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Session: 19.04.2005
Im Bericht des Bundesrates “Weniger Bürokratie im Steuersystem“ vom September 2004 gibt der Bundesrat zu bedenken, dass es nicht zu übersehen sei, dass der geplante neue Lohnausweis vermehrte Belastung mit sich bringt. Die geplante Einführung des Neuen Lohnausweises steht somit in einem diametralen Widerspruch zum Bericht des Bundesrates und zur grundsätzlichen Auffassung der Regierung, wonach die KMU von Administrationsaufgaben zu entlasten und nicht zu belasten seien.

Eine solch widersprüchliche Haltung wirkt politisch unglaubwürdig. Zudem zeigte gerade die Einführung der Mehrwertsteuer, welche im Jahr 1995 als einfach zu handhabende Konsumsteuer gepriesen worden war, wie durch die nachträgliche Anhäufung von komplizierten und schwer verständlichen Regelungen die administrativen Hürden für die betroffenen Unternehmen kaum mehr zu bewältigen sind. Dieselbe Gefahr der Ausweitung der Vorschriften besteht auch beim Neuen Lohnausweis. Es ist deshalb vernünftig, dass vor seiner Einführung des NLA eine Testphase durchgeführt wird. Dabei muss klargestellt werden, dass der Aufwand nicht im Ausfüllen des Lohnausweis-Formulars besteht, sondern in der Aufbereitung, Bereitstellung und Beurteilung von Daten, die anschliessend aus der Buchhaltung auf den Neuen Lohnausweis übertragen werden müssen. Wäre dieser Aufwand nicht wesentlich grösser als von den Steuerverwaltungen angenommen, würden heute alle Unternehmungen, die Interesse zeigten, über die entsprechenden EDV Programme verfügen. Tatsache ist aber, dass diese Programme erst ab Juli/August 2005 einsatzfähig sein werden. Zudem liegt das definitive Konzept des Pilotprojektes wie es die Regierung in Beantwortung meiner Anfrage vom Oktober 2004 umschrieben hat, dem Vernehmen nach noch nicht vor, was wiederum die Rekrutierung von Testfirmen verunmöglicht.

Ein Pilotprojekt im Schnellzugstempo macht keinen Sinn. Die Durchführung braucht angemessene Fristen. Der Test kann in der zweiten Hälfte 2005 durchgeführt werden. Dies hätte den zusätzlichen Vorteil, dass die Jahresendzahlungen (13. Monatslohn, Boni, Verwaltungsentschädigung, usw.) berücksichtigt werden könnten. Ab Anfang 2006 kann eine gründliche Evaluation ausgearbeitet werden. Im Laufe des Jahres 2006 bleibt genügend Zeit für allfällige Korrekturen und Anpassungen.

Dieser Zeitplan muss zwangsläufig zu einer Verschiebung der von der SSK beschlossenen generellen Einführung des NLA führen. Der Aufschub ist unerlässlich, um eine sorgfältige Durchführung des Pilotprojekts sicherzustellen und letztlich einen reibungslosen Übergang zum neuen Lohnausweis zu garantieren.

Wegen der steigenden Komplexität der Vorschriften werden den Arbeitgebern bzw. den für den Lohnausweis verantwortlichen Personen unweigerlich Fehler passieren, die zu einer Kriminalisierung der Arbeitgeber und dessen Personal führen wird, Dies auch dann, wenn die Fehler nicht absichtlich passiert sind.

Die Steuerbehörden haben bei der Beurteilung von Leistungen, die im Lohnausweis deklariert waren, bisher eine liberale Verwaltungspraxis im Wissen darum angewendet, dass bestimmte Gehaltsnebenleistungen und Spesenaufwendungen steuerlich nicht erfasst wurden. Diese steuerlichen Freistellungen entsprachen einer langjährigen Usanz und sind mit dem Ausnahmekatalog in den ausgehandelten Vorschriften zum Neuen Lohnausweis vergleichbar. Somit geht es vorliegend nicht um die Wiederherstellung von Steuergerechtigkeit, wie dies immer wieder in den Vordergrund gestellt wird, denn krasse Verstösse können bereits heute ohne den Neuen Lohnausweis wirksam bekämpft werden. Ist es denn steuergerecht, dass Verheiratete seit Jahrzehnten gegenüber Konkubinatspaaren benachteiligt werden? Ist es denn steuergerecht, wenn ausländische Staatsangehörige von der Besteuerung nach dem Aufwand profitieren können, Schweizer Bürger dagegen nicht. Steuergerechtigkeit kann nicht das Motiv dazu sein, einen Neuen Lohnausweis einführen zu wollen.

Es könnte durchaus eintreffen, dass nicht alle Kantone den Neuen Lohnausweis einführen werden. Zudem sind auch auf Bundesebene Anstrengungen im Gange, die eine überhastete Einführung verhindern wollen. Dem Vernehmen nach werden auch einige Kantone Abweichungen zur SSK-Lösung beschliessen bzw. sind daran, Inititativen zu lancieren, die verlangen, dass die geltende Praxis auch zu geltendem Recht erklärt wird. Damit können sie sich Standortvorteile sichern. Graubünden würde einmal mehr ins Hintertreffen gelangen. Die Regierung kommt ihrer politischen Führungsverantwortung nicht nach und vergibt sich zudem die Möglichkeit, im interkantonalen Verhältnis ein Zeichen zu setzen, wenn sie jetzt voreilig einer nicht demokratisch gewählten Verwaltungsbehörde folgt und deren Formular zum Nachteil der eigenen Wirtschaft und deren Arbeitnehmenden übernimmt.

