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Session: 21.10.2003
In der Augustsession 2003 hat sich der Grosse Rat mit dem Kantonsreferendum gegen das Steuerpaket 2001 der Schweizerischen Eidgenossenschaft beschäftigt und diesem zugestimmt. Mittlerweile ist bekannt, dass das Referendum zustande gekommen ist. Gemäss Bundesrat soll unter anderem im Bereich Wohneigentumsbesteuerung ein neues Regime eingeführt werden, indem die bisherige Eigenmietwertbesteuerung entfallen, indessen die Neueigentümer aber gleichzeitig während zehn Jahren die Schuldzinsen abziehen können sollen. Die Eigenmietwertbesteuerung bildet in regelmässiger Abfolge Gegenstand von Kontroversen. Das Argument, welches diesem System entgegengebracht wird, besteht vor allem darin, dass Grundstückeigentümer steuerlich benachteiligt würden. Tatsächlich zeitigt die Eigenmietwertbesteuerung beachtliche negative Auswirkungen bei der älteren Generation. Pensionierte Personen, die vor mehr als 40 Jahren eine Liegenschaft erworben und keine hypothekarische Belastung darauf haben, spüren die steuerlichen Auswirkungen erheblich. Die steuerliche Mehrbelastung kann gegenüber einer pensionierten Person mit gleich hohem Einkommen (ohne Grundeigentum) bis zu 100 % betragen. Eine solche Ungleichbehandlung ruft nach einer gesetzlichen Anpassung. Demgegenüber profitieren in der Regel jüngere Personen von der heute bestehenden Lösung. Eine vierköpfige Familie, die in Chur mit Fr. 200'000.-- Eigenkapital eine Eigentumswohnung von Fr. 550'000.-- gekauft hat, wird bei einem Bruttoeinkommen des Ehemannes von ca. Fr. 7'000.-- pro Monat mit insgesamt ca. Fr. 5'000.-- an Steuern belastet, während dessen dieselbe Familie mit einem Vermögen von Fr. 200'000.-- ohne Eigentumswohnung ca. Fr. 8'000.-- an Steuern zu bezahlen hätte. Vieles deutet darauf hin, dass insbesondere der Mittelstand von der heutigen Lösung profitiert.
Es ist schwierig, sich ein objektives Bild über die steuerlichen Auswirkungen des heutigen Systems bezogen auf verschiedene Bevölkerungsgruppen zu machen. Ich gelange deshalb mit folgenden Fragen an die Regierung:

1. Bei welchen Bevölkerungsgruppen wirkt sich das System der Eigenmietwertbesteuerung stark negativ aus?

2. Ist die Regierung gewillt, in diesem Bereich gesetzliche Massnahmen zu treffen?

3. Welche Bevölkerungsgruppen profitieren vom heutigen System?

4. Wie würde sich der Verzicht auf die Eigenmietwertbesteuerung steuerlich auswirken?

Chur, 21. Oktober 2003

Name: Casanova (Chur), Pedrini, Cavegn-Kaiser, Bachmann, Bischoff, Bleiker, Caviezel (Pitasch), Cavigelli, Claus, Federspiel, Hanimann, Hardegger, Hartmann, Jaag, Jäger, Jenny, Kessler, Luzio, Mani-Heldstab, Marti, Parpan, Peyer, Pfenninger, Pfiffner, Righetti, Rizzi, Thomann, Wettstein, Zindel, Furrer, Valär, Toschini, Caviezel (Chur), Godly, Gubelmann

Session: 21.10.2003
Vorstoss: dt Anfrage


Antwort der Regierung

Im Mai des kommenden Jahres wird der Souverän über das Steuerpaket 2001 abstimmen. Die Vorlage enthält neben den Entlastungen im Bereich der Familienbesteuerung insbesondere auch grundlegende Änderungen hinsichtlich der Eigenmietwertbesteuerung. Die Anfrage zielt auf eine Klärung der konkreten Auswirkungen bei der Eigenmietwertbesteuerung. Dazu werden verschiedene Fragen aufgeworfen, die nach einer kurzen Einleitung beantwortet werden sollen.

