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Session: 09.10.2001

Antwort der Regierung

Die Postulanten ersuchen, entweder den Aufgabenbereich der vom Justiz-, Polizei-, und Sanitätsdepartement (JPSD) gestützt auf Art. 32 Abs. 2 der Heilmittelverordnung (HV, BR 504.100) am 6. Dezember 1999 eingesetzten kantonalen Ethikkommission zu erweitern oder eine übergeordnete Ethikkommission zu institutionalisieren.

Regierung und Grosser Rat haben sich erst vor kurzer Zeit eingehend mit der Fra-
ge der Einrichtung einer allgemeinen kantonalen Ethikkommission zur Beratung
der Regierung befasst. Der Grosse Rat lehnte am 29. März 2000 die Überwei-
sung eines entsprechenden Postulates von Grossrätin Noi mit 30 zu 40 Stimmen
ab (vgl. GRP 4/1999-2000, S. 662 und 5/1999-2000, S. 1061 ff.).

Die Zuständigkeit der vom JPSD eingesetzten Ethikkommission ist auf den Bereich
des Gesundheitswesens beschränkt. In erster Linie haben die Kommission oder
von ihr eingesetzte Unterkommissionen klinische Versuche an ambulanten und/
oder hospitalisierten Patienten sowie an gesunden Versuchspersonen im Hinblick
auf ihre Übereinstimmung mit der Heilmittelverordnung, einschlägigen Reglemen-
ten, Empfehlungen und Richtlinien sowie den anerkannten Grundsätzen der Wissenschaft, Ethik und Humanität zu beurteilen (vgl. Art. 3 des Reglementes für die kantonale Ethikkommission und die Unterkommissionen vom 19. April 2000). Daneben kann die Kommission vom Departement zur Beurteilung medizinischer und ethischer Fragen im Gesundheitswesen beigezogen werden (Art. 32 Abs. 4 HV). Dieser Einsatzbereich der Kommission ist den Postulanten jedoch zu eng. Aus den Ausführungen im Postulat ist zu schliessen, dass sie eine Ethikkommission wünschen, die sich mit ethischen Fragen im gesamten staatlichen Aufgabenbe-
reich befasst. Welchen Gremien die Unterstützung und Beratung einer solchen
Ethikkommission zukommen soll, wird nicht näher dargelegt. Im Vordergrund dürfte aber wohl die Regierung stehen.

Die Haltung der Regierung bezüglich einer solchen allgemeinen Ethikkommission hat sich nicht verändert. Die Regierung ist nach wie vor der Auffassung, dass der Diskurs über ethische Fragen in den massgeblichen politischen Gremien (Grosser Rat, Regierung), vor allem im Rahmen der politischen Planung, aber auch bei konkreten Sachgeschäften, zu führen ist. Die Politik darf der Auseinandersetzung mit ethischen Fragen nicht ausweichen. Diese hat vielmehr in die tagtägliche politische Arbeit einzufliessen. Dieser zentrale ganzheitliche Ansatz ist aber in Frage gestellt, wenn eine allgemeine Ethikkommission geschaffen wird. Es besteht dann nämlich die Gefahr, dass die Politik die ethische Verantwortung nicht mehr selber genügend wahrnimmt, sondern an dieses Gremium delegiert. Die Ethikkommission könnte für die Politik, gewollt oder ungewollt, zum bequemen "Alibi" werden, sich mit ethischen Fragen nicht mehr vertieft auseinandersetzen zu müssen. Eine solche Abkoppelung wäre fatal und ist unbedingt zu vermeiden.

Bereits bei der letzten Beantwortung hat die Regierung darauf hingewiesen, dass eine allgemeine Ethikkommission auch von der Grundkonzeption her nicht zu überzeugen vermag. Aufgrund des weiten staatlichen Aufgabenbereiches wird es einer solchen Kommission fast zwangsläufig oft an der notwendigen Sachnähe und wohl auch an ausreichender Sachkompetenz fehlen, um die sich stellenden komplexen Fragen umfassend angehen zu können. Wichtige Voraussetzungen für eine wirksame und glaubwürdige Tätigkeit einer solchen Kommission sind somit nicht gegeben.

Die Regierung will nicht in Frage stellen, dass es Sinn machen kann, für ganz spezifische Bereiche spezialisierte beratende Gremien zu schaffen, die ethische Fragen aufarbeiten. Die vom JPSD gestützt auf die Heilmittelverordnung eingesetzte kantonale Ethikkommission ist dafür ein Beispiel. Hingegen erachtet die Regierung die postulierte allgemeine Ethikkommission für den gesamten staatlichen Aufgabenbereich aus den dargelegten Gründen als ungeeignet.

Aufgrund dieser Erwägungen beantragt die Regierung Ihnen, das Postulat abzulehnen.