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Session: 26.05.1999

(Überprüfung der Variante eines Eisenbahntunnels Freifeld-Sassal der Chur-Arosa-Bahn)

Die Absicht der Behördendelegation Bahnhof Chur, bestehend aus Vertretungen der Stadt, des Kantons, der RhB, der SBB und des Bundesamtes für Verkehr mit dem Projekt "Revival" für den Bahnhof Chur eine moderne, städtebaulich interessante Lösung zu finden, ist durch das Gutachten der Eidgenössischen Kommission für Denkmalpflege (EKD) zur Schutzwürdigkeit des Churer Bahnhofgebäudes in grosse Schwierigkeiten geraten.
Seit Jahren wird in der öffentlichen Diskussion periodisch die Variante eines Tunnels durch den Pizokel diskutiert, nach welcher die Chur-Arosa-Bahn anstelle der bisherigen Linie ab Bahnhofplatz in das bestehende RhB-Bahnhofsystem integriert werden könnte. Dieser Pizokeltunnel würde im Bereich Freifeld von der RhB-Strecke Chur-Reichenau abzweigen und in einem Tunnel die Stadt Chur südlich umfahren. Diese Variante geht zurück auf einen Plan von Herrn Coudray, dem ehemaligen Vizedirektor des Bundesamtes für Verkehr, den er in den Jahren 1969/70 der RhB unterbreitet hatte. In der Zwischenzeit wurde diese Idee durch eine neue Studie von Bauingenieur R. Mettler aktualisiert.

Vorteile dieser Variante Coudray/Mettler sind einige:
- Churer Bahnhofplatz ohne Arosa-Bahn
- Lösung der Verkehrsprobleme durch die Stadt (zum Beispiel Obertor/Welchdörfli)
- Wegfall der Geleisequerung SBB-RhB
- Erhalt des bisherigen Bahnhofsgebäudes

1969/70 verhielt sich die RhB gegenüber der Variante Pizokeltunnel aus damaligen Überlegungen sehr skeptisch. Seither haben sich aber einige Rahmenbedingungen für diese Variante wesentlich verbessert:
- Umelektrifizierung der Arosa-Bahn abgeschlossen, Eingliederung in Stammnetz
- Doppelspur der RhB heute über die Abzweigung im Freifeld hinaus bis Reichenau

Die Variante eines Pizokeltunnels ist immer dann wieder öffentlich diskutiert worden, wenn ein "offizielles" Projekt scheiterte oder in grosse Probleme geriet. Bis heute ist aber dazu noch nie eine etwas konkretere Machbahrkeitsstudie (mit einer approximativen Kostenschätzung und einer objektiven Abwägung der Vor- und Nachteile) erstellt worden.

Wir bitten die Regierung, die nachfolgenden Fragen zu beantworten:
1. Welchen Stellenwert wird dem Gutachten der Eidgenössischen Kommission für Denkmalpflege (EKD) zu Schutzwürdigkeit des Churer Bahnhofgebäudes zugemessen?
2. Teilt die Regierung die Auffassung der InterpelantInnen, wonach sich eine Machbahrkeitsstudie der Variante Pizokeltunnel für eine wirklich zukunftsorientierte Lösung der Einführung der Chur-Arosa-Bahn in den Bahnhof Chur lohnen könnte?
3. Wären für die Realisierung dieses Pizokeltunnels zusätzliche Gelder unter dem Titel "Trennung Schiene/Strasse" zu erwarten?

Chur, 26. Mai 1999

Namen: Schütz, Locher, Jäger, Aebli, Arquint, Looser, Pfenninger, Trepp
Session: 26.05.1999
Vorstoss: dt Interpellation

Antwort der Regierung


Die Bedeutung des Ausbaus des Bahnhofes Chur für den Kanton Graubünden und die lange Planungsgeschichte wurden von der Regierung in der Antwort zur Interpellation Walther vom 30. März 1999 bereits ausführlich dargestellt. Daher kann diesbezüglich auf die dortigen Ausführungen verwiesen werden.
In der Zwischenzeit nahm die Behördendelegation an ihrer Sitzung vom 8. Juni 1999 eine neue Lagebeurteilung auf Grund des ENHK-Gutachtens vor und beschloss, die Planung des Bahnhofplatzes mit veränderten Rahmenbedingungen fortzusetzen: Auf den Abbruch des alten Aufnahmegebäudes wird verzichtet. Die seitliche Verschiebung der zweigleisigen Arosabahn Richtung Bahnhofgebäude sowie die Schliessung der Durchfahrt für den motorisierten Individualverkehr schaffen die Voraussetzungen für die Aufwertung des Bahnhofplatzes.
Am 25. Juni 1999 hat der Verwaltungsrat der SBB das Vorprojekt für den Ausbau des Bahnhofs Chur genehmigt, d.h. den Bau einer neuen Personenunterführung in der Achse Bahnhofstrasse, die Verbesserung der Perronanlagen und den Ersatz des Stellwerkes. An ihrer Sitzung vom 13. August 1999 ist die Behördendelegation zudem zur Ansicht gelangt, dass aus submissionsrechtlichen Gründen für die Neugestaltung des Bahnhofplatzes ein öffentlicher Wettbewerb durchzuführen sei. Die Projektkommission wird in den kommenden Wochen den Katalog der Randbedingungen zuhanden der Behördendelegation erarbeiten.
Bezogen auf die einzelnen Fragen kann Folgendes festgehalten werden:
Frage 1
Die Frage nach der Schutzwürdigkeit ist bezüglich des Ausbaus des Bahnhofs Chur gegenstandslos geworden: Die Behördendelegation beschloss am 8. Juni 1999, das alte Aufnahmegebäude zu erhalten.
Frage 2
Die alte Idee eines Pizokeltunnels stammt vom Oberbauleiter des Furkatunnels, Ingenieur Coudray. Der Bau eines Tunnels von fast 4 km Länge wird vom heutigen Promotor, Ingenieur Mettler, mit ca. 80 Mio. Fr. veranschlagt. Der Mittenbergtunnel von 2.8 km Länge (ohne Teilprojekt unterirdischer Bahnhof) wurde bereits mit 85 Mio. Fr. budgetiert (vgl. Auflageprojekt März 1996)! Neben dem effektiv ca. 100 Mio. Fr. teuren Pizokeltunnel wären auch erhebliche Investitionen für eine niveaufreie Verzweigung der Arosabahn von der RhB-Stammlinie im Freifeld sowie zusätzliche Ausbauten der RhB-Perronanlagen im Bahnhof Chur notwendig (Abriss Lokdepot RhB, SBB-Werkstätte, etc.). Trotz dieser grossen Investitionen würden aber betriebliche Probleme mit den (anschlussbedingt gleichzeitig ein- bzw. ausfahrenden) Zügen Richtung Albula und Oberland sowie der Vorortspendelzüge bestehen bleiben. Der Bund hat zudem klar zu verstehen gegeben, dass er auf eine Tunnellösung für die Arosabahn verzichten will. Eine Machbarkeitsstudie für den Pizokeltunnel wäre deshalb unter den gegebenen Umständen keine zielführende Lösung.
Frage 3
Auf Grund des vom Bundesparlament beschlossenen "Stabilisierungsprogramms 1998" werden durch den Bund keine neuen Verpflichtungen für Verkehrstrennungs-Massnahmen mehr eingegangen. Der Bund wird auch keine Tunnellösung über Privatbahn-Investitionshilfemittel finanzieren. Ein entsprechendes Gesuch würde abgelehnt.

Chur, 25. August 1999