Im heutigen Recht stellt der Eigenmietwert steuerbares Einkommen dar. Die zur Erzielung dieses Einkommens notwendigen Gewinnungskosten, d.h. die Schuldzinsen und die Kosten des Liegenschaftenunterhalts, können konsequenterweise in Abzug gebracht werden; für Letztere kann ein Pauschalabzug beansprucht werden.

Ein Systemwechsel würde nun darin bestehen, dass die Besteuerung des Eigenmietwertes ebenso gestrichen wird wie der Abzug von Schuldzinsen und von Kosten des Liegenschaftenunterhalts. In der Referendumsvorlage wird zwar auf eine Besteuerung des Eigenmietwertes verzichtet. Der Schuldzinsenabzug wird aber
Neuerwerbern weiterhin gewährt, wobei der Abzug betraglich und zeitlich begrenzt wird. Überdies können die effektiv aufgewendeten Kosten des Liegenschaftenunterhalts auch in Zukunft in Abzug gebracht werden, soweit sie den Betrag von Fr. 4'000.- übersteigen.

Zu den einzelnen Fragen kann Folgendes gesagt werden:

1. Das heutige System der Eigenmietwertbesteuerung wirkt insbesondere dort belastend, wo Steuerpflichtige über einen hohen Eigenmietwert und über ein vergleichbar geringes Geldeinkommen verfügen. Dies ist verschiedentlich bei Rentnern der Fall, wenn diese mit bescheidenen Geldeinkünften auskommen müssen.

2. Die Regierung hat schon in der Vernehmlassung zur Eigenmietwertbesteuerung im Juli 2000 festgehalten: "... könnte untersucht werden, ob für Rentner, bei denen der steuerbare Nettoertrag aus dem Wohneigentum einen bestimmten Teil des Reineinkommens übersteigt, eine Entlastung gewährt werden soll." Mit diesem Korrekturmechanismus könnte der genannte Mangel der heutigen Eigenmietwertbesteuerung auf einfache Art behoben werden, ohne gleich das ganze System verändern zu müssen.

3. In den steuerrechtlichen Datenbanken werden keine Bevölkerungsgruppen erfasst; die Frage kann in diesem Sinne nicht beantwortet werden. Generell kann aber ausgesagt werden, dass die Unterschiede zwischen dem heutigen System und der vorgeschlagenen Neuregelung stark von der Höhe der Hypotheken und den Hypothekarzinssätzen abhängen. Bei einer üblichen hypothekarischen Belastung und Zinssätzen von weniger als 4% führt das heutige System fast immer zu einer höheren Steuerbelastung. Steigen die Zinssätze über 6%, ist das heutige System für Pflichtige mit einer mittleren oder hohen Hypothek günstiger. Nur Neuerwerber, welche keinen Eigenmietwert versteuern, trotzdem aber die Schuldzinsen in den ersten Jahren in Abzug bringen können, werden durch die Neuregelung noch besser gestellt.

Überdies wirkt sich die heutige Regelung auch für Steuerpflichtige günstig aus, welche einen Konsumkredit oder einen Lombardkredit aufgenommen haben und die anfallenden Schuldzinsen heute in Abzug bringen können. Mit der Neuregelung entfällt diese Abzugsmöglichkeit. Die höhere Steuerbelastung wird gerade im Bereich der Konsumkredite die tieferen und mittleren Einkommensschichten treffen.

4. Die Steuerausfälle aus der neuen Wohneigentumsbesteuerung wurden in der Botschaft zum Kantonsreferendum dargelegt und für Kanton und Gemeinden mit Fr. 52.6 Mio. beziffert. Bei den Berechnungen wurde davon ausgegangen, dass die Ausfälle im Zweitwohnungsbereich durch die Zweitwohnungssteuer kompensiert werden können. Nach der Ankündigung des Bundesrates, dass die Vorlage vor deren Inkrafttreten noch korrigiert werden müsse, kann nicht mehr mit Sicherheit gesagt werden, ob diese Annahme richtig ist. Sollte die Zweitwohnungssteuer nachträglich noch gestrichen werden, könnten sich die Steuerausfälle für Kanton und Gemeinden um Fr. 65 Mio. erhöhen.

Datum: 8. Dezember 2003