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Session: 26.03.2002

Für das Schulwesen sind gemäss Bundesverfassung die Kantone zuständig. Diese Zuständigkeit erweist sich insbesondere dort als vorteilhaft, wenn es um die Berücksichtigung der besonderen sprachlichen Situationen in den einzelnen Kantonen geht. So nimmt das Sprachenkonzept in Graubünden Rücksicht auf unsere besonderen Verhältnisse.
Die Schulhoheit der Kantone darf jedoch nicht dazu führen, dass sich die verschiedenen Bildungssysteme immer weiter auseinander entwickeln und zunehmend inkompatibel werden. Im Bildungswesen besteht heute eine Vielfalt, welche laufend neue strukturelle und organisatorische Widersprüche zwischen den Kantonen sowie zwischen den Bildungsstufen erzeugt und wegen der hohen Mobilität der Bevölkerung immer mehr Kinder in ihrem Lernfortkommen beeinträchtigt.
In letzter Zeit zeigte sich deutlich, dass die Erziehungsdirektorenkonferenz (EDK) die dringend notwendigen Koordinationsaufgaben nicht mehr zufriedenstellend bewältigen kann. Jüngstes Beispiel aus dem Kanton Zürich ist die geplante Einführung von Englisch als erste Fremdsprache ab der dritten Primarklasse und die dadurch ausgelöste Sprachendebatte im Rahmen der EDK. Um zu vermeiden, dass ein paar wenige Kantone aufgrund ihres Gewichts mehr und mehr die bildungspolitischen Weichen für alle Kantone stellen, müssen die wichtigsten Rahmenvorgaben für das schweizerische Bildungswesen vom Bundesrecht festgelegt werden. Entsprechend ist die Schulhoheit der Kantone in der Bundesverfassung einzuschränken.
Nachdem auch in anderen Kantonen entsprechende Standesinitiativen zur Koordination der kantonalen Bildungssysteme erwogen werden oder beschlossen wurden (zum Beispiel Kanton Baselland: Motion am 25. Oktober 2001 im Landrat überwiesen, definitive Standesinitiative am 28. Februar 2002 mit 68 zu 5 Stimmen verabschiedet) wird die Regierung eingeladen, im Namen des Kantons Graubünden gestützt auf Art. 24 Abs. 2 der Kantonsverfassung beim Bund eine entsprechende Standesinitiative einzureichen. Darin soll postuliert werden, dass der Bund insbesondere die Kompetenz erhält, die Dauer der Bildungsstufen von der Vorschule bis zur Tertiärstufe zu regeln und die Schulsysteme zu koordinieren. So sollen beispielsweise die Qualifikationsziele der Schultypen am Ende der Sekundarstufe I sowie die Anschlüsse zur Sekundarstufe II geregelt werden. Miteinbezogen werden soll auch die einheitliche Regelung der gesamten Berufsausbildung.

Chur, 26. März 2002

Name: Jäger, Arquint, Butzerin, Augustin (Almens), Biancotti, Brasser, Bucher, Cathomas, Caviezel (Chur), Christ, Crapp, Farrér, Frigg, Giuliani, Hanimann, Hess, Kessler, Koch, Lardi, Lemm, Locher, Looser, Maissen, Meyer, Noi, Pfiffner, Righetti, Schmid (Vals), Schütz, Trachsel, Tremp, Trepp, Tuor (Trun), Zindel

Session: 26.03.2002
Vorstoss: dt Postulat


Antwort der Regierung

Mit der Forderung, wonach die Regierung gestützt auf Art. 24 Abs. 2 der Kantonsverfassung beim Bund eine Standesinitiative zur Koordination der kantonalen Schulsysteme einreichen soll, verfolgt das Postulat zunächst das Ziel, die Koordination der kantonalen Bildungssysteme zu verstärken. Das Postulat zielt aber auch darauf hin, das bisherige föderalistische Bildungssystem teilweise zu ersetzen und in beachtenswertem Umfang Kompetenzen dem Bund zu übertragen, die nach geltendem Recht den Kantonen zustehen.

Die Regierung ist mit den Postulantinnen und Postulanten der Auffassung, dass es einem ausgewiesenen Bedürfnis entspricht, die Koordination und die Harmonisierung der Bildungssysteme im Interesse der Jugendlichen zu verstärken. Sie teilt ebenfalls die Auffassung, dass weiterhin Gewähr dafür bestehen muss, dass zum Beispiel den besonderen sprachlichen Verhältnissen im Kanton Graubünden Rechnung getragen werden kann. Festzuhalten ist, dass die Schweizerische Erziehungsdirektorenkonferenz (EDK) und der Bund in ihrem jeweiligen Zuständigkeitsbereich wiederholt Verständnis gezeigt haben für die besonderen Interessenlagen Graubündens.

Dass das Schulkonkordat von 1970 nicht mehr uneingeschränkt als taugliche Grundlage beurteilt werden kann, um die als erforderlich betrachtete Koordination und Harmonisierung der kantonalen Bildungssysteme zu gewährleisten, ist auch in der EDK anerkannt. Diese hat daher bereits im Jahre 2001 Arbeiten zur Weiterentwicklung des Schulkonkordats eingeleitet. Unabhängig davon, ob der EDK oder dem Bund im verstärkten Masse Zuständigkeiten im Bereich Koordination und Harmonisierung der Bildungssysteme zugeordnet werden, zeichnet sich ab, dass die kantonale Schulautonomie dadurch in Zukunft Einschränkungen erfahren dürfte.

Es ist für die Regierung vorstellbar, dem Bund im Bildungsbereich zusätzliche Kompetenzen zu übertragen, um die erforderliche Koordination und Harmonisierung zu gewährleisten. Sie ist denn auch bereit, das Anliegen der Postulanten unter Berücksichtigung der künftigen Entwicklung zu prüfen. In Betracht fällt insbesondere die
Berücksichtigung der Erfahrungen mit dem Projekt Neuer Finanzausgleich, das beispielsweise eine Rahmengesetzgebung für die Vereinheitlichung bestimmter Bereiche vorsieht. In diesem Sinne nimmt die Regierung das Postulat entgegen.

Datum: 23. April 2002