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Session: 07.09.2001

Mit Beschluss vom 14. August 2001 hat die Regierung in Abweichung von Art. 25 Ziff. 2 lit. b der Geschäftsordnung der Regierung (GOR; BR 170.325) die Sachgebiete "Kantonspolizei" und "Fremdenpolizei" mit sofortiger Wirkung vom Justiz-, Polizei- und Sanitätsdepartement auf das stellvertretende Bau-, Verkehrs- und Forstdepartement übertragen (siehe Amtsblatt Nr. 33 vom 16.08.2001, S. 2690). Dieser Schritt erfolgte im Zusammenhang mit der von der Bezirksanwaltschaft III für den Kanton Zürich und von der Justizkommission des Grossen Rates beantragten Aufhebung der Immunität von Regierungsrat Peter Aliesch, damit die Strafuntersuchung im sogenannten "Fall Papadakis" auf ihn ausgedehnt werden kann.

Durch die von Regierungsrat Peter Aliesch öffentlich bestätigten Sachverhalte im "Fall Papadakis" sowie durch seine Verhaltensweise nach Bekanntwerden der Geschenkannahmen ist er nach Ansicht der Unterzeichnenden, unabhängig vom Ausgang des Strafverfahrens, als Magistratsperson politisch nicht mehr glaubwürdig. Überdies hat er auch das Ansehen der Regierung und des Kantons Graubünden stark in Mitleidenschaft gezogen. Für die Unterzeichnenden weist das Verhalten von Regierungsrat Aliesch eine politische Dimension auf, bei der es um mehr als die blosse Vermeidung von allfälligen Interessenkollisionen im Rahmen der Strafuntersuchung über möglicherweise strafrechtlich relevante Sachverhalte geht.

Ein Regierungsmitglied muss ein ausgesprochen hohes Mass an Verantwortungsbewusstsein, Integrität und Glaubwürdigkeit gewährleisten können. Vor diesem Hintergrund ist es nicht mehr möglich, dass Regierungsrat Peter Aliesch die Revision der Kantonsverfassung, bei der es um grundlegende Fragen des Staatsverständnisses und der Staatsstrukturen geht, im Grossen Rat und in der Öffentlichkeit vertreten kann. Auch für die Führung des gesellschaftspolitisch sensiblen Bereiches "Strafrecht, Strafverfolgung und vollzug" insbesondere mit Bezug auf die Behandlung von Beschwerden, bei welchen das Ansehen des Entscheidträgers von grosser Bedeutung ist, mangelt es Regierungsrat Peter Aliesch an der notwendigen politischen Glaubwürdigkeit. Ob der Sanitätsbereich, der eine intensive Zusammenarbeit mit dem Bund und anderen Kantonen erfordert, weiterhin durch Regierungsrat Peter Aliesch vertreten werden kann, bleibt fraglich.

In dieser Ausnahmesituation sind zur Wahrung der politischen Handlungsfähigkeit und Glaubwürdigkeit der kantonalen Organe wirksame Massnahmen zumindest in den Sachgebieten Justiz und Polizei vorzukehren.

Deshalb ersuchen die Unterzeichnenden die Regierung aus oberwähnten wichtigen Gründen:

1. Zu prüfen, inwieweit mit sofortiger Wirkung und bis zum Ausscheiden von Regierungsrat Peter Aliesch aus der Regierung die Sachgebiete Justiz und Polizei unter gleichmässiger Aufteilung auf die anderen Departemente übertragen werden können.
2. Zu prüfen, inwieweit Regierungsrat Aliesch intern mit Sonderaufgaben betraut werden kann.
3. Vorliegendes Postulat in der Oktobersession 2001 zu behandeln.

Chur, 7. September 2001

Name: Arquint, Vetsch, Suenderhauf, Casanova (Chur), Ambühl, Augustin, Bachmann, Bär, Barandun, Battaglia, Beck, Berther (Sedrun), Biancotti, Bischoff, Brasser, Brüesch, Brunold, Bucher, Bühler, Büsser, Cahannes, Capaul, Casanova (Vignogn), Cathomas, Catrina, Caviezel (Chur), Caviezel, (Pitasch), Cavigelli, Christoffel, Claus, Conrad, Crapp, Dalbert, Demarmels, Dermont, Donatsch, Frigg, Furrer, Geisseler, Giovannini, Göpfert, Gross, Hanimann, Hardegger, Hartmann, Heinz, Hess, Hübscher, Jäger, Joos, Juon, Kehl, Keller, Kessler, Lardi, Lemm, Locher, Loepfe, Looser, Luzi, Maissen, Märchy, Marti, Meyer, Michel, Möhr, Montalta, Nick, Nigg, Noi, Parolini, Parpan, Patt, Peretti, Pfenninger, Pfiffner, Pleisch, Portner, Ratti, Righetti, Rizzi, Robustelli, Roffler, Sax, Scharplatz, Schmid (Sedrun), Schmid (Splügen), Schmid (Vals), Schmutz, Schütz, Stiffler, Telli, Thomann, Thöny, Tramèr, Tremp, Trepp, Tscholl, Tuor (Disentis/Mustér), Tuor (Trun), Valsecchi, Walther, Wettstein, Zanolari, Zarn, Zarro, Zegg, Zindel

