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Session: 30.01.2001
betreffend Berechnung des Lebensbedarfes bei kantonalen Mutterschaftsbeiträgen

Nach der Geburt eines Kindes gewährt der Kanton der Mutter oder dem Vater während einer bestimmten Zeit Beiträge, sofern sie oder er zur persönlichen Pflege und Betreuung des Kindes einer finanziellen Unterstützung bedarf. Die Beiträge entsprechen dem Differenzbetrag zwischen dem Lebensbedarf und dem anrechenbaren Einkommen.

Gemäss Art. 4 des Gesetzes über die Mutterschaftsbeiträge (BR 548.200) gelten als Lebensbedarf die Einkommensgrenzen für Alleinstehende und Ehepaare nach den im Kanton massgebenden Bestimmungen über die EL. Für jedes im gleichen Haushalt lebende Kind wird ein Zuschlag von 20% der Einkommensgrenze alleinstehender Elternteile angerechnet.

Nach Art. 5 des Gesetzes gelten als anrechenbares Einkommen sämtliche während der Beitragszeit anfallende Einkünfte des betreuenden Elternteils respektive der verheirateten oder zusammenlebenden Eltern. Gemäss Botschaft der Regierung an den Grossen Rat (Heft Nr. 5/1990-91, S. 329f zu Art. 5) gelten als Einkommen auch Lohnfortzahlungen des Arbeitgebers sowie allfällige Alimente bzw. Alimentenvorschüsse.

Vom Gesetz nicht erfasst werden die zur Alimentenzahlung verpflichteten Väter und Mütter, die mit einer neuen Partnerin/einem neuen Partner zusammen Kinder haben.

Dazu ein Beispiel:
Ein RhB-Angestellter, geschieden und 2 Kinder, lebt im Konkubinat mit einer im Service tätigen Frau, die noch keine Kinder hat. Er verdient netto Fr. 5'000.--, muss jedoch Fr. 2'000.-- Alimente bezahlen. Sie verdient Fr. 2'700.--. Nun bekommt das Paar ein Kind und die Frau möchte sich mit Hilfe von Beiträgen gestützt auf das Gesetz über die Mutterschaftsbeiträge 10 Monate selber ums Kind kümmern. Sie erhalten nun aber keine Mutterschaftsbeiträge, da das anrechenbare Einkommen des Mannes Fr. 5'000.-- beträgt, obwohl er Fr. 2'000.-- Alimente bezahlen muss. Es würden dem Paar somit nur Fr. 3'000.-- übrig bleiben.

Die Praxis zeigt also, dass das Resteinkommen dieser Personen, also nach Abzug der Alimentenzahlungen, häufig nicht mehr ausreicht, die neue Familie zu unterhalten. Der oder die PartnerIn ist gezwungen, einer Erwerbsarbeit nachzugehen. Natürlich besteht aber auch bei dieser Konstellation nach der Geburt eines Kindes das Bedürfnis des betreuenden Elternteils auf Reduktion des Arbeitspensums und auf entsprechende Unterstützungsleistungen. Da aber diese Personen die geleisteten Alimentenzahlungen nicht vom Einkommen abziehen können, ist ihr (fiktives) Einkommen zu hoch, als dass sie gemäss Art. 2 anspruchsberechtigt wären. Dies führt dann zu den erwähnten unbefriedigenden Situationen. In Ergänzung zu Art. 4 Abs. 2 des Gesetzes sollen daher die Alimentenzahlungen ebenfalls als Ausgaben anerkannt werden.

Wir stellen deshalb den Antrag, dass die Regierung dem Grossen Rat eine Änderung von Art. 4 Abs. 2 des Gesetzes über Mutterschaftsbeiträge vom 8. Dezember 1991 (BR 548.200) unterbreitet und darin die Alimentenzahlungen als zusätzlich anerkannte Ausgaben vorschlägt.

Chur, 30. Januar 2001

Namen: Meyer, Zindel, Schmutz, Arquint, Bucher, Christoffel, Frigg, Hardegger, Jäger, Locher, Looser, Märchy, Noi, Pfenninger, Pfiffner, Scharplatz, Schütz, Suter, Trepp, Zarn, Zindel

Session: 30.01.2001
Vorstoss: dt Motion

Antwort der Regierung

Das Gesetz über Mutterschaftsbeiträge wurde in Graubünden 1991 eingeführt. Damals hatten erst vier Kantone entsprechende gesetzliche Bestimmungen. Die Regelungen in den einzelnen Kantonen waren recht unterschiedlich ausgestaltet.

Die Motion weist auf eine Lücke in der Berechnung des Lebensbedarfes hin. Während die Unterhaltsbeiträge des zahlungspflichtigen Elternteils beim betreuenden
Elternteil als Einkommen angerechnet werden, sieht das Gesetz über Mutterschaftsbeiträge keine Möglichkeit vor, diese beim pflichtigen Elternteil im Rahmen der Ermittlung der Anspruchsberechtigung und der Festlegung der Beitragshöhe als Ausgabe anzuerkennen. Ein Grund für diese unterschiedliche Behandlung ist aus den Gesetzesmaterialien nicht ersichtlich. Er dürfte darin begründet sein, dass übersehen wurde, dass auch ein unterhaltspflichtiger Elternteil in die Situation geraten kann, in welcher er selbst auf Mutterschaftsbeiträge angewiesen ist, um dem neugeborenen Kind persönliche Pflege und Betreuung gewährleisten zu können.

Eine Umfrage bei den elf Kantonen, welche derzeit über gesetzliche Grundlagen zur Ausrichtung von Mutterschaftsbeiträgen verfügen, hat ergeben, dass Alimentenverpflichtungen in allen Kantonen angerechnet werden; entweder können sie beim Einkommen direkt in Abzug gebracht werden, oder sie werden als Ausgaben anerkannt.

Gestützt auf die vorstehende Ausgangslage erachtet die Regierung das Anliegen der Motion als begründet. Sie erklärt sich entsprechend bereit, die Motion entgegenzunehmen und die familienrechtlichen Unterhaltspflichten bei der nächsten Revision des Gesetzes über Mutterschaftsbeiträge als Ausgaben anzuerkennen.

27. Februar 2001