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Session: 30.11.1999

Die Prospektivstudie "Bildung und Erziehung der vier- bis achtjährigen Kinder in der Schweiz" (EDK-Dossier48A), welche 1997 erschien, schlug die Einführung einer Basisstufe vor.

Unter dem Motto "unsere Schule unsere Zukunft" soll nun im Kanton Zürich die Volksschule umfassend erneuert werden. Dabei wurden von der kantonalen Bildungsdirektion 14 verschiedene Reformmassnahmen vorgeschlagen, die die heutige Volksschule im Kanton Zürich derart wesentlich verändern würden, dass Auswirkungen auch in andere Kantone unausweichlich erscheinen. Die Vorschläge wurden unter dem Bild "Haus des Lernens" lanciert. Ganz besondere Beachtung unter den Reformthesen findet die Einführung der so genannten Grundstufe entsprechend der erwähnten Prospektivstudie der EDK an Stelle des heutigen zweijährigen Kindergartens. Die Zürcher Bildungsdirektion schreibt dazu: "Eine zukunftsorientierte Bauweise bedeutet für die Schule eine flexible Gliederung. Die eher starre Abgrenzung des Kindergartens von der Schule wird durch eine Grundstufe abgelöst. In ihr werden die jüngsten Kinder in altersdurchmischten Gruppen vom lernenden Spielen zum spielenden Lernen geführt. Der Wechsel in die nächste Stufe ist auf das einzelne Kind angepasst."

Die Einführung einer Basisstufe beruht auf der Erkenntnis, dass die Entwicklung der Kinder sehr ungleich verläuft. Absolut zentral ist dabei allerdings nach unserer Auffassung, dass damit keine einseitige Verstärkung des kognitiven Leistungsprinzips im heutigen Vorschulalter verbunden wird.

Die Regierung wird um Beantwortung der folgenden Fragen ersucht:
    1. Wie wird der Inhalt des Reformpakets der Zürcher Bildungsdirektion gesamthaft eingeschätzt?
    2. Welche Vor- und Nachteile sieht die Regierung in der Ablösung des heutigen Kindergartens zu einer Basisstufe?
    3. Welche Auswirkungen hätte die Einführung der Basisstufe auf die Ausbildung der Lehrpersonen auf Stufe Kindergarten (und Primarschule)?
    4. Ist es angebracht, mit dem Ziel einer besseren Einbindung der heutigen Kindergärten an die Volksschulen (unabhängig von der eventuellen Schaffung der erwähnten Grundstufe) das kantonale Kindergartengesetz im Bündner Schulgesetz zu integrieren?
    5. Teilt die Regierung die Auffassung der Interpellantinnen und Interpellanten, dass ebenfalls unabhängig einer eventuellen Veränderung der Kindergärten die Gemeinden allen Kindern den Besuch des Kindergartens während zwei Jahren vor dem Schuleintritt zu ermöglichen haben? Ist mit einer entsprechenden Gesetzesrevision zu rechnen?

Chur, 30. November 1999

Namen: Jäger, Locher, Aebli, Arquint, Baselgia, Bucher, Koch, Looser, Meyer, Noi, Pfenninger, Scharegg, Schlatter, Trepp, Schütz

Session: 30.11.1999
Vorstoss: dt Interpellation

Antwort der Regierung

Die Bildungsdirektion des Kantons Zürich hat ein Gesamtkonzept einer kantonalen Volksschulreform entwickelt. Seitens der Bildungsverantwortlichen des Zürcher Volksschulwesens wird attestiert, dass die bisherige Arbeit an der Volksschule insgesamt als positiv einzustufen sei. Um neuen Anforderungen begegnen zu können, müssten aber dennoch Veränderungen angestrebt werden. Das neue Konzept wird als ein "Haus des Lernens" dargestellt, welches auf einem soliden Fundament steht und über verschiedene Räume des Lernens und Lehrens verfügt. Der Bauweise des "Hauses des Lernens" wird besondere Beachtung geschenkt, wobei die Menschen Kinder und Erwachsene im Zentrum stehen. Verwirklicht werden kann das Bauwerk nur, indem in die Zukunft investiert wird und indem eine sorgfältige zeitliche Planung vorgenommen wird.
Für den Kanton Graubünden ist in diesem Zusammenhang wichtig, dass in der heutigen Zeit umfassende Reformbemühungen im Bildungsbereich nicht mehr von einem einzelnen Kanton ausgehen können, sondern auf kantonsübergreifenden Strukturen abgestützt sein müssen. Zu diesen Strukturen zählen u.a. die Schweizerische Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektoren (EDK) sowie die Regionalkonferenzen der EDK. Ein Vorprellen einzelner Kantone kann überregionale Entwicklungen stören, hemmen oder in einem ungünstigen Moment erzwingen.
Zu den konkreten Fragen nimmt die Regierung folgendermassen Stellung:
1. Das Konzept der Zürcher Bildungsdirektion wird als interessante Diskussionsgrundlage mit beachtenswerten Ansätzen eingeschätzt.
2. Die charakteristischen Merkmale der Basisstufe sind im EDK-Dossier Nr. 48A detailliert dargestellt. Im Sinne einer Grobbeurteilung kann gesagt werden, dass die Basisstufe im pädagogischen Bereich Vorzüge hat und einem gesellschaftspolitischen Anliegen entsprechen dürfte. Sie weist aber insbesondere im ökonomischen Bereich (u.a. Mehrkosten für Anpassungen der Infrastruktur) erhebliche Nachteile auf. Für den Kanton Graubünden kommt die Diskussion betreffend Basisstufe in Anbetracht der noch relativ jungen Geschichte des Bündner Kindergartenwesens um einige Jahre zu früh.
3. Die Ausbildung der betroffenen Lehrpersonen an der Pädagogischen Fachhochschule (PFH) Graubünden wäre entsprechend anzupassen. Amtierende Kindergärtnerinnen und Primarlehrkräfte müssten für ihre neue Aufgabe nachqualifiziert werden. Dies brächte eine verstärkte Dynamik in die Ausbildungsgänge und hätte in den vielfältigen Regionen unseres Kantons zusätzliche Fragestellungen im Hinblick auf eine bedürfnisorientierte Auswahl von Lehrkräften zur Folge. Vor allem Gemeinden mit mehrklassigen Schulen und Gesamtschulen wären mit zusätzlichen Problemstellungen konfrontiert.
4. Im Rahmen der für 2000 vorgesehenen VFFR-Revision des Schulgesetzes soll von einer Integration der Bestimmungen des Kindergartengesetzes ins Schulgesetz abgesehen werden. Weil das Ergebnis der aktuellen Diskussionen über die Zukunft des Kindergartens ungewiss ist, ist es derzeit nicht angezeigt, diese mit weitreichenden materiellen Änderungen verbundene Integration vorzunehmen.
5. Die Regierung teilt die Ansicht, dass der Besuch eines Kindergartens während zwei Jahren aus pädagogischer Sicht wertvoller ist als der Besuch eines einjährigen Kindergartens. In den meisten Bündner Gemeinden ist die Möglichkeit eines zweijährigen Kindergartenbesuchs bereits heute schon gewährleistet. Eine diesbezügliche Revision des Kindergartengesetzes mit einem entsprechenden Obligatorium drängt sich somit zur Zeit nicht auf.