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Session: 27.08.2003
Die meisten gewerblich-industriellen, landwirtschaftlichen und hauswirtschaftlichen Berufsschulen in der Schweiz werden heute von den Kantonen getragen. Dies geht aus einer kürzlich veröffentlichten umfangreichen Umfrage zur Kantonalisierung von Berufsschulen hervor (Quelle: „Berufsbildung aktuell“, Ausgabe 94 vom 18. März 2003). Ausnahmen bilden gemäss dieser Zusammenstellung im Wesentlichen die Kantone Aargau und Graubünden.
Bereits am 1. Juni 1990 stimmte auch der Bündner Grosse Rat einem Postulat Gujan betreffend Änderung des Berufs-bildungsgesetzes zu. Punkt 1 jenes Postulates lautete wörtlich:
„Eine Übernahme der Trägerschaft für Berufsschulen durch den Kanton ist zu prüfen und allenfalls eine entsprechende Gesetzesänderung vorzubereiten.“ In der Septembersession 1994 schrieb der Grosse Rat das Postulat Gujan allerdings wieder ab, ohne dieses bei der damaligen Teilrevision des Gesetzes über die Berufsbildung im Kanton Graubünden (Kantonales Berufsbildungsgesetz) effektiv zu berücksichtigen.
Die neue Verfassung des Kantons Graubünden, welche am 18. Mai 2003 vom Volk gutgeheissen wurde, regelt in Kapitel VI die öffentlichen Aufgaben. Im Bereich der Bildung weist Art. 89 dem Kanton und den Gemeinden die jeweiligen Aufgaben zu. Bezüglich dieser Aufgabenteilung heisst es in Abs. 3 dieses Artikels wörtlich: „Der Kanton sorgt für den Mittel-schulunterricht, die berufliche Aus- und Weiterbildung sowie den Zugang zu höheren Fachschulen und Hochschulen. Zu diesem Zweck kann er Schulen führen oder unterstützen. Er achtet auf ein dezentrales Mittel- und Berufsschulangebot und fördert höhere Fachschulen und Hochschulen im Kanton.“
Die Kantonsverfassung geht somit davon aus, dass in Zukunft in Graubünden die Gemeinden im Wesentlichen für die Volksschulen zuständig sind, während die Sekundarstufe II im Verantwortungsbereich des Kantons liegt.
Die aktuelle Situation in Graubünden ist allerdings noch sehr unübersichtlich, in vielen Punkten auch deutlich unbefriedigend. Träger der gewerblichen Berufsschulen sind bisher in erster Linie Gemeinden. Die Kaufmännischen Berufsschulen werden formell von Sektionen des Schweizerischen Kaufmännischen Verbandes geführt. Die Berufsschulen im Bereich der Landwirtschaft und der Gesundheitsberufe trägt direkt oder indirekt der Kanton.
Die Autonomie der Trägerschaften (z.B. Gemeinden) ist vor allem deshalb oft nur sehr marginal, weil faktisch der Kanton aufgrund der notwendigen Zustimmung zu entsprechenden Kantonsbeiträgen alle kostenrelevanten Entscheidungen steuert.
Das Bundesgesetz über die Berufsbildung ist umfassend revidiert worden. Auf Kantonsebene ist im Anschluss nun eine Anpassung der kantonalen Erlasse an die übergeordneten Bestimmungen notwendig. Die Regierung wird eingeladen, im Zusammenhang mit dieser Anpassung aufgrund der neuen Bestimmung in der Kantonsverfassung, die Frage der Träger-schaften sämtlicher Berufsschulen im Kanton Graubünden zu überprüfen und dem Grossen Rat Bericht und Antrag zu stellen.

Chur, 27. August 2003

Name: Jäger, Hanimann, Zindel, Arquint, Augustin, Baselgia-Brunner, Berther (Sedrun), Bucher-Brini, Bühler-Flury, Casanova (Chur), Cathomas, Caviezel (Pitasch), Cavigelli, Christoffel-Casty, Conrad, Dermont, Fasani, Frigg-Walt, Hess, Hübscher, Jaag, Joos-Buchli, Kessler, Koch, Meyer-Grass (Klosters), Meyer Persili, Mengotti, Nigg, Noi-Togni, Parolini, Peyer, Pfenninger, Pfiffner, Pfister, Portner, Schütz, Trachsel, Tremp, Trepp, Tscholl, Zanetti, Zanolari, Caviezel (Chur)

Session: 27.08.2003
Vorstoss: dt Auftrag



Antwort der Regierung

Im heute gültigen kantonalen Berufsbildungsgesetz (KBBG) wird in Art. 30 bestimmt, dass die Regierung gewerbliche Berufsschulen anerkennt, deren Träger Gemeinden, Gemeindeverbindungen oder gewerbliche Organisationen sind. Ferner anerkennt sie kaufmännische Berufsschulen, deren Träger die Sektionen des Schweizerischen Kaufmännischen Verbandes, Gemeinden oder Gemeindeverbindungen sein können. Die Kosten des beruflichen Unterrichtes, die nicht durch Bundes- und Kantonsbeiträge, Standortbeiträge der Standortgemeinden sowie durch übrige Einnahmen gedeckt sind, tragen gemäss Art. 31 die Gemeinden.

Am 13. Dezember 2002 hat die Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft das revidierte Bundesgesetz über die Berufsbildung (BBG) verabschiedet. Es wird damit gerechnet, dass dieses Gesetz zusammen mit der Verordnung des Bundesrates (BBV) auf den 1. Januar 2004 in Kraft gesetzt wird. Im Rahmen dieser Revisionen wird der Bund für die Subventionierung der Institutionen der Berufsbildung nach einer mehrjährigen Übergangsfrist von der Aufwandsubventionierung zu Pauschalen übergehen. Unter anderem wird vor allem dieser Systemwechsel in der Finanzierung auch zu Revisionsbedarf in den Kantonen führen.

Die Regierung erachtet die Überprüfung der Frage, ob der Kanton die Trägerschaft der Berufsschulen übernehmen soll, im Grundsatz als sinnvoll. Der im Vorstoss enthaltene Vorschlag, die Fragestellung im Rahmen der Revision des kantonalen Berufsbildungsgesetzes (zum Anwendungsbereich des Berufsbildungsgesetzes werden zukünftig auch die Bereiche Gesundheit und Soziales zählen) zu bearbeiten, dürfte ebenfalls zielführend sein. Im Zusammenhang mit den Fragestellungen betreffend Trägerschaft der Berufsschulen ist das System der Aufgabenzuordnung und des Lastenausgleichs zwischen Kanton und Gemeinden für den Bildungsbereich zu überprüfen. Ziel ist, die Lastentragung bezüglich Volksschule (diese würde weiterhin unter Oberaufsicht des Kantons stehen) den Gemeinden und bezüglich der Schulen ab Sekundarstufe II dem Kanton zuzuordnen. Allfälllige Änderungen am System dürfen nach Auffassung der Regierung nur abgestützt auf eine sorgfältig vorgenommene Analyse vorgenommen werden. Zudem gilt es, die Auswirkungen des Neuen Finanzausgleichs zwischen Bund und Kantonen (NFA) mit zu berücksichtigen. In diesem Sinne ist die Regierung bereit, den Auftrag entgegen zu nehmen und die Fragestellungen betreffend Trägerschaft der Berufsschulen in der für die Revision des kantonalen Berufsbildungsgesetzes zu erarbeitenden Botschaft abzuhandeln sowie dem Grossen Rat Antrag zu stellen.


Datum: 31. Oktober 2003