Session: 07.09.2001
Vorstoss: dt Postulat


Antwort der Regierung

An der Sondersession des Grossen Rates vom 7. September 2001 haben die Präsidenten der Fraktionen das Verhalten von Regierungsrat Peter Aliesch im Zusammenhang mit dem Fall "Papadakis" kritisch beurteilt. Dabei wurde ein Verlust der Glaubwürdigkeit und der politischen Handlungsfähigkeit festgestellt und gleichzeitig von einem Entzug des Vertrauens durch den Grossen Rat gesprochen. Diesen letzteren Umstand dokumentierten 108 Ratsmitglieder mit der Einreichung des vorliegenden Postulates, das im Wesentlichen verlangt, Regierungsrat Aliesch die Aufgabenbereiche Justiz und Polizei vollumfänglich zu entziehen.

Die Regierung übertrug bereits mit Beschluss vom 14. August 2001 im Einvernehmen die Sachgebiete Kantonspolizei und Fremdenpolizei auf das stellvertretende Bau-, Verkehrs- und Forstdepartement. Sie stützte sich dabei auf Art. 26 Abs. 1 ihrer Geschäftsordnung (GOR). Diese Bestimmung sieht vor, dass aus wichtigen Gründen, insbesondere zur Vermeidung von Interessenkollisionen, von der Aufgabenverteilung gemäss Geschäftsordnung abgewichen werden kann. Unterstützt durch die klare Haltung des Parlaments an der Sondersession will die Regierung weiterhin sicherstellen, dass wichtige Geschäfte, heikle Dossiers und auch bestimmte Routineaufgaben unbelastet, politisch effizient und glaubwürdig gegenüber dem Grossen Rat und der Öffentlichkeit vertreten werden können. Besonders betroffen ist aus Sicht der Regierung der Justizbereich mit dem Gerichtswesen, den allgemeinen Verfassungsfragen unter Einschluss der Totalrevision der Kantonsverfassung sowie den Zuständigkeiten für Strafrecht, Strafverfolgung und -vollzug. Zu den letztgenannten Bereichen gehören Strafuntersuchungen, der Straf- und Massnahmenvollzug sowie die Anstalten Sennhof und Realta. Um zusätzliche Interessenkollisionen zu vermeiden, ist die Regierung bereit, die genannten Sachbereiche im Aufgabengebiet Justiz gestützt auf Art. 26 Abs. 1 GOR auf andere Departemente zu übertragen. Wie vom Grossen Rat gefordert, soll die Übertragung bis zum Ausscheiden von Regierungsrat Aliesch aus der Regierung gelten.

Im Kompetenzbereich von Regierungsrat Aliesch verbleiben somit im Wesentlichen der Aufgabenbereich Sanität mit den Sachgebieten Gesundheit und Sozialhilfe sowie in den Aufgabebereichen Justiz und Polizei die Sachgebiete Bürger- und Zivilrecht, Strassenverkehr und Schifffahrt.

Weitergehende Massnahmen will die Regierung gestützt auf die Ausnahmebestimmung von Art. 26 Abs. 1 GOR im gegenwärtigen Zeitpunkt nicht anordnen. Ebenso wenig sieht sie es als möglich und sinnvoll an, Regierungsrat Aliesch mit Sonderaufgaben zu betrauen. Die Regierung behält sich aber vor, je nach Entwicklung der Situation neue Beurteilungen vorzunehmen und geeignete Vorkehrungen zu treffen.

Die Regierung erklärt sich somit bereit, das Postulat in dem Sinne entgegenzunehmen, dass in Abweichung von Art. 25 Ziff. 2 Lit. A GOR die Sachgebiete Justiz, Strafrecht, Strafverfolgung und -vollzug vom Justiz-, Polizei- und Sanitätsdepartement auf andere Departemente übertragen werden. Die organisatorischen Einzelheiten regelt die Regierung.