In diesem Sinne wird die Regierung beauftragt, Voraussetzungen zu schaffen, dass die Einführung des Neuen Lohnausweises zurückgestellt wird, bis er auf eidgenösssicher und interkantonaler Ebene seine Tauglichkeit unter Beweis gestellt hat.

Chur, 19. April 2005

Name: Augustin, Stiffler, Kessler, Bär, Berther (Disentis), Berther (Sedrun), Büsser, Casty, Cavigelli, Claus, Crapp, Donatsch, Janom Steiner, Krättli-Lori, Luzio, Marti, Parpan, Portner, Quinter, Telli, Tuor, Wettstein, Zanolari, Zegg, Bezzola

Session: 19.04.2005
Vorstoss: dt Auftrag


Antwort der Regierung

Mit dem neuen Lohnausweis (NLA) soll geltendes Recht konsequenter als bisher durchgesetzt werden. Unternehmungen, welche schon bisher sämtliche Leistungen an die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Lohnausweis deklarierten, werden durch dieses neue Formular kaum Mehraufwendungen haben; das dürfte auf die grosse Mehrheit der KMU's zutreffen. Unternehmungen, welche mit qualifizierten Beratern komplizierte Lohnstrukturen geschaffen haben, um Leistungen an die Arbeitnehmer im alten Lohnausweis nicht deklarieren zu müssen, werden mit einem grösseren Umstellungsaufwand konfrontiert sein. Das ist hinzunehmen; es ist nicht die Folge des NLA, sondern der Anwendung geltenden Bundesrechts.

Mit dem neuen Formular können in verschiedenen Bereichen administrative Entlastungen realisiert werden. Kleinstunternehmen wird für das Ausfüllen des NLA ein EDV-Programm zur Verfügung gestellt; dieses kann schon heute auf der Homepage der Eidg. Steuerverwaltung heruntergeladen werden. Und für die KMU's haben AHV/IV und SUVA unter Mitarbeit der Steuerbehörden ein neues Programm für die Lohnbuchhaltung entwickelt, mit dem auch der NLA ausgefüllt werden kann. Aufwendige separate Lohnabrechnungen für Unfallversicherung, AHV und Steueramt gehören damit schon bald der Vergangenheit an.

In der bisherigen Praxis wurden die verschiedenen Leistungen der Arbeitgeber durch die Steuerbehörden zu wenig kontrolliert. Auf diesen Mangel wurden die Kantone auch durch Wirtschaftsverbände aufmerksam gemacht, indem diese massive Mehreinnahmen rügten. Wenn aber die Einführung des NLA gemäss diesen Kreisen gesamtschweizerisch zu Mehreinnahmen in der Grössenordnung von Fr. 3.5 Milliarden führen soll, ohne dass die anwendbaren Gesetzesvorschriften geändert werden, müssen Regierung und Steuerbehörden handeln. Dies ist ein deutliches Zeichen dafür, dass die bisher liberale Verwaltungspraxis überprüft und hinterfragt werden muss und dass Missbräuche untersucht werden müssen. Es kann bei diesen Zahlen auch nicht mehr bloss um gewisse Abgrenzungsfragen gehen. Vielmehr würde es sich, würden diese Annahmen effektiv zutreffen, um krasse Verstösse gegen geltendes Recht handeln. Solche zu schützen kann weder im Interesse der Regierung noch im Interesse des Grossen Rates liegen.

Der NLA ist ein Projekt, das nun seit Jahren bearbeitet wird. Die Wegleitung zum neuen Lohnausweis wurde auf Bundesebene in einer gemischten Arbeitsgruppe mit Vertretern der Steuerverwaltungen von Bund und Kantonen sowie Vertretern der Wirtschaftsverbände diskutiert und einstimmig verabschiedet. Der NLA bringt grössere Transparenz in die Leistungen der Arbeitgeber an ihre Angestellten und dient zweifellos der Steuergerechtigkeit. Die Einführung des NLA kann weder materiell noch aus administrativen Gründen beanstandet werden.

Die Regierung hat nicht die Absicht, der kantonalen Steuerverwaltung die Anwendung des geltenden Rechts zu verbieten, und sie beabsichtigt auch nicht, mit der Nichtanwendung von klaren gesetzlichen Vorschriften Standortmarketing zu betreiben. Derartige Vorhaben würden, davon ist die Regierung überzeugt, im Grossen Rat auch keine Mehrheit finden.

Die Einführung des NLA ist auf das Jahr 2007 verschoben und damit der Auftrag bereits im Wesentlichen umgesetzt worden. Die Regierung beantragt deshalb, den Auftrag Augustin als erledigt abzuschreiben.

Datum: 27. Mai 2005