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Session: 26.03.2001

Der Blick auf die Skala der heutigen Arbeitslosenzahlen könnte leicht täuschen. Trotz des wirtschaftlichen Aufschwungs bleibt die Sockelarbeitslosigkeit bei ca. 1,5 Prozent. Es sind nach wie vor Bevölkerungsgruppen auf soziale und wirtschaftliche Unterstützung angewiesen.

Die zunehmenden Mitteilungen von Betriebsschliessungen in letzter Zeit lassen erkennen, dass der wirtschaftliche Aufschwung ins Stocken geraten ist. Die Auswirkungen kennen wir aus früheren Jahren: steigende Arbeitslosenzahlen und die Zunahme der nicht mehr im Arbeitsprozess integrierten arbeitsfähigen Menschen.

Die Liberalisierungswelle bei SBB, Post und Swisscom drängt die Berggebiete immer mehr ins Abseits. Über 20 000 Arbeitsplätze sind insgesamt in der Schweiz bereits abgebaut worden. Es gilt unseres Erachtens heute und jetzt, die Integrationsprogramme zu optimieren, damit wir für kommende Ereignisse vorbereitet sind.

Das Integrationsprogramm der ausgesteuerten Arbeitslosen mit dem Titel “Werknetz Graubünden” hat sich aufgrund meiner Erfahrungen bestens bewährt. In Beratung und Vermittlung engagiert, hat sich die Organisation einen festen Platz für Menschen ohne Arbeit geschaffen. Die Finanzierung der Administration und Vermittlung wird über die Sozialhilfe sichergestellt, das bedeutet, dass diese Menschen trotz Arbeit von den Gemeinden abhängig sind. Eine wenig motivierende Beschäftigung! Erfahrungen mit dem Beschäftigungsprogramm, wo die Menschen direkt für ihre Arbeit den Lohn erhalten, z.B. im Pro Rec, haben sich bestens bewährt. Die Arbeitsmotivation für Menschen, die von der Sozialhilfe ihren Lebensunterhalt ausbezahlt erhalten, ist um einiges tiefer.

In diesem Zusammenhang stellen sich die folgenden Fragen:
1. Wie beurteilt die Regierung die unterschiedliche Finanzierung der Integrationsprogramme?
2. Teilt die Regierung die Auffassung der Interpellantinnen und Interpellanten, dass eine einheitliche Lösung zu schaffen wäre, d.h. eine Loslösung von der Sozialhilfe anzustreben?
3. Könnten weitere Integrationshilfen im Rahmen von Bundesmitteln finanziert werden? Sind derartige Programme konkret in Vorbereitung?

Chur, 26. März 2001

Namen: Schütz, Locher, Frigg, Arquint, Brasser, Bucher, Jäger, Koch, Looser, Märchy, Noi, Pelizzatti, Pfenninger, Pfiffner, Schmutz, Trepp, Zanolari, Zindel

Session: 26.03.2001
Vorstoss: dt Interpellation

Antwort der Regierung

Die Regierung teilt die Einschätzung der Interpellanten, wonach trotz Anzeichen für einen wirtschaftlichen Aufschwung auch in Zukunft mit einer Sockelarbeitslosigkeit gerechnet werden muss. Betroffen sind dabei vorwiegend Personen, die Ausbildungsdefizite aufweisen und aus persönlichen, sozialen oder gesundheitlichen Gründen den Zugang zu den Arbeitsstellen nicht oder nur dank steter Begleitung
finden können. Für diese Personengruppe werden mit dem Projekt „Werknetz
Graubünden“ Angebote entwickelt.

Das Projekt wird zurzeit mit jährlich 175'000 Franken aus dem Bündner Arbeitslosenfonds unterstützt. Dieser Betrag deckt die Organisationskosten. Die Teilnehmerkosten für die Beschäftigungsprogramme und die Entschädigung bzw. Entlöhnung werden über die Sozialhilfe finanziert.

Die bestehenden Integrationsprogramme für Arbeitslose im Kanton (z.B. Pro REC) werden sowohl durch die regionalen Arbeitsvermittlungszentren des Arbeitsamtes wie auch durch das Werknetz genutzt. Die gesetzlichen Voraussetzungen für die
Finanzierung dieser Integrationsprogramme über die Arbeitslosenversicherung
einerseits und die Sozialhilfe andererseits sind unterschiedlich. Die Arbeitslosenversicherung finanziert nur Integrationsprogramme für Personen, die noch nicht ausgesteuert sind. Personen, die gegenüber der Arbeitslosenversicherung keinen Anspruch mehr haben, müssen demgegenüber über die Sozialhilfe unterstützt werden. Aus der Sicht der Betroffenen wird als stossend empfunden, dass die über die Sozialhilfe finanzierte Entschädigung rückerstattungspflichtig ist.

Das Sozialamt klärt im Rahmen der Weiterentwicklung des Projektes "Werknetz Graubünden" ab, wie die Nachteile und Schwachstellen der Finanzierung von Integrationsprogrammen über die Sozialhilfe gemildert werden können. Als kurzfristige Massnahme wird geprüft, ob und inwieweit Integrationsprogramme für Personen, die gegenüber der Arbeitslosenversicherung keinen Anspruch mehr haben, über das Behindertengesetz finanziert werden können. Als längerfristige Massnahme wird geprüft, ob die Finanzierung der Integrationsprogramme im Rahmen des Gesetzes über die öffentliche Unterstützung neu in einer Form geregelt werden kann, die die bestehenden Nachteile aufhebt.

Aus Bundesmitteln (Arbeitslosenversicherung) können als Integrationshilfen einzig während einer Rahmenfrist von zwei Jahren die Aufwendungen für die Weiterbildung, Umschulung, Beschäftigungsprogramme, Einarbeitungszuschüsse usw. finanziert werden. Für die Finanzierung weiter gehender Integrationshilfen durch Mittel des Bundes fehlt eine Rechtsgrundlage. Der Bundesrat sieht bei der geplanten Revision des Arbeitslosenversicherungsgesetzes trotz eines entsprechenden Antrags der Schweizerischen Sozialdirektorenkonferenz nicht vor, eine solche Rechtsgrundlage zu schaffen. Eine solche hatte auch die Bündner Regierung im Rahmen der Vernehmlassung zur Gesetzesrevision ausdrücklich verlangt.