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Session: 31.08.2005
Aus gesamtschweizerischer Optik erweist sich die Berufswahl für viele Schulabgängerinnen und Schulabgänger als immer schwieriger. Dies ist in erster Linie auch darum so, weil trotz steigender Gesamtbeschäftigung viele Firmen Lehrstellen abgebaut haben und neue Firmen sehr oft der Jugend keine derartigen Ausbildungsmöglichkeiten anbieten. Gemäss Darstellung in der „Neuen Zürcher Zeitung“ vom 20. August 2005 sind allein im Kanton Zürich zwischen 1984 und 2001 5'400 Lehrstellen verloren gegangen.

Dies hat im wirtschaftlichen Zentrum unseres Landes gravierende Folgen: „Weniger als zwei Drittel der diesjährigen Schulabgänger im Kanton Zürich hatten vor den nun endenden Sommerferien eine Lehrstelle oder einen Platz in einer Mittelschule. Für den restlichen Drittel - rund 4'500 Jugendliche - hat unser Arbeitsmarkt derzeit keine Verwendung.“ (Zitat ebenfalls aus der NZZ vom 20. August 2005)

Gemäss einer Medienmitteilung des Erziehungsdepartementes unseres Kantons vom 18. Mai 2005 waren es zu jenem Zeitpunkt 8% der Bündner Jugendlichen, welche vor dem Austritt aus der obligatorischen Volksschule noch auf der Suche nach einem geeigneten Ausbildungsplatz waren.

Nicht nur beim Übertritt von der obligatorischen Volksschule in die Berufsausbildung stellen sich gesamtschweizerisch zunehmend grosse Probleme. Viele junge Erwachsene finden auch nach einem erfolgreichen Abschluss ihrer Berufsausbildung keinen Arbeitsplatz, weil ihnen bei ihren Bewerbungen Berufsleute mit mehr beruflicher Erfahrung vorgezogen werden.

Die Regierung wird eingeladen, folgende Fragen zu beantworten:

1. Wie sieht die aktuelle Situation (Ende der Sommerferien 2005) in Graubünden aus? Wie viele Schulabgängerinnen und Schulabgänger haben eine Lehrstelle angetreten? Wie viele besuchen eine weiterführende Schule, wie viele ein so ge-nanntes Brückenangebot? Wie viele Schulabgängerinnen und Schulabgänger sind derzeit ohne Lehrstelle oder Schulalternative?

2. Sind in Graubünden gesamthaft in den letzten Jahrzehnten Lehrstellen in ähnlichem Umfang (Verhältnis) wie im Kanton Zürich verloren gegangen? Wenn nein: Wie interpretiert die Regierung die unterschiedliche Entwicklung?

3. Welche Massnahmen können ergriffen werden, damit weiterhin ein genügendes Lehrstellenangebot sichergestellt wird und junge Berufsleute im Anschluss an eine erfolgreich absolvierte Berufsausbildung nicht aus dem Arbeitsmarkt fallen?

4. Inwiefern handelt der Kanton als Arbeitgeber selbst, um zusätzliche Lehrstellen und Praktikumsplätze anzubieten?

Chur, 31. August 2005

Name: Frigg, Peyer, Zindel, Arquint, Baselgia-Brunner, Bucher, Christ, Hartmann, Jaag, Jäger, Joos-Buchli, Koch, Krättli-Lori, Mani-Heldstab, Marti, Meyer Persili (Chur), Noi, Pfenninger, Pfiffner, Schütz, Trepp, Caviezel (Chur)

Session: 31.08.2005
Vorstoss: dt Anfrage


Antwort der Regierung

1. Obschon zu den unter Frage 1 gestellten Teilfragen nicht durchwegs genaue Zahlenangaben geliefert werden können, deuteten per Ende der Sommerferien 2005 alle Anzeichen darauf hin, dass praktisch alle Schulabgängerinnen und Schulabgänger des Jahres 2004/2005 eine Ausbildungsmöglichkeit oder eine Zwischenlösung finden konnten. Nach der Mai-Umfrage des Amtes für Berufsbildung wurden alle Lehrpersonen, welche noch Jugendliche ohne Lehrvertrag oder Zwischenlösung gemeldet hatten, nochmals angeschrieben und auf die speziellen Angebote von Berufsberatung, Berufsinspektorat und auf die Aktion Speranza der FDP aufmerksam gemacht. 49 Jugendliche konnten durch die erwähnten Stellen unterstützt werden. Beim KIGA sind zur Zeit 9 Schulabgängerinnen und Schulabgänger angemeldet, welche das Motivationssemester besuchen können. Ende Juli waren immer noch 291 offene Lehrstellen im Kanton Graubünden registriert. Dies lässt die Annahme zu, dass der Grossteil der 150 Jugendlichen, welche im Mai noch eine Anschlusslösung nach der Schule suchten, inzwischen eine solche gefunden hat.

2. Im Kanton Graubünden wurden im Jahr 2001 278 Lehrverträge weniger abgeschlossen als im Jahr 1984. Im gleichen Zeitraum nahm die Anzahl der 16-Jährigen aber um über 600 ab. Das bedeutet, dass der Anteil der Jugendlichen, welche in eine BBT-Lehre eingestiegen sind, im gleichen Zeitraum stark gewachsen ist. Daraus kann geschlossen werden, dass sich in Graubünden die Lehrstellensituation nicht verschlechtert hat. Im Rahmen einer AMOSA-Studie (Arbeitsmarktbeobachtung Ostschweiz, Aargau und Zug; ) wurde im Jahr 2004 festgestellt, dass die Kantone Appenzell Innerroden, Appenzell Ausserrhoden und Graubünden vergleichsweise tiefe Jugendarbeitslosigkeitsquoten aufweisen. Die Regierung deutet dies als ein Zeichen dafür, dass die Betriebe in Graubünden nach wie vor auf das duale System der Ausbildung des Berufsnachwuchses setzen und demgemäss auch bereit sind, die dafür notwendigen Lehrstellen zu schaffen und zu erhalten.

3. In den letzten Jahren wurden verschiedene Massnahmen ergriffen, um weiterhin ein genügendes Lehrstellenangebot sicher zu stellen. Dazu zählen Informationen, Dokumentationen, Kurse für Ausbildnerinnen und Ausbildner, Lehrstellenakquisition wie auch die Gründung von Ausbildungs- und Lehrbetriebsverbunden. Seit zwei Jahren wird zudem darauf verzichtet, für das Erteilen der Ausbildungsbewilligung Gebühren in der Höhe von bis zu Fr. 200.-- zu erheben. Mit Blick auf die nähere Zukunft stimmt der Umstand zuversichtlich, dass allein im Jahr 2005 bereits weit über 100 neue Ausbildungsbewilligungen erteilt wurden. Für den Einstieg in den Arbeitsmarkt nach erfolgter Berufsbildung leistet der Kanton mit verschiedenen zusätzlichen Instrumenten Hilfsangebote. So konnten mit dem Projekt VERWA mehrere junge Berufsleute beim Einstieg und Übertritt in den Arbeitsprozess unterstützt werden. Als wirkungsvolles Instrument erweisen sich zudem die Berufspraktika für junge arbeitslose Berufsleute (gut 70 Personen absolvieren derzeit ein Praktikum). Rund 80% der Praktikantinnen und Praktikanten finden erfahrungsgemäss eine Arbeitsstelle im Anschluss an das Praktikum.

4. Der Kanton hat in den letzten fünf Jahren die Anzahl der angebotenen Lehrstellen von 60 auf 90 erhöht. Zudem wird jungen Lehr- und Schulabgänger/innen vermehrt die Möglichkeit zu Praktikumseinsätzen in der Kantonalen Verwaltung geboten.

Datum: 17. Oktober 2005