ob die Tarife wirtschaftlich tragbar sind. Bei Tarifen, die sich innerhalb des vom EDI festgelegten Rahmens bewegen, geht der Bundesrat davon aus, dass diese grundsätzlich wirtschaftlich tragbar sind, sofern sie keine unzumutbaren Auswirkungen auf die Prämien der Versicherer haben. Der Bundesrat hat in seinen bisherigen Beschwerdeentscheiden entschieden, dass Tariferhöhungen, die insgesamt (d.h. inklusive Spital-, Spitex- und Arzttarife) einen Prämienanstieg von 4 Prozent zur Folge haben, als wirtschaftlich tragbar zu betrachten sind.
Beantwortung der Fragen:
1. Die Unterschiede zwischen den Kantonen sind insbesondere in den zwischen den Krankenversicherern und den Pflegeheimen abgeschlossenen Tarifverträgen, in der unterschiedlichen Transparenz des Kostennachweises der Heime im Falle der hoheitlichen Tariffestlegung sowie der Ausgangslage beim In-Kraft-Treten des neuen KVG begründet. Bis 1996 haben die Krankenversicherer in Graubünden im Unterschied zu den Krankenversicherern in zahlreichen anderen Kantonen keine Leistungen an die Behandlung, Untersuchung und an Pflegemassnahmen von Bewohnern der Pflegeheime erbracht.
2. Durch die im Kanton relativ tiefen Leistungen der Krankenversicherer sind die Heime als Leistungserbringer und indirekt der Kanton und die Gemeinden als Mitfinanzierer benachteiligt. Für die Versicherten sind demgegenüber die relativ tiefen Leistungen der Krankenversicherer von Vorteil, wirkt sich doch dieser Umstand günstig auf die Prämienhöhe aus.
3. Bei einer tariflichen Einigung zwischen den Krankenversicherern und den Heimen verfügt die Regierung über keinen entsprechenden Handlungsspielraum. Beim Scheitern der Tarifverhandlungen hat sich die Regierung bei der hoheitlichen Festlegung der Tarife an der vorstehend zusammengefassten Rechtsprechung des Bundesrates in gleich gelagerten Beschwerdeverfahren zu orientieren.
4. Die Grundsätze des Bundesgesetzes über die Krankenversicherung bezüglich Übernahme der Pflegekosten durch die Krankenversicherer sind im Kanton Graubünden bereits umgesetzt. Die Umsetzung dieser Grundsätze ist nicht abhängig von der Höhe der Leistungen der Krankenversicherer.

Chur, 18. August 1999