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Session: 01.06.2001

Die Praxis für die Erhaltung eines Stipendiums im Kanton Graubünden ist bekanntlich schwierig. Die Grossräte haben sich mehrmals zugunsten einer weniger strikten Praxis und eines Gesetzeserlasses geäussert, der nicht nur zeitgemäss, sondern auch im Einklang mit denjenigen anderer Kantonen ist.

Das aktuelle Stipendiengesetz datiert von 1959 und wurde das letzte Mal im Jahr 1966 revidiert. Am 7. Oktober 1998 hat der Grosse Rat die Motion Gadmer überwiesen. Mit diesem Vorstoss wird die Revision des Stipendiengesetzes und der entsprechenden Ausführungsbestimmungen verlangt. Diese Motion ist noch hängig und es gibt keine Anzeichen dafür, dass sie erledigt wird.

Im Moesano wird die Schwierigkeit, ein Stipendium zu bekommen, für ein grössere Problem gehalten als in anderen Orten des Kantons betrachtet, da schon immer viele junge Leute die Tessiner Schulen besucht haben.

Dazu ein Beispiel: Im Tessin wird die Ausbildung für Pflegeberufe, zumindest was den theoretischen Teil betrifft, nicht mehr entlöhnt. Trotzdem bekommen die jungen Tessiner ohne grosse Schwierigkeiten ein Stipendium in ihrem Kanton. Im Gegensatz dazu werden die Beitragsgesuche der jungen Bündner meistens vom Kanton Graubünden abgelehnt. Das passiert auf Grund des Stipendiengesetzes, das sich als inadäquat erweist. Die Abschaffung der Berufsschule für Krankenpflege in italienischer Sprache in Chur wird das Problem für die jungen Leute des Moesano, die sich diesem Beruf widmen möchten, noch verschärfen.

Deshalb frage ich die Regierung:
- ob sie sich bewusst ist, dass die Jungen des Moesano, wie im obenerwähnten Fall, diskriminiert werden, indem sie verpflichtet sind, sich nach dem Tessin auszurichten, da in ihrem Kanton keine Möglichkeit besteht, eine Schule in ihrer Muttersprache zu besuchen?
- ob sie bereit ist, eine Lösung zu finden, die den Jungen solche Unbequemlichkeiten erspart?
- ob die Motion Gadmer, die am 7. Oktober 1998 überwiesen wurde, bald im Grossen Rat behandelt wird und ob ihre Absichten im Gesetzesentwurf der Regierung respektiert werden?

Chur, 1. Juni 2001

Name: Noi

Session: 01.06.2001
Vorstoss: dt SchriftlicheAnfrage

Antwort der Regierung

Einleitend ist festzuhalten, dass es im Kanton Graubünden keineswegs schwieriger ist Stipendien zu erhalten als in den übrigen Kantonen der Schweiz. Der Anteil der Stipendienbezügerinnen/-bezüger der Bevölkerung im Kanton Graubünden liegt über dem schweizerischen Durchschnitt. Wie bereits in der Beantwortung der Motion Gadmer ausgeführt wurde, handelt es sich bei unserem Stipendiengesetz um ein offen formuliertes Rahmengesetz, welches ein flexibles und bedürfnisgerechtes Handeln ermöglicht. In erster Linie bedarf das Stipendiengesetz rein formaler Anpassungen, weil die laufende bildungspolitische Entwicklung verschiedene neue Ausbildungen hervorgebracht und bestehende Ausbildungen neu strukturiert hat. Wie in der Beantwortung der Motion weiter ausgeführt wurde, kann den Anliegen der Motion hauptsächlich mittels Anpassungen der regierungsrätlichen Richtlinien entsprochen werden.

Die Voraussetzungen für den Erhalt eines Stipendiums sind für alle im Kanton wohnhaften Personen gleich. Die Regierung kann versichern, dass keine Diskriminierung einer Bevölkerungsgruppe zugelassen würde. Somit bestehen für die Bewohner des Moesano keine speziellen Schwierigkeiten, Stipendien zu erhalten. Die Möglichkeit, für die Ausbildung im Pflegeberuf im Kanton Tessin Stipendien zu beziehen, ist sichergestellt. Selbstverständlich müssen die individuell anfallenden Ausbildungs- und Lebenshaltungskosten bei der Berechnung berücksichtigt werden. Ein allfälliges Stipendium richtet sich nach der wirtschaftlichen Situation der in Ausbildung stehenden Person und deren Eltern. Beim nicht entlöhnten theoretischen Teil der Ausbildung fällt das Stipendium folgerichtig höher aus als beim entlöhnten praktischen Teil der Ausbildung.

Zu den gestellten Fragen nimmt die Regierung folgendermassen Stellung:

Die Regierung ist sich dessen bewusst, dass die jungen Leute aus dem Moesano - wie auch aus dem Puschlav, dem Bergell und aus Romanischbünden - für eine Ausbildung im Pflegeberuf im Kanton Graubünden nicht eine Schule in ihrer Muttersprache besuchen können. Dies betrachtet die Regierung jedoch nicht als Diskriminierung. Vielmehr bietet eine Ausbildung im Kanton die Chance, neben der eigentlichen Fachausbildung noch eine Zweitsprache in Wort und Schrift zu erlernen. Dies bringt in jeder Lebenssituation und für die berufliche Karriere Vorteile. Die so genannte Unbequemlichkeit gilt es somit als Chance und Vorteil zu erkennen und zu nutzen.

Ob zu einem späteren Zeitpunkt im Kanton Ausbildungen oder Ausbildungsteile im Gesundheitsbereich in italienischer Sprache angeboten werden, kann derzeit nicht abschliessend beantwortet werden. Nach Inbetriebnahme des geplanten Ausbildungszentrums für Gesundheit und Soziales wird insbesondere auch abzuklären sein, ob für eine entsprechende Ausbildung in Italienisch über mehrere Jahre genügend Interessentinnen und Interessenten vorhanden sind.

Voraussichtlich kann eine Revision des Stipendiengesetzes in zwei bis drei Jahren dem Grossen Rat zur Behandlung unterbreitet werden. Die in der überwiesenen
Motion Gadmer enthaltenen Anliegen werden im Gesetzesentwurf respektiert und umgesetzt, sofern dies machbar und aktuell